Meine allerliebste Omi ist gestorben

  • Hallo zusammen!
    Am 28.12.2011 ist meine allerliebste Oma gestorben. Ich hatte ein sehr inniges Verhältnis zu ihr, da ich bei ihr aufgewachsen bin und in den letzten 4 Jahren mit meiner Familie (Mann und 2 Kinder) wieder im selben Haus gewohnt habe (abgetrennte Wohnungen). Aus diesem Grund haben wir uns fast täglich gesehen. Vor ca. 2 1/2 Jahren ging es ihr nicht so gut, sie kippte immer wieder zusammen und keiner wußte was sie eigentlich hat, bis man drauf kam, dass sie einen Herzschrittmacher braucht. In der Zeit haben wir eigentlich damit gerechnet, dass sie es vielleicht nicht schaffen wird. Aber wir hatten uns geirrt. Nach der OP ging es ihr wieder richtig gut. Sie war zwar im Gegensatz zu früher ein wenig vergesslicher, aber trotzdem noch sehr fit. Auch körperlich ging es ihr in den letzten 2 Jahren - abgesehen von ein paar Wehwehchen recht gut. Mein 5 jähriger Sohn war täglich oft stundenlang bei ihr, auch am Tag ihres Sturzes. Auch mein jüngerer Sohn (bald 2) düste jedesmal in ihre Wohnung, wenn wir vorbeigingen. Sie hatten ihre Urlioma sooo lieb. Mein älterer Sohn sagte immer zu ihr "du bist die allerliebste Urlioma auf der ganzen Welt". Und auf einmal ist dieser wunderbare Mensch nicht mehr bei uns. Es tut so schrecklich weh, ich vermisse sie so sehr. Wenn sie mit ihren Urenkeln zusammen war, war sie stets glücklich, sie lachte und war einfach glücklich. Wir waren von Frühling bis Herbst fast jeden Tag zusammen im Garten. Es war so schön und irgendwie - obwohl ich natürlich wußte, dass es irgendwann mal vorbei sein wird (sie war 92 Jahre alt) - es wird immer so sein. Sie wird immer bei uns sein. Sie paßte trotz ihrer 92 Jahre immer wieder auf meinen älteren Sohn auf und war auch für meinen Jüngsten und natürlich für uns bis zum letzten Tag da. Für sie waren meine Kinder einfach alles.
    Jetzt zu meiner traurigen Geschichte. Ich muß mich mal mitteilen, damit ich nicht noch total verrückt werde. Am 1.12. war mein älteren Sohn bei ihr in der Wohnung. Da ich noch was einkaufen mußte, habe ich ihn bei ihr abgeholt und dann sind meine beiden Söhne und ich einkaufen gegangen. Sind nach ca. einer halben Stunde wieder zurückgekommen und zu ihr in die Wohnung. Es war noch alles in Ordnung. Sie hatte an dem Tag einen Apfelkuchen gemacht und alles war ok. Dann bin ich kurz in den Vorraum gegangen, als mich mein älterer Sohn ganz aufgeregt rief. Ich ging in die Wohung und sah, dass meine Omi gestürzt war und am Boden lag. Sie sagte sie käme nicht mehr auf und ich solle ihr bitte helfen, was ich auch tat. Dann sagte sie es ginge schon. Ging dann kurz in unsere Wohnung und dann wieder zu ihr. In der Zwischenzeit kam auch meine Tante vorbei und sagte mir meine Oma könne nicht mehr alleine aufstehen. Wir riefen einen Krankenwagen und meine Tante zog sie an, da sie es alleine nicht mehr schaffte.
    Sie kam ins Krankenhaus mit der Diagnose Oberschenkelhalsbruch. Als meine Familie und ich sie am nächsten Tag besuchen wollten, sagten mir die Schwestern sie wäre schon operiert worden und ich könne in den Aufwachraum gehen. Mit klopfenden Herzen ging ich hin, da ich ja nicht wußte was mich erwarten würde. Als ich sie dann sah, war ich mehr als erleichtert, da sie die Operation sehr gut überstanden hatte und auch schon wieder mit mir redete. Sie sagte auch, sie freue sich, dass ich da wäre, auch wenn sie es nicht so zeigen könnte. Da die OP gut überstanden war, dachte ich mir jetzt geht es wieder aufwärts. Als ich am nächsten Tag und die folgenden Tag in Krankenhaus kam, ging es ihr eigentlich recht gut, der Katheder war weg und sie durfte schon wieder ein wenig aufstehen. Wir waren eigentlich alle sehr positiv gestimmt, da meine Omi auch mental in guter Verfassung war. Sie freute sich auch jedesmal irrsinnig, wenn die Kinder mitwaren. Konnte leider nicht jeden Tag hinfahren, da mein Kleiner und ich krank waren - deshalb mache ich mir auch großer Vorwürfe, weil ich mir immer denke, vielleicht hätte es ihr doch geholfen, wenn ich öfters gekommen wäre - aber immer ging es leider nicht. Bin ca. alle 2-3 Tage hingefahren, wenn ich mal nicht konnte fuhr mein Mann und mein Großer hin.
    Nachdem ich wieder gesund war und sie mit meinem Kleinen besuchen ging, hatte sie 2 Tage nicht gesehen, ging es ihr nicht gut. Sie hatte die ganze Nacht erbrochen und konnte nichts essen. Sie sah schlimm aus. Ich dachte mir, dass ist so, wenn man die ganze Nacht bricht und nicht schläft, aber beim nächsten Mal gehts ihr bestimmt besser. Dem war nicht so. Sie brach zwar nicht immer, aber aß nur mehr sehr sehr wenig. Sie sagte, sie könne nichts essen. Auch ihre Lebensfreude wurde immer weniger. Sie bemühte sich zwar für unsere Kinder ein wenig lebensfroher zu sein, ich merkte aber, dass es ihr nicht gut ging. Am 19.12. hatte sie dann ihren Termin zu Reha. Ich dachte mir, in der Reha gehts ihr bestimmt besser, da dort intensiv an der Rehabilitation gearbeitet wird (obwohl sie nicht hinwollte). Ich redete ihr gut zu, sie müsse dort hin, ansonsten könnte sie nicht mehr selbstständig gehen. Sie sagte zwar ja, aber sie wollte trotzden nicht hin. Am 19.12 gings dann los. Da meine Schwester in der Nähe der Klinik lebte (ich war über 70 km entfernt und mußte bei mir eine MR und andere Untersuchungen machen lassen), fuhr meine Schwester die nächsten Tage hin. Aber meine Schwester hielt mich immer am Laufenden. Am 23.12. besuchten meine Familie und ich dann meine Omi. Sie hob sich selbst in den Rollstuhl und wir fuhren in den Aufenthaltsraum. Dort liefen die Kinder herum, scherzten mit ihr, aßen mit ihr mit (muß sagen, meine Omi hat auch brav gegessen - wahrscheinlich aber eher uns zuliebe) und wir waren wirklich sehr froh, dass es ihr ein wenig besser ging. Wir hörten sie das erste Mal sein 2 Wochen wieder lachen. Es war einfach nur schön. Wir waren dann 2 Stunden dort, da sie dann ihre Tabletten bekam und wir merkten, dass sie davon sehr müde wurde. Wir dachten uns, jetzt geht es wirklich aufwärts.
    Am nächsten Tag an Heilig Abend war meine Schwester dort und sie sagte, es gehe ihr nicht so gut, da sie wieder gebrochen hatte. Am 26.12. fuhren meine Tante und meine beiden Cousinen hin und die waren wirklich total schockiert von der Verfassung meiner Oma. Meine Oma lag dort nur im Bett, war total deprimiert, jammerte übers Essen und hatte überhaupt keine Lebenslust mehr.
    Am 27.12. mittags rief mich dann meine Schwester an. Der Arzt hätte sie angerufen und unsere liebe Omi sein in der Intensivstation, da sie Blut erbrochen hatte. Magenblutung. Meine Schwester fuhr abends hin und die Schwestern teilten ihr mit, dass es nicht so schlimm sein, da die Blutung von selbst aufhörte und sie wird nicht lange hierbleiben. Als ich das hörte, war ich - nachdem ich schon viele Gebete für meine Omi gesprochen hatte - sehr erleichtert.
    Am nächsten Tag sind dann meine Tante, meine Cousine und ich in die Intensivstation gefahren. Wir mußten ca. 20 Minuten warten, bis wir reindurften. Die Schwester sagte, meine Oma habe wieder geblutet und sie mußte eine Bluttransfusion bekommen. Wir sind dann zu ihr gegangen und waren erstmals schockiert, wie sie da lag. Unsere lebenslustige, starke Omi lag dort, ohne Zähne, total abgemagert und blaß. Sie sah so schwach und zerbrechlich aus. Aber wir dachten, dass wäre, weil sie starke Medikamente bekam und gerade eine Kollaps hatte. Sie freute sich sehr, dass wir da waren. Wir unterhielten uns, hielten ihre Hand, meine Tante (ihre Tochter) streichelte ihr über den Kopf und sie sah einfach glücklich und entspannt aus. Sie redete zwar sehr leise, da sie sehr schwach war , aber sie machte auch kleine Späße. Es war wirklich schön. Der Arzt kam und sagte, sie würden am nä morgen eine zweite Magenspiegelung machen, damit sie sehen woher die Blutung käme. Aber sie vermuten es würde von einem Geschwür kommen, gegen das sie schon Medikamente gegen die Blutung bekommen. Dann blieben wir noch ein wenig bei meiner lieben Omi und nach einer 3/4 Stunde gingen wir heim, da die Besuchszeit aus war (14:45). Ich sagte noch zu meiner Omi, sie müsse bald schauen, dass sie aus der Intensiv wieder rauskommen würde, damit ich sie wieder mit meinen Kindern besuchen kann. Sie sagte noch - meine Schatzis als sie die Namen meiner Kinder hörte.
    Dann fuhren wir nach Hause. Wir hofften alle, dass sie bald wieder rauskam und keiner von uns dachte, dass sie sterben würde. Ich hatte dann um 5 einen Termin zur Massage, da ich extreme Verspannungen hatte. Als ich vom Arzt kam, schaute ich auf meine Handy und hatte einen Anruf von meiner Schwester drauf. Ich rief sie zurück und sagte nur, du hast mich angerufen, was gibts denn? Dann fragte sie mich, ob ich noch nicht mit meinem Mann geredet hätte. Ich verneinte dies und dann sagte sie den schlimmsten Satz, den ich je gehört habe "Die Oma ist gestorben". Wir redeten noch ein wenig, aber ich war total geschockt, konnte nicht weinen und auch nicht mehr klar denken. Die nächsten beiden Tage habe ich nur geweint, kaum geschlafen und auch jetzt nach 1 1/2 Monaten dreht sich alles nur noch um meine liebe Omi. Ich denke mir immer wieder, vielleicht hätte ich mehr tun können .Vielleicht hätte ich sie mehr motivieren müssen. Ich habe irgendwie das Gefühl, dass ich genau da - als sie mich brauchte - versagt habe.

  • Ich denke ständig daran, wie es war als sie noch daheim war. Wir glücklich und stark sie war. Was für eine liebenswerte Frau. Es tut einfach so schrecklich weh zu wissen, dass ich sie nie wiedersehen werde, ich nie wieder mit ihr sprechen kann. Ich habe schon totale Panik vor dem Sommer in unserem Garten, da wir dort so eine schöne letzte Zeit verbracht haben.
    Ich weiß, ich muß dankbar sein, dass sie bis zu ihrem Krankenhausaufenthalt sehr glücklich war, sie war Teil unserer Familie, war nie allein, lebte bis zuletzt in ihrer Wohnung und führte selbststandig ihren Haushalt. Sie hatte meine Kinder und mich oft um sich und war nie allein. Welche 92jährige darf bis zuletzt so ein schönes Leben führen.
    Wahrscheinlich hat sie nach dem Sturz schon gewußt, dass sie nicht mehr gehen und nicht mehr alleine in ihrer Wohnung bleiben könne und deshalb ihren Lebenswillen verloren. Für sie wäre es das allerschlimmste gewesen, auf Hilfe anderer angewiesen zu sein. Das wollte sie unter keinen Umständen. Und deshalb müssen wir wahrscheinlich wirklich dankbar sein, dass es so gekommen ist. Denn andererseits wäre sie bestimmt total depressiv geworden und so ein Leben hätte ich ihr unter keinen Umständen gewünscht. Sie hat sich das Geschenk gemacht, zu gehen. Und wahrscheinlich war es das Beste für sie. Obwohl ich sie total vermisse. Sie war die beste Omi und Urlioma der Welt. Ich habe dich sehr sehr liebe OMA und hoffe, dass es dir dort wo du jetzt bist, besser geht. Paß bitte gut auf dich und meine Kinder auf. Ich hoffe, wir sehen uns irgendwann wieder.
    Danke fürs Zuhören, ich mußte mir das mal von der Seele schreiben und hoffe, dass mein Leben sich bald wieder ein wenig normalisiert.

  • Liebe Maximilian06


    Es tut mir unenendlich leid, dass du deine geliebte Oma verloren hast. Du beschreibst sie als liebevolle und grossartige Person. Es gibt kaum Worte, die in dieser schwierigen Zeit ein wenig Trost geben, es tut so weh.


    Es ist schön, dass du den Weg in dieses Forum gefunden hast, den hier gibt es die Möglichkeit, sich alles was einem beschäftigt von der Seele zu schreiben. Und hier sind immer Menschen unterwegs, die dich und deinen Schmerz verstehen, dir zuhören, mit dir leiden und wenn du möchtest, auf diesem schweren Weg ein Stück mit dir gehen.


    Viele sagen, dass man mit der Zeit eine Möglichkeit findet, die Trauer etwas erträglicher zu empfinden. Ich kann es leider noch nicht bestätigen, auch bei mir ist der Schock und das Unglück noch so frisch. Ich hoffe es aber für dich und für mich, dass es so ist.


    In Gedanken bin ich bei dir (und wenn du magst, umarme ich dich ganz sanft). :24:


    In Stille,
    Sandra

    Auch wenn alles einmal aufhört -
    Glaube, Liebe und Hoffnung nicht.
    Diese drei werden für immer bleiben.
    Doch am höchsten steht die Liebe.

  • Hallo,
    es tut mir so leid dass deine Oma gehen mußte,das du einen für dich so wichtigen Menschen verloren hast.
    Es tut furchtbar weh und egal wie alt ein Mensch ist man würd sie nie gehen lassen wenn man sie liebt.
    Deine Liebe bleibt,sie ist in deinem Herzen so wie deine Oma und so ist sie immer bei euch.
    Die Lücke läßt sich nicht schließen die sie hinterläßt,aber Trauer braucht Zeit,und dann wird sie erträglicher.
    Ich hatte auch so eine Oma die ich über alles geliebt habe und leider ging auch meine geliebte Mama vor 3 Jahren.
    Ich schicke dir ganz viel Kraft und schreib dir alles von der Seele im Forum gibt es viele liebe Menschen die immer zuhören.
    Traurige Grüße Lisi

  • Liebe maximilian06,


    Jorgos Canacakis, ein berühmter Trauerforscher, schreibt, dass wenn man jemanden geliebt hat, kein Weg an der Trauer vorbeigeht, sondern dass man durch sie hindurch muss.
    Das klingt schön und fast romantisch. Wir alle hier wissen aber, dass es ein harter, ein schmerzhafter Weg ist und der Schmerz ist umso intensiver je größer die Bindung zum verstorbenen Menschen war. Von daher ist es ganz normal, dass du jetzt immer noch sehr intensiv trauerst. Im Trauerjahr machst du alles ein erstes Mal ohne deine geliebte Oma, da ihr in einem gemeinsamen Haus - man kann fast sagen Haushalt - gewohnt habt, ist der Schmerz auch besonders intensiv, weil dich ja alles an sie erinnert. Stelle dich auf ein arbeitsintensives Jahr ein, was deine Trauerarbeit angeht ... und wahrscheinlich ist auch das 2. Jahr noch schwer. Allerdings bist du dann schon geübter und kannst áuch deinen Schmerz besser kanallisieren und steuern.


    Schuldig bist du nicht, auch wenn du dich schuldig fühlst. Schuldgefühle spielen bei fast allen Trauerfällen eine Rolle: Auch, wenn man alles getan hat, was möglich war ... man hat danach das Gefühl, dass man noch mehr tun hätte können. Ich glaub auch nicht, dass es etwas am Schicksal deiner geliebten Oma geändert hätte, wenn du noch mehr bei ihr gewesen wärst ... So ein Unfall mit so langwierigen Folgen und Krankenhaus- bzw. Rehaaufentahlten führt bei alten Menschen sehr häufig dazu, dass sie psychisch und physisch rasch abbauen. Da genügen oft wenige Tage oder Wochen und so wie du deine Oma ja selbst beschreibst, war sie jemand der Unselbstständigkeit frustrierend fand und das erklärt natürlich, ihren sich verschlechternden Zustand.


    Ich weiß, dass das nicht trösten kann, weil du da erst am Anfang deines Trauerweges stehst. Da bist noch am Grübeln: "Was wäre gewesen, wenn ...." ist da die Frage. Wir alle hier haben lernen müssen, dass diese Fragen nur in einen Grübelabgrund führen, weil sie nicht beantwortbar sind und "Was wäre wenn..." sich nur in unserer Phan
    tasie spielt, aber nicht im Leben ;(


    Lass dir Zeit,das erste Jahr ohne einen geliebten Menschen ist so schwer, weil wir alles das erste Mal ohne diesen Menschen manchen müssen.Auch das zweite Jahr ist dann meist noch schwer, aber man ist immerhin schon "geübter" und kann auch seine Gefühle und seinen Schmerz schon besser regulieren.
    Schreib hier, wenn dir danach ist, wir können zwar nicht trösten, aber zuhören und für dich da sein! :30:
    Liebe Grüße
    Ariadne