Beiträge von Karin56

    Lieber Ralph,

    So hatte ich mir das mit meinem Mann auch vorgestellt, gemeinsam alt werden. Fast 27 Jahre haben wir ja gemeinsam geschafft. Er war 73 und kerngesund und deshalb hat keiner von uns daran gedacht, dass er jetzt schon gehen muss. Mitten aus dem Leben raus. Man fühlte sich so sicher und dachte nicht an den Tod und wie schnell wird alles zerstört, unwiederbringlich. Heute sind es 21 Wochen her.

    Liebe Grüße Karin

    Lieber Ralph,

    Wie gut ich dich verstehen kann, in diesem Stadium befinde ich mich schon seit längerem. Wem soll man seine Gefühle noch anvertrauen, wenn für alle anderen die Welt schon längst wieder in Ordnung ist und man eh nicht verstanden würde. Den Griff zum Telefon um die Seelsorge anzurufen habe ich schon gewagt und wurde furchtbar enttäuscht, als ein Band mir sagte ich solle später anrufen, da alle Plätze belegt wären. Ich konnte es kaum glauben. Zum Glück habe ich Mittwoch wieder ein Gespräch mit meiner Seelsorgerin. Bin froh, endlich wieder mit einem Menschen sprechen zu können der mir zuhört und versteht.

    Liebe Grüße Karin

    Lieber Ralph,

    genauso ist es. Ich wäre auch sehr froh wenn mir jemand zuhören würde oder mich einfach mal in den Arm nimmt um mir zu vermitteln, daß er mich versteht. Aber die Realität ist anders. Mein Trauercafe ist auch nur 1 x im Monat, habe mich jetzt zu einer Trauergruppe bei der Diakonie angemeldet, soll eine feste Gruppe sein, die auch über die Weihnachtszeit begleitet. Leider auch nur 1 x monatlich. Ich finde es auch verdammt traurig, dass nicht mal meine eigene Familie, in der Lage ist einen durch die Trauer zu begleiten. Somit wird man von allen Seiten enttäuscht und ich bin leider sehr sensibel was mir dann auch noch im Wege steht.

    Liebe Grüße Karin

    Ja ich bin wirklich traurig darüber, daß ich in letzter Zeit immer mehr feststellen muss, dass selbst die Bekannten auf die ich gebaut habe und die auch ihre Partner verloren haben, nicht mehr über die Trauer sprechen wollen, ich hatte eigentlich gedacht sie würden mich verstehen. Jetzt muss ich wirklich immer auf die Termine mit meiner Seelsorgerin und der Trauergruppe/Trauercafe warten. Diese ständigen Enttäuschungen neben meiner Trauer machen mich fertig.

    Guten Morgen ihr Lieben,

    Ich frage mich in was für einer Welt leben wir eigentlich, heute sind es 20 Wochen her seitdem mein Liebster von mir gegangen ist und meine Trauer wird jeden Tag schlimmer, er hat so ein großes Loch hinterlassen in das ich mehr und mehr versinke. Heute Morgen fasste ich mir ein Herz und fragte eine Bekannte, die ihren Mann vor 11 Monaten verloren hat, ob sie dieses Gefühl der Trauer und des weinens auch noch immer hat, sie bejahte es zwar, aber wies mich daraufhin, dass man es quasi heimlich machen sollte da es ja keiner wissen muss. Diese Aussage bestätigt mich immer mehr darin, dass Trauer nicht gesehen werden will und ich mich immer unverstandener fühle und sehr vorsichtig werde, mit wem ich meine Gefühle eigentlich noch teilen kann. Das macht mich jetzt noch trauriger. Eigentlich dachte ich, dass meine beiden Damen die ihre Männer vor 4 Jahren und die andere halt vor 11 Monaten verloren haben, nachfühlen können wie es mir geht, jetzt traue ich mich gar nicht mehr über das Thema zu sprechen. Geht wohl wirklich nur in der Trauergruppe oder bei der Seelsorgerin. Ist es denn so verkehrt, wenn es nach 20 Wochen noch Thema eins bei mir ist.

    Liebe Grüße Karin

    Liebe Elisa, lieber Ralph,

    mir wurde auch nach der Beerdigung von allen Seiten gesagt "wir sind immer für dich da" oder "du kannst dich jederzeit melden" davon ist auch bei mir nichts übrig geblieben. Es sind halt die üblichen Floskeln die man so sagt denke ich, denn keiner, außer denen die schon einen Menschen verloren haben, können mit Trauernden umgehen. Wenn mein Bruder mal anruft wird nur oberflächlich gesprochen, aber nicht mehr über meinen Mann. Das tut mir sehr weh, aber so ist es halt, ich muss damit Leben lernen und um nicht ganz den Kontakt zu meinen Mitmenschen zu verlieren mache ich halt auch Smalltalk. Es will halt keiner einen Trauernden um sich haben. Ich habe zum Glück meine Seelsorgerin bei der ich so sein kann wie ich mich fühle und Ende des Monats fängt eine Trauergruppe an zu der ich mich angemeldet habe. Das Trauercafe bei dem ich 1 x im Monat war, hat sich aufgelöst, es kamen außer mir keine mehr dort hin.

    Liebe Grüße Karin

    Lieber Ralph,

    Ich habe auch noch 2 ältere Brüder die beide ihre Frauen noch haben. Habe zu einem gar keinen Kontakt mehr seit der Beerdigung und der andere meldet sich ab und an mal. Ich denke sie können damit nicht umgehen, dass mein Mann verstorben ist. Aber dieses zurückziehen von ihnen macht mich noch trauriger. Ehrlich gesagt beneide ich sie darum, dass sie ihre Partner noch haben und ich nicht mehr. Hört sich vielleicht ungerecht an, aber es ist im Moment so.

    Liebe Grüße Karin

    Dieser Egoismus der Menschen und dieses unsensible regt mich wirklich auf, umso schlimmer in der eigenen Familie, entschuldige liebe Karin, aber dass man dich anruft um über seine eigenen Probleme zu sprechen anstatt dir in deiner Trauer mal zu zuhören... schlimm, die meisten Menschen wissen garnicht, wie gut es ihnen noch geht.

    Liebe Pia, ich fühle mich dann auch immer wie ein seelischer Mülleimer für die Sorgen der anderen, die mal wieder wichtiger sind als meine Trauer, es ist mir immer wieder unbegreiflich wie das sein kann. Aber wie Ralph schon schreibt jeder kommt mal in die Situation und wird dann verstehen was es bedeutet in Trauer zu sein.

    Liebes Linchen, du sagst es, es ist schade bei der eigenen Tochter, dazu muss ich sagen sie ist vom Charakter her sehr pragmatisch und durch und durch Realist, womit ich sie nicht abwerten will, und nicht so sensibel wie ich. In Sachen Gefühle kommen wir nicht überein. Meine Tochter kennt so eine Partnerschaft nicht wie sie mein Mann und ich gelebt haben. Sie lebt seit 9 Jahren mit ihrem 18 jährigen Sohn alleine. Mein Mann war ihr Stiefvater.

    Liebe Elisa, liebes Linchen,

    danke für euer Verstehen. Es tut wirklich gut sich mit Menschen auszutauschen die in der gleichen Situation sind. Ich bin ja leider immer der Zweifler, der denkt man nimmt sich selbst zu wichtig. Muss euch kurz noch von einem Gespräch mit meiner Tochter erzählen, das ich vorhin noch hatte. Sie meinte doch tatsächlich seit dem Tod meines Mannes wäre ich viel eigenstenständiger geworden und ein Bekannter von ihr meinte ich wäre ausgeglichener. Ich dachte nur es ist schon erstaunlich wie man von anderen eingeschätzt wird, aber das ich mir zuhause wenn ich alleine bin die Augen ausheule und trauere das sieht ja keiner. Klar wird man eigenständiger, was bleibt einem denn anderes übrig. Also ist die Maske die man trägt für andere perfekt.

    Ihr Lieben,

    Gestern Abend hat sich nach langer Zeit mal mein ältester Bruder (75) gemeldet. Ich berichtete ihm von meinem Vorstellungsgespräch in unserem großen Klinikum wegen meiner Knieprobleme. Es wurde etwas darüber gesprochen, aber ich merkte schon während des Gesprächs, das er und meine Schwägerin (76) eigentlich mehr über ihre Probleme sprechen wollten. Während dieses fast 1 stündigen Telefonats musste ich immer mehr feststellen, daß ich mich wirklich nur noch alleine durchkämpfen muss, jeder meiner Familienmitglieder ist mit seiner eigenen Problematik so beschäftigt, sei es Bruder und Schwägerin oder meine 45 jährige Tochter, dass sie sich gar nicht mit meiner Trauer beschäftigen wollen oder können. Automatisch rutschte ich selbst dann wieder in die Rolle der verständnisvollen kleinen Schwester die ja so ein offenes Ohr für die Probleme der anderen hat. Ich nehme mich dann automatisch zurück und spreche den anderen Mut zu (verkehrte Welt?) Zur Zeit beschäftigt mich auch viel die Überlegung ob ich hier in meiner 72 qm Wohnung bleiben soll, wo man sehr anonym in einen großen 8 Parteien Haus wohnt oder in eine kleine altersgerechte Wohnung in einer Wohnanlage ziehe die in der Nähe ist. Früher konnte ich da mit der Familie drüber reden, jetzt nicht mehr, nichts ist mehr wie es mal wahr. Ich muss wie schon erwähnt die Dinge mit mir alleine ausmachen und entscheiden.

    Liebe Grüße Karin