Liebe Sammiejoe,
ich kann Dich sehr gut verstehen. Mein Sohn ist ganz plötzlich im Januar gegangen. Er ging Samstags in die Ambulanz des Krankenhauses und wurde von dort aus in ein anderes Krankenhaus verlegt. Am nächsten Tag ist er an einer Sepsis gestorben. Er wurde 42 Jahre alt. Für mich blieb die Welt stehen. Alles ist nicht mehr wichtig und ich funktioniere eigentlich nur noch.
Er hat immer noch zu Hause gewohnt. Wir haben zusammen gearbeitet. Sein Zimmer kann ich nur schwer betreten. Anfangs habe ich nächtelang im Internet eine neue Wohnung gesucht, mich bei verschiedenen Wohnungsgesellschaften auf die Liste setzen lassen, denn ich wollte sofort ausziehen und alles ausräumen. Leider ging das nicht so schnell und so wohne ich immer noch hier.
Wir hatten ein und dieselbe Hausärztin, da kann ich nicht mehr hin. Mein Lebensgefährte hat schweres Parkinson und ich hätte eigentlich Medikamente abholen müssen. Das konnte ich nicht, das hat dann meine Tochter gemacht. Die Hausärztin habe ich sofort gewechselt.
Ich gehe nicht mehr zum Sport, zu keiner Veranstaltung, frühere Kollegen kann ich nicht mehr sehen, und wenn ich sie sehe , gehe ich ihnen aus dem Weg. Ich bin zwar Rentnerin aber immer noch freiberuflich tätig. Ich arbeite jetzt von zu Hause aus, damit ich niemanden sehen muß. Mit meinen früheren Freunden und mit meiner Schwester samt Schwager und Neffen will ich nichts mehr zutun haben. Ebensowenig mit den Nachbarn. Sehr selten telefoniere ich mit meinem Cousin, was mir sehr gut tut. Er ist 90 Jahre alt und hat die richtigen Worte für mich, die mich trösten.
Mein altes Leben ist vorbei. Ich habe das Gefühl, das mein jetziges Leben garnicht meins ist. Es ist mir total fremd geworden und ich habe das Gefühl ich es zieht wie ein Film an mir vorbei. Genau wie Du fühle ich mich sehr einsam.
Liebe Grüße Christa