Papa, kein Leben ohne dich

  • Hallo ihr Lieben,


    ich bin bei der Suche nach Menschen in meiner Situation auf dieses Forum gestoßen und habe auch in einem anderen Thema schon etwas geschrieben - dieses ist aber auch passend, weshalb ich es einmal so versuche.

    Ich bin 28 Jahre alt. Am 17.06., es war ein Montag, schrieb mir meine Mutter nachmittags, dass es ihr nicht gut ginge und ich bitte nach Hause kommen soll. Ich hatte noch ca eine Stunde auf der Arbeit aber ließ natürlich sofort alles stehen und liegen und fuhr los. Ich dachte ehrlicherweise, dass sie das schöne Wetter noch etwas mit mir genießen wollte und nicht alleine zu Hause sein wollte, da mein Papa auf einer 4 tägigen Motorradtour im Schwarzwald war. Also rief ich zuerst meinen Freund an, was ich immer tue, wenn ich auf dem Weg von der Arbeit bin. Ich sagte ihm das mit meiner Mutter und erwähnte auch, dass bestimmt nichts sei doch dann sagte er, dass meine Cousine ihn angerufen habe, er solle zu meiner Mutter kommen. Er wusste aber auch nichts und beeilte sich. Wir legten auf. Ich erinnere mich nicht mehr an die Strecke bis nach Hause weiß nur, dass ich meinen Vater gefühlt 70 Mal angerufen habe, um ihn zu fragen, was los ist. Handy aus. Ich versuchte ihn über seine Freunde zu erreichen - niemand geht ran. Immernoch machte ich mir nur Sorgen um meine Mutter. Mein Freund, meine Cousine, sie selber, mein Cousin niemand hob ab. Bis kurz vor der Haustüre klingelte ich sturm bei meinem Vater - nichts. Zu Hause angekommen atmete ich auf kein Krankenwagen, keine Polizei. Ich schloss die Türe auf und ein Polizist empfing mich im Flur - ich schob ihn nur beiseite und rannte rein. Noch mehr Polizei und 2 fremde Gesichter, Seelsorger und der Rest meiner Familie, der meine Anrufe ignorierte. Meine Mutter saß auf der Couch sie hatte nichts war stumm. Ich schüttelte sie und schrie sie an, was sie habe - immernoch habe ich nichts geahnt, bis der Polizist mich packte und sagte "Ihr Vater" danach ist alles wie ein Blackout. Ich habe das ganze Haus zusammengeschrieen und bin einfach nur zusammengebrochen, als die Worte raus waren. Von diesem Moment lief einfach alles wie ein Film an uns vorbei. Es gab keine Erklärungen, keine Worte, die beschreiben konnten, was passiert ist. Er war einfach weg. Ich betete, dass wir zu ihm konnten ca. 5 Stunden Fahrt aber die Polizei sagte, dass wir nicht zu ihm können. Seine Freunde kamen 2 Tage später früher von dem Trip zurück auf direktem Weg zu uns. Sie haben nichts gesehen - er fuhr mit dem Motorrad vor, weil er das Navi hatte und es passierte in einer Kurve, die von weiter oben nicht einsehbar war. Aus einem unerklärlichen Grund kam er von der Fahrbahn ab und schleuderte über die Leitplanke gegen ein Verkehrsschild (die Stange des Schildes) und rutschte einen kleinen Abhang hinunter. Als sie ihn (nach eigener Aussage) 1 Minute (ich denke, dass es auch 2-3 sein können) fanden, wer er bereits leblos und blau. Ersthelfer konnten ihn nicht reanimieren und auch die Rettungskräfte hatten keine Chance, da wohl laut Aussage des Notarztes die innere Verletzung (Abriss Lunge) so stark war, dass eine Intubation des linken Lungenflügels unmöglich war. Er hatte aber noch leichte Herzschläge. Die Vorstellung ist so furchtbar, dass wir nicht wissen, wie es und was passiert ist. Wollte er oder konnte er noch kämpfen, hat er etwas mitbekommen, hatte er Schmerzen oder hat er noch an uns gedacht? Wir werden niemals wissen, was geschah, weil es einfach niemand gesehen hat und die Staatsanwaltschaft hat die Akte geschlossen, da niemand beteiligt war.

    Wir versuchen, selbter weiter zu ermitteln und uns dabei vielleicht Hilfe zu suchen, da wir wissen, dass einige Spuren, die genommen wurden nicht von meinem Vater stammen.


    Die Wochen verflogen seit dem nur - die ganze Vorbereitung der ganze Papierkram, die Beerdigung. Dinge, die nicht auszuhalten sind. Dinge, mit denen wir konfrontiert werden, obwohl wir nicht glauben können, dass das jetzt die Realität sein soll. Wir haben ihn sehen dürfen - unversehrt. Wie kann das sein. Es war einfach nicht zu ertragen, ihn so zu sehen. Es wurde entschieden, dass mein starker Papa, mein Held, mein ein und alles nicht mehr leben darf. Wer entscheidet so etwas. Das hat er nicht verdient er hatte noch so viel vor. Wir waren immer so glücklich wir haben uns so oft in der Woche gesehen, täglich Kontakt gehabt, unzählige Urlaube verbracht. Dafür bin ich so sehr dankbar aber wir waren noch nicht fertig. Er wünschte sich bald ein Enkelkind und ich kann es ihm nicht schenken. Ich brauche ihn so sehr. Ich kann und will mir ein Leben ohne ihn einfach nicht vorstellen, weil nur er mich glücklich machen kann. Er war immer immer für mich da und ich wollte ihm irgendwann alles zurück geben. Ich sehe keinen Sinn darin, diesen täglichen Kampf zu führen aber irgendwie vergehen die Tage einfach so. Ich versuche für meine Mama stark zu sein und habe mich auch entschieden, sein Unternehmen zu übernehmen. All das sind so viele Aufgaben und neue Herausforderungen, die ich bewältige aber er fehlt mir dabei so sehr. Ich weiß einfach nicht weiter mein Herz ist gebrochen und zerrissen und ich denke immernoch, dass ich diese ganze Kraft aufbringe, weil ich weiß, dass er bald nach Hause kommt und sich freut, dass ich alles aufrecht erhalten konnte. Das es alles so ist, wie immer. Dabei ersetze ich täglich irgendwo seinen Namen durch meinen und kündige Verträge und Abos. Es fühlt sich jeden Tag so an, als verbanne ich ihn aus dieser Welt. Dabei wünsche ich mir nichts mehr, als dass er für immer hier bleibt. Ich kann nicht leben ohne seinen Schutz ich wollte nie so schnell erwachsen werden, weil es einfach kein schöneres Gefühl gibt, als seine Tochter zu sein...


    Es tut mir leid, dass ich euch so viel geschrieben habe aber das kam einfach alles raus - da ist noch so viel mehr aber ich mache einen Punkt - vorerst.


    Ich wäre dankbar, mich mit Menschen auszutauschen, die das selbe erleben - auf der Suche nach einer Gruppe bin ich leider noch nicht fündig geworden.


    Liebe Grüße