Alles anzeigenIch weiß auch noch nicht ob ich es je schaffen werde, sein Wohnhaus dann von aussen nochmal anzuschauen.
Die Wohnung wird ja nun komplett saniert und geht dann an einen mir unbekannten Mieter. Sobald ich Ende Mai den Schlüssel abgegeben habe, müsste ich in diesen Stadtteil nie wieder gehen. Also "zufällig" käme ich da sicher nie wieder vorbei.
Und ob ich mir das "absichtlich" traue, nochmal hinzufahren und z.b. auf dem Klingelschild zu gucken wie der neue Mieter heißt...? Ich weiß es einfach noch nicht. Vermutlich hätte ich Angst daß es fürchterlich schmerzhaft wird.
Würdest Du, lieber Billi, denn auch mal hinfahren wenn Du nicht Euren ehemaligen Nachbarn besuchen würdest? - Falls Du mir das schreiben willst natürlich, würde mich einfach interessieren wie andere das handhaben.
Ich dachte ja auch nie daß ich mal zur "Grabgängerin" werde. Als meine Großeltern starben, war ich noch ein Kind. Meine Eltern sind mit uns Kindern dann nie aufs Grab gegangen (und als Kind wäre es auf dem Land aus eigenem Antrieb kaum machbar gewesen, zum Friedhof zu kommen). Um die Gräber haben sich dann immer Onkel und Tanten gekümmert.
Also bin ich damit gar nicht in Berührung gekommen.
Mein Vater hat mir ca. 1 Jahr vor seinem Tod seine Wünsche gesagt. Er wollte ein anonymes Urnengrab auf der dafür vorgesehenen Wiese auf dem örtlichem Bergfriedhof.
Ich habe seine Stimme noch im Ohr "Wir sind keine Grabgänger und wollen Euch Kindern die Grabpflege und die Kosten ersparen".
Ich kenne also die Wiese, aber weiß nicht den genauen Platz und Blumen oder sonstiger Grabschmuck sind dementsprechend dort verboten.
War für mich ok - ich kannte es ja nicht anders und hatte bei meinem Vater nie das Bedürfnis einen speziellen Platz aufzusuchen und zu pflegen. War ja überzeugt daß ich, genau wie meine Eltern, keine "Grabgängerin" wäre.
Und jetzt bei meinem Liebsten bin ich so traurig daß ich sein Grab nur am Wochenende besuchen kann Ich finde es so schön einen "Ort" zu haben und Blumen mitzubringen. Dort zu stehen und mit ihm zu sprechen.
Ja, alles hat sich geändert und ich lerne mich selbst wohl auch neu kennen.
Liebe Nora,
ich weiß nicht, ob ich auch dann vorbeischauen würde. Wahrscheinlich schon. Habe ich bei meiner lieben Mama vor 5 Jahren auch gemacht. Bin um das Mietshaus gegangen, den Balkon betrachtet. Das Klingelschild. 45 Jahre war es ihr Zuhause. Alles anders. Fremd.
An unserer ehemaligen Wohnung fahre ich direkt auf dem Weg zum Friedhof vorbei. Sehe das Gestrüpp, worüber wir uns so oft geärgert haben. Denke daran, wie sehr Billi sich über das Schnittgut geärgert hat. Wir hatten nichts davon, dort wurde einfach ein Haufen häßliches Gestrüpp am Seitenstreifen gepflanzt und wir mussten es schneiden. Stundenlang.
Sehe sie morgens an der Ecke stehen. Dort hat sie immer gewartet, während ich das Auto geholt habe. Aber die vielen schönen Momente empfinde ich dann auch. Das Zelt mit den Biertischen und der Grillerin bei unserer Hochzeit in unserem Garten. Sie sagte immer wieder, es war der schönste Tag in ihrem Leben.
Gestern der Blick vom Balkon auf's meines ehemaligen Nachbarn. Das sahen wir auch von der Terrasse. Stundenlang saßen wir draußen, sahen Rehe und Hasen.
Heute schöne und traurige Erinnerungen zugleich. Die ersten Besuche waren grausam. Jetzt wird es langsam besser. Als wäre es eine Therapie...ein Weg die Vergangenheit zu akzeptieren.
Liebe Grüße Billi 🌻