Liebe Maike,
ich habe mich richtig gefreut, von dir zu lesen!![]()
Wie schön, dass es dir gut geht und du auch wieder nach vorne schauen kannst.
Es ist so, wie du es schreibst. Die Trauer um den geliebten Partner wird immer bleiben.
Sie verändert sich und ist mal mehr, mal weniger präsent, aber sie ist zu einem Teil unseres Lebens geworden.
Es gibt ein Leben davor und ein Leben danach.
Mein Leben ist wieder gut geworden, aber eben ganz anders als früher.
Ach, was fehlen mir die Gespräche mit meinem Mann, über Gott und die Welt.
Er war so ein kluger und herzensguter Mensch und gerade in diesen schlimmen Zeiten würde ich so gerne seine Meinung und seinen Rat hören.
Ich bin mittlerweile in Rente gegangen. Ich habe also viel Zeit für meine Enkelin und genieße das sehr.
Als ich erfuhr, dass ich Oma werde, überkam mich im ersten Moment Panik und der Gedanke, jetzt muss ich diesen Weg ganz allein, ohne ihn gehen.
Wie soll ich das schaffen? Nach einer Weile habe ich mich beruhigt und konnte mich auch freuen.
Ich singe im Chor, bin in einer Wandergruppe und habe mir an meinem neuen Wohnort andere Frauen gesucht, mit denen ich regelmäßig Nordic Walking mache oder auch mal ins Kino/Theater gehe.
Die Wochenenden sind nach wie vor schwer. In meinem Freundeskreis aus früheren Zeiten sind die meisten noch ein Paar.
Und als Paar verbringt man insbesondere die Wochenenden gemeinsam und unternimmt schöne Sachen.
Auch wenn ich unterwegs bin, sehe ich an den Wochenenden so viele Paare.
Also unternehme ich viel unter der Woche und bleibe am Wochenende meistens zu Hause, als Rentnerin funktioniert das ja.
In diesem Jahr bin ich zum ersten Mal ganz alleine verreist. Ich war auf Sylt, habe mir da für die Zeit ein Fahrrad gemietet, einige geführte Wanderungen gebucht und war jeden Tag auf der Insel unterwegs. Ich hatte immer den Kindle im Rucksack, habe mir oft ein schönes, ruhiges Plätzchen gesucht und viel gelesen.
Zum Glück hat das Wetter mitgemacht.
Vor der Reise hatte ich große Angst und an den ersten beiden Tagen habe ich immer wieder geweint.
Aber es war gut, dass ich mit meinem Mann nie auf Sylt war und so keinen Vergleich zu früher hatte.
Ich habe mich dann wieder beruhigt und der Rest des Urlaubs war dann auch sehr schön.
Dieses Forum wird immer wichtig für mich bleiben, als geschützter Rückzugsort, als Ort, wo ich auch nach 6 Jahren noch über meine Trauer sprechen darf und verstanden werde.
Die Welt hat sich weitergedreht und für alle, die nicht vom Tod betroffen sind, ist es nicht nachvollziehbar, dass ich immer noch trauere.
In meinem Whatsapp Profilbild ist immer noch ein Foto von meinem Mann und mir.
Neulich fragte eine Freundin, ob es nicht an der Zeit wäre, das Foto zu ändern.
Sie konnte nicht verstehen, dass ich mich immer noch als Teil eines Paares empfinde, obwohl mein Mann tot ist.
Meistens behalte ich meine Trauer also für mich.
Nach dem Verlust des Partners wieder ins Leben zurückzufinden, ist richtig harte Arbeit.
Es gelingt mir mal mehr und mal weniger, aber insgesamt habe ich das Gefühl, dass ich auf einem gutem Weg bin.
Manchmal glaube ich, mein Mann steht irgendwo hinter mir und sagt, gut machst du das, weiter so.
Heute Abend gehe ich mit einer Freundin in ein Konzert. Darauf freue ich mich schon.
Nächste Woche hat meine Enkelin Geburtstag, sie wird drei Jahre alt. Ich bin gerade dabei, für sie ein Fotoalbum herzustellen und mit Basteleien zu schmücken.
Sowas mache ich gerne, das beschäftigt mich gut und hält düstere Gedanken fern.
Ich wünsche dir einen ausgefüllten Sonntag und hoffe, die Sonne schaut mal raus.
Ich werde immer mal wieder hier reinschauen und hoffe, von dir zu lesen.
Ganz ganz herzliche Grüße
Bine