Beiträge von Elster

    Liebe Mel,

    ich hoffe es geht dir besser. Für mich ist es auch sehr hart zu denken, dass nun das letzte Jahr, in dem mein Mädchen gelebt hat, das Jahr, das auf ihrem Stein eingemeißelt ist, zu Ende geht. Ich bemühe mich an dem Gedanken festzuhalten, das Zeitmessung und Jahreszahlen eine willkürliche Erfindung sind. Und jeder Tag, jede Stunde, jede Sekunde ohne unsere Kinder in unserem Arm eine Ewigkeit sind.
    Aber die selbe Ewigkeit haben wir sie auch in unserem Herzen, unseren Gedanken, unserer Seele.
    Und wir sind unterwegs zu ihnen. Was bringen wir ihnen mit? Ich möchte ihr nicht nur vollgeheulte Taschentücher bringen und sagen: schau wie schlecht es mir ging.
    Aber ich muss noch lernen wie das geht... ohne mein Mädchen leben.

    Es wurde immer schwieriger. Gestern nur noch stockend, schluchzend. Ich hatte von ihr geträumt. Ganz kurz, ganz realistisch, war für etwa 5 Sekunden alles gut. Mir war ganz leicht. Sie war gesund und uns allen ging es gut. 5 Sekunden lang. Dann war alles wieder dunkel.

    Der Tag gestern war sehr schwer. Ich habe etwas furchtbares zu meinem Mann gesagt. Er hat es verziehen, aber es tut bestimmt noch weh. Ein schrecklicher Tag.

    Ich bin vor einer Stunde aufgestanden. Und sie war wieder da gewesen. Diesmal lange. Ich bin 2 mal aufgewacht und beim wieder Einschlafen war sie noch da. Ich habe lange mit ihr gesprochen. 2 mal konnte ich sie anfassen. Einmal ihre Hand nehmen und einmal lag sie auf dem Bauch neben mir und ich hab ihr spielerisch zart auf den Bobbes geklatscht. Sie trug etwas, was wie ein Kinderschlafanzug aussah. Weiß mit einem Muster, Blumen oder so. Sie hatte die Haare zum Zopf und ich konnte sie Sachen fragen. Es geht ihr sehr gut. Ich fragte ob sie uns richtig sehen kann oder auch nur wahrnehmen so wie ich sie wahrnehme. Sie sagte, sie kann uns richtig sehen (in einem leicht fragenden Tonfall, so als ob es nicht 100 prozentig zu erklären ist, wisst ihr wie ich meine?). Ich dann: das ist ja ungerecht (mit einem Lächeln) und sie darauf: Tja, ist halt Pech für euch (in gespielt frechem Tonfall). Die Szene hat immer mal gewechselt. Wir sind auch spazieren gegangen. Ich spürte ihre Leichtigkeit. Ich fragte sie auch, ob sie glaubt das richtige getan zu haben, also ob sie froh ist, dass sie dort ist. Die Antwort war etwas merkwürdig, aber ich verstehe sie: "Sollen mir meine Gedanken von damals etwas leid tun?" Ich verneinte und sagte ihr, dass ich verstehe.

    Sie hat viel erzählt. Man kann dort noch eine Weile so leben wie hier, wenn man das möchte. Sie hat einen Esel, der ihre Einkäufe trägt. Weniger gesagt, als von mir gefühlt war, dass das alles nicht wirklich wichtig oder notwendig ist. Sondern man gestaltet sich sein Jenseits so, wie es für einen richtig scheint. Ich durfte ein Stückchen sehen. Das Licht ist sehr besonders. Und die Luft klarer als ich je erlebt habe. Es war so eine Art Bergdorf.
    Ich wollte sie noch fragen, ob sie jemanden dort getroffen hat, den sie kennt oder meinen Papa. Aber irgendwie konnte ich nicht. Irgendwann musste sie dann gehen. Sie sagte, wir werden uns nie mehr sehen können. Aber sie bleibt noch bei uns. Und sprechen würde noch gehen. (Ich hoffe nicht, dass damit nicht gemeint war, dass sie auch im Traum nie mehr kommt).
    Es kam dann noch jemand, ein Mann. Ich kenne ihn nicht. Er ist scheinbar etwas wie ihr Mentor dort. Ich weiß nicht mehr so recht, was er gesagt hat. So was wie: sie kommt gut zurecht. Ist halt noch neu hier und wird erst noch ruhiger. (Sie war wirklich quirlig).

    So, wer mich für verrückt hält: viel Spaß dabei.
    Wer versteht, warum ich das alles glaube, der weiß sicher auch, dass ich sehr erleichtert bin. Noch ungemindert traurig. Aber erleichtert. Mal sehen wie das Atmen heute geht.



    »Der Unterschied von einen Mensch und einen Engel ist leicht. Das meiste

    von ein Engel ist innen, und das meiste von ein Mensch ist außen.«


    Aus dem Buch "Hallo Mr Gott, hier spricht Anna." Ein Buch, das jeder einmal lesen sollte.

    Ganz lieben Dank! Ich mag Schnee sehr gerne. Ich bin ja auch ein Winterkind. Diese Bilder mit dem hellblauen Himmel fordern tatsächlich regelrecht zum durchatmen auf.

    Hier hat es heute auch geschneit. Aber ich kann nicht raus gehen. Nur eine Minute oder so auf den Balkon.

    Liebe Jenna,

    Auch ich möchte dir mein Beileid aussprechen! Es ist ein wirklich schweres Päckchen, was du da bekommen hast. Die Blutsverwandten wären im Idealfall jetzt dein Anker aber weißt du, das ist selten so. Die Familie deines Freundes ersetzt auf den ersten Blick nicht die eigene Familie. Aber auf den 2. Blick vielleicht doch? "Home is where the heart is". Und wo Herzen dir zugetan sind.

    Bleib tapfer, liebe Jenna!

    .ich weiß ganz sicher das meine Mama nie im Leben es überlebt hätte wenn mir was passiert wäre niemals sie hätte aufgehört zu leben zu essen zu trinken.

    Liebes Linchen,

    ich kenne dich hier als besonders liebe und mitfühlende Person. Ich möchte dir aber ganz kurz erklären wie so etwas bei mir (und anderen Müttern, mit denen ich sprechen konnte) ankommt. Es klingt, als ob andere meinen, wir trauern nicht ausreichend, wenn wir nicht auf der Stelle aufhören zu leben weil unser Kind gestorben ist. Es ist wie eine unbeabsichtigte Wertung. Als wäre es für uns scheinbar nicht so schlimm wie für andere. Ich weiß, das wolltest du nicht sagen und denkst das auch nicht. Aber so wirkt es auf Mamas oft.

    das am 9.12 Jason zwei Monate alt geworden wäre und uns auch schon anlächeln würde...

    genau so etwas machen einem wohlmeinende Mitmenschen so richtig nachhaltig kaputt! Denk du nur dran, liebe Mama. Schreib es hier hin. Hier redet dir das hoffentlich niemand aus. Dein Bub lächelt bestimmt auch da, wo er jetzt ist. Der trauernden Mama hilft das nicht wirklich. Nur vielleicht ein winzigst kleines bisschen... manchmal... für ganz ganz kurz.