Hallo ihr Lieben!
Danke für eure Nachrichten! Hab mich wirklich sehr gefreut, dass mir so viele geschrieben haben!
Jetzt zu euren Fragen:
Kate, du wolltest wissen, wie es dazu kam, dass ich meine Oma begleiten durfte.
Vorweg muss ich erst einmal klar stellen, dass diese Oma und mein Opa über die ich schreibe nicht verheiratet waren. Die Frau meines Opas, also meine andere Oma starb schon 2000, als ich zwölf war. Mein Opa war der Vater meiner Mutter und meine Oma die Mutter meines Vaters.Also, es war heilig Abend in der Früh um acht. Ich lag noch im Bett, weil ich ein Langschläfer bin . Ich wurde von meiner Mutter aufgeweckt mit den Worten "Die Oma musste heute früh ins Krankenhaus gebracht werden. Sie hatte schon einen Herzstillstand, musste wiederbelebt werden." Ich wusste, was das bedeutete. Sie war schließlich schon 91. Außerdem hatte ich die letzten Monaten schon ganz intensiv gespürt, dass sie bald sterben würde und sie selbst wusste es glaub ich auch. Sie hatte auch immer wieder mal gesagt, dass sie sterben möchte. Trotzdem lag ich in meinem Bett und mein Magen verkrampfte sich,mein Herz raßte und ich zitterte. Mein Vater sagte, dass wir ins Krankenhaus fahren müssen. Ich zog mich mit so einem unangenehmen, zögerlichen Gefühl an.Ich konnte nichts essen, weil mir so furchtbar schlecht war. Im Krankenhaus mussten wir eine halbe Ewigkeit vor der Intensivstation warten. Dann kam ein Arzt und sagte, dass sie im Moment relativ stabil ist, aber dass man in diesem Alter eben nie wissen könnte... Er fragte auch noch, falls sich ihr Zustand verschlechtert, ob lebenserhaltente Maßnahmen durchgeführt werden sollen oder nicht. Mein Vater antwortete mit Nein, weil das immer der Wunsch meiner Oma war. Wir durften zu ihr, aber mit der Anweisung nicht lange zu bleiben und sie sollte nichts reden.
Sie hatte eine Sauerstoffmaske auf und war wach. Ich ging zu ihr ans Bett und wollte ihre Hand nehmen, doch sie war irgentwie so erschrocken, fast panisch. Sie zog ihre Hand weg, versuchte sich aufzurichten, uns ständig etwas zu sagen, wollte ihre Bettdecke weg tun. Ihre Augen waren ganz groß, sie wollte uns unbedingt etwas sagen, versuchte es immer wieder, aber wir verstanden sie nicht, wegen der Maske. Das machte uns allen (meiner mum, meinem Bruder(16), meinem Vater und mir) irgentwie Angst und wir sagten, dass wir wieder gehen würden und morgen wieder kämen. Sie machte noch einen letzten Versuch etwas zu sagen, merkte, dass es keinen Sinn hat und gab auf. Legte sich wieder zum Schlafen hin.
Heilig Abend war natürlich für uns gelaufen. Aber irgentwie hoffte man wenigstens ein kleines bischen, dass es vielleicht doch wieder wird. Wobei ich mir bei ihr sicher war, dass sie stirbt. Am nächsten Morgen, so um neun wurde ich wieder von meiner mutter geweckt "Das Krankenhaus hat angerufen, der Oma gehts sehr schlecht, wir sollen sofort kommen". Also stand ich auf, es mag sich jetzt vielleicht blöd anhören, aber irgentwie genervt. Es war irgentwie so... Ich hab kein Bock des ganze scho wieder mit zu machen. Also fuhren wir wieder ins Krankenhaus. Alle furchtbar nervös, auch mein Vater, den solche Sachen eigentlich ehr kalt lassen.
Diesmal war sie nicht mehr wach, aber sie schlief auch nicht wirklich. Sie blinzelte manchmal noch leicht und versuchte ihre Augen ein wenig zu öffnen, aber sie hatte keine Kraft mehr. Ich sah, dass ihre Augen trüb waren, nicht so glänzend und lebendig wie sonst. Ich stand rechts neben ihrem Bett und hielt ihre Hand, die manchmal noch leicht zuckte. Mein Vater stand auf der linken Seite von ihrem Bett. Ich wollte am liebsten richtig heulen, aber das konnte ich vor meinem Vater nicht. Ich weinte nur leise und war darum bemüht, dass er meine Tränen nicht so sieht. Irgentwann kam der Pfarrer und gab ihr die Krankensalbung. Mein Vater redete die ganze Zeit auf sie ein, ständig sinnlose Versprechungen, um sie hier zu behalten. "Du wirst wieder gesund und dann geh ma wieder spazieren und Eis essen, usw." ´Das machte mich so sau wütend! Ich dachte "Du Arsch (sorry), sag doch einmal in deinem Leben was persönliches emotionales und nicht so ein Schmarrn, wo wir alle wissen, dass sie bald geht" Ich wollte ihr sagen, dass wir sie lieb haben und Danke für alles aber es war mir so peinlich vor meinem Vater. Es dauerte eine halbe Stunde, bis ich es schaffte, meinen ganzen Mut zusammen zu nehmen und es zu sagen. Meine Mutter und mein Bruder hielten sich ehr zurück, standen im Hintergrund. Wir waren nun schon zwei Stunden da und überlegten schon heim zu fahren, weil sich ihr Zustand in den zwei Stunden extrem verbessert hatte, beschlossen dann aber noch ein bischen zu bleiben. Ich dachte zwischendrin auch "Bitte, geh!Bitte lass sie endlich gehen!" Mein Bruder ging.Er legte sich ins Auto, wollte und konnte nicht mehr. Ich saß immer noch an ihrem Bett und hielt ihre Hand und dann war es ganz komisch, das mag sich jetzt vielleicht völlig verrückt anhören! Ich setzte mich mit meinem Drehstuhl an die Wand, weil ich irgentwie das Gefühl hatte weggedrückt zu werden. Und dann war es so, als würde ihr Mann (den ich nie kennen gelernt habe) an ihrem Bett stehen und zu ihr sagen "Marie, etz geh man dann aber langsam!"
Dann setzte ich mich wieder an ihr Bett und ihr Puls und die Atmung gingen weiter herunter. Zwischendrinn mal wieder ein bischen hoch, wenn mein Vater auf sie einredete. Sie wusste nicht mehr was sie tun sollte, sie wollte gehen, aber ihr Sohn bedrängte sie zu bleiben... Die Pfleger schickten uns dann kurz aus dem Zimmer um ihre Kissen aufzuschütteln...? Ich sah von außen zu. Auf dem Monitor zeigte es keine Herztöne mehr an. Ich ging rein und fragte was los sei, es war nur der Kontakt verrutscht. Als der Kontakt wieder dran war, ging es ganz schnell, der Puls und die Atmung sanken rapide ab, bis die Anzeige schließlich auf 0 war. Sie schnaufte noch einmal aus und war tot. Und sofort sah sie so richtig leer aus.
So, jetzt hab ich schon nen halben Roman geschrieben...
Noch kurz auf eure anderen Fragen:
Also zum Thema Alkohol wollte ich noch sagen, es ist nicht so, dass ich regelmäßig trinke. Wenn halt mal ein Fest ist oder so und da ist es halt dann häufig so, wenn ich ein bischen zu viel erwischt habe und dann daheim bin, dann kommt das halt alles. Aber zur Zeit trinke ich nichts, weil ich das nicht möchte. Wenn ich mich schon mit diesem Thema jetzt konfrontier, möchte ich das auch bei vollem Bewusstsein tun.
Christine zu deinen Fragen mit den Ängsten:
Das alles hat damit angefangen, dass ich beim Auto fahren panische Angst bekommen hab. Angst, die4 Kontrolle zu verlieren, aber nicht über das Auto sondern über mich. Irgentwie vielleicht ohnmächtig zu werden, oder so und ich hatte keine Sicherheit mehr. Der Gedanke rechts ran zu fahren machte mir noch mehr Angst, als dass er mir sicherheit gab. Dann würd ich da alleine stehen, keiner würde mir helfen und es wäre ja eigentlich auch nichts, außer, dass ich panische Angst habe. Ich habe da auch Angst vor meinen eigenen Reaktionen, was würde ich dann machen? Davon rennen? Heulend umherlaufen? Ich hab keine Ahnung.
Ich hab dann versucht einfach trotzdem Auto zu fahren und es wurde immer schlimmer,die Angst, vorallem wenn ich allein war, aber dann auch schon, wenn andere dabei waren. Es is irgentwie auch so ein "Ich halts nimmer aus! Ich schaff des nicht!"-Gefühl.
Irgentwann hab ich es, so wie du es sagtest vermieden Auto zu fahren. Was mir natürlich auch irgentwo peinlich war, denn ich musste jemanden davon erzählen um irgentwie die 60 km einfach zur Schule zu kommen. Es liegt ja nicht direkt am Auto fahren, ich kann ja gut fahren, aber diese Angst...
Natürlich hat sich die Angst dann massiv ausgebreitet, es fing dann auch an, wenn ich alleine wo hingelaufen bin. Das war dann wieder ein bischen ein anderes Gefühl. Schon auch dieses "Ich schaff des nicht!´" Und des war dann aber irgentwie so, als würde die Angst wie ein Kaugummi an meinem Rücken kleben und mich zu Boden reißen wollen. Ich fühlte mich in solchen Momenten auch so alleine, so als wäre ich von der ganzen Welt áusgeschlossen und keiner könne mir helfen. Da fällt irgentwie meine komplette Sicherheit weg und irgentwie kann sie mir auch keiner zurück geben. In solchen Situationen gehe ich dann einfach schnell weiter, darauf bedacht, dass es keiner merkt und versuche an etwas anderes zu denken um mich wieder halbwegs zu beruhigen und so eine Art "Scheinsicherheit" aufzubauen.
Ja, erst mal soviel zur Angst...
Liebe Chris und liebe Kate zu euren Fragen erst später, ich brauche jetzt erst mal eine kleine "Pause"!
Liebe Grüße, Jessica