Verzweiflung

  • Hallo!


    Ich bin Jessica und habe mich heute als Mitglied angemeldet. Ich bin auf diese Seite gestoßen, weil ich alleine irgentwie nicht mehr weiter weiß. Mir geht es zur Zeit sehr schlecht und ich habe sehr viel Angst. Zuerst wusste ich nicht, wo diese Angst herkommt, doch seit ein paar Wochen habe ich rausgefunden, dass es wahrscheinlich an den zwei Trauerfällen in meiner Familie liegt, die ich hautnah miterlebt habe.


    Leider habe ich bei beiden Fällen den Fehler gemacht, das Ganze erst einmal zu verdrängen. Ich konnte den Tatsachen einfach nicht ins Auge sehen und irgentwie will ich es auch jetzt noch nicht wirklich akzeptieren. Ich kann einfach nicht loslassen.


    Könnt ihr mir helfen?


    Liebe Grüße, Jessica

  • Liebe Jessica,
    auch von mir ein herzliches Willkommen hier bei uns - Du bist gut gelandet! Auch wenn wir Dir Deinen Schmerz nicht nehmen können, findest Du hier bei uns Menschen, die Dir zuhören. Was mich vorallem freut, ist dass Du aus der Nähe von Nürnberg kommst, wo ich mal zwei Jahre gearbeitet habe - ich mag das Frankenland total!


    Bin schon gespannt, was Du uns weiter berichten wirst!


    Liebe Grüße,
    Markus

  • Ja, ich möchte gerne mehr erzählen. Es ist so viel, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll.


    Vor drei Jahren ist mein Opa an Lungenkrebs gestorben. Er war meine wichtigste Bezugsperson. Er war wie ein Vater für mich, weil ich zu meinem Vater kein gutes Verhältnis habe. Es war damals sehr sehr schlimm für mich. Ich habe Zaras Beiträge gelesen. Ich wollte damals auch ein Lied an seiner Beerdigung singen, aber mir fehlte einfach die Kraft und auch die Unterstützung, weil meine Familie die Idde nicht gut fand. Aber sie können alle nicht nachvollziehen, was mein Opa für mich bedeutet hat. Er war mein Partner, mein Freund, mein Vater, mein Opa, er war alles für mich. Mit ihm fühlte ich mich stark. Mit ihm konnte ich alles schaffen. Und jetzt ist er nicht mehr da und ich bin alleine.


    An Weihnachten ist dann meine Oma (väterlicherseits) gestorben. Das ist irgentwie wieder anders.Da ist es nicht das Gefühl, dass so eine enge Bindung einfach wegfällt, sondern es war einfach so erschreckend für mich direkt zuzusehen, wie sie gestorben ist. Ich habe drei Stunden ihre Hand gehalten bis sie gestorben ist. Und man selbst ist so machtlos.

  • Liebe Christine,


    zu deiner zweiten Frage, ich weiß es selbst nicht genau, wie ich darauf gekommen bin, aber ich merke einfach, dass hier die Blockade liegt. Außerdem ist es so, dass immer wenn ich etwas getrunken habe das alles hochkommt und aus mir herausbricht.


    Auch hatte ich vor einiger Zeit einen Traum,der mir zeigt, dass ich das mit meinem Opa noch nicht überwunden habe.


    Liebe Grüße, Jessica

  • hallo jessica!


    als erstes ein herzliches willkommen hier an bord!
    Richtig helfen wird dir hier keiner können, aber meist ist es hilfreich gleichgesinnte zu treffen, zu erkennen, dass das was man fühlt "normal" ist und man sich dessen nicht schämen muss. Du hast sicher den richtigen schritt getan, deinem gefühl folgend, dich damit auseinanderzusetzen.
    Vielen von uns hat es schon sehr geholfen darüber zu reden, den schritt in seine eigene dunkelheit zu setzen, diese zu durchqueren, hier wirst du jedenfalls begleitung und verständnis auf diesen weg erfahren.
    Ich wünsche dir viel kraft
    ganz liebe grüße
    Mira

  • Hallo Jessica,


    zwei Menschen innerhalb von 3 Jahren zu verlieren, ist schlimm. Das reißt einfach ein riesiges Loch auf: Dein Opa war deine wichtigste Bezugsperson und bei deiner Oma beschreibst du deine "Hilflosigkeit" bei ihrem Sterben.


    "Der Tod" macht uns Menschen grundsätzlich Angst, aber wenn wir dann tatsächlich Menschen durch den Tod verlieren, die für uns wichtig sind, dann reißt er uns den Boden unter den Füßen weg. Ist es das, was dir Angst macht? - Dass du dich nicht nur hilflos fühlst, sondern auch alleine und dass du den Boden unter den Füßen verloren hast?


    Für deine Oma hast du genau das getan, was in den letzten Stunden wichtig ist und was wenige Menschen durchhalten: Du bist bei ihr geblieben und hast ihre Hand gehalten.


    Nicht alleine gelassen zu werden und Körperkontakt ist für die meisten Sterbenden das wichtigste, was Familie und Freunde für sie tun können.


    Alles Liebe!


    Christine

  • Liebe Christine,


    ja, es ist so, ich fühle mich einfach schrecklich alleine und habe wahnsinnige Angst davor. Deshalb vermeide ich es in letzter Zeit auch immer mehr alleine etwas zu unternehmen. Zu Hause kann ich gut alleine sein, aber wenn ich alleine etwas machen soll bekomme ich Angst.


    Ich fühl mich einfach auch so unverstanden. Und ich denke schon manchmal es stimmt mit mir irgentwas nicht, dass meine Reaktionen nicht normal sind!?


    Ja und ich fühle mich als würde mir der Boden unter den Füßen weggezogen. Einfach so hilflos und machtlos! Und ich erkenne mich teilweise selbst nicht mehr. Ich war früher ganz anders, irgentwie stärker!


    Ein halbes Jahr, nachdem das mit meinem Opa war, hatte ich schon einmal so eine Krise, die noch heftiger war, als die momentane. Damals bin ich jede Nacht aufgewacht und war mir sicher, dass ich jetzt gleich sterben würde. Tagsüber war mir ständig schwindelig, meine Wahrnehmung war völlig verzerrt und ich dachte, dass ich an einer schlimmen Krankheit leiden würde.


    Ich weiß nicht wie, aber das wurde dann alles plötzlich wieder besser bzw. war dann wieder weg.


    Auch deshalb denke ich, dass meine momentane Angst von den Trauerfällen kommt.


    Liebe Grüße,Jessica

  • Hallo Chris,


    danke für deine liebe Nachricht! Bei meinem Opa war das so, dass der Tumor um die Weihnachtszeit 2004 festgestellt wurde und er dann am 8. April, sechs Tage nach meinem Geburtstag 2005 gestorben ist.


    Ich habe, obwohl er Krebs hatte einfach nicht damit gerechnet, dass er sterben könnte. Ich hatte zwar Angst, dass er bei der Operation sterben könnte, weil sein Herz nicht mehr so gut war, aber als er diese Überstanden hatte, kam für mich die Möglichkeit das er sterben könnte gar nicht mehr in Betracht.


    Ja, ich war damals im ersten Jahr meiner Ausbildung und habe in einem Kindergarten gearbeitet. Also, ich bin auch jetzt noch in der Ausbildung, jetzt im September mache ich mein Berufspraktikum, also mein letztes Ausbildungsjahr.


    Weißt du vielleicht einen Rat, wie ich mit meiner Angst umgehen kann?


    Liebe Grüße, Jessica

  • Liebe Jessica !


    Herzlich willkommen auch von mir.Das du schreibst,du hst den Tod Deiner Grosseltern nicht verarbeitet und wenn Du etwas getrunken hast kommt alles heraus,erinnert mich sehr an mich als mein Vater damals starb.Ich glaube das mit dem Verdrängen funktioniert sowieso nur bis zu einem gewissen Grad.Ich war damals auch erst 18.Du warst 17 bei Deinem Opa und Deine Oma starb kurz darauf.


    Das waren zwei massive Erlebnisse in sehr kurzer Zeit und man wird in jungen Jahren mit solch einschneidenden Ereignissen konfrontiert.Um Deine Angst zu mildern solltest Du Dich mit Ihr auseinandersetzten.Ich glaube ich weiss was du fühlst.,denn ich habe den Tod immer ignoriert im jugendlichen Alter.Grosseltern,Onkeln,Tanten,Nachbarinnen,Cousins viele starben aber erst beim Tod meines Vaters wurde ich direkt betroffen,aber alles weiter Verdrängen bis es mich immer wieder eingeholt hat.Jetzt beim Tod meines Sohnes habe ich dann nichts mehr Verdrängen können.Die eigene Vergänglichkeit kommt dann ins Bewusstsein und das löst furchtbare Angst aus.


    Daher kommt dieses Gefühl den Boden unter den Füssen zu verlieren.Das eigene Weltbild kommt durcheinander und die Hilflosigkeit nichts mehr für den geliebten Menschen tun zu können erst recht.Ich hatte die letzten Monate jeden Tag Angst,vor allem aber jeder Tag wo nichts passiert beruhigt einen etwas.Ich glaube dass Angst zur Trauer gehört,leider kann man da nicht wirklich helfen aber füreinander da sein. Liebe Grüsse Chrisu

  • Liebe chrisu!


    Auch dir Danke für deinen lieben Beitrag! Ich bin sehr froh, dass ich dieses Forum gefunden habe, denn es tut gut zu wissen, dass es einem nicht alleine so geht. Ich war mir wirklich schon nicht mehr sicher, ob ich noch ganz "normal" bin!


    Das was du über das Verdrängen schreibst stimmt. Das ist bei mir auch so. Es geht immer nur bis zu einem gewissen Zeitpunkt und dann holt es mich in anderer Form immer wieder ein. In diesem Fall jetzt eben durch meine Angst.


    Liebe Grüße, Jessica

  • Ein ganz liebes hallo von mir an dich jessica !!


    Erstmal respekt von mir an dich das du deiner oma beigestanden hast....
    Ich weiss wie es ist der oma die hand zu halten wenn sie ihren letzten weg geht..!


    Und glaube mir das war der größte beweis von stärke und Mut....!!!
    Deine oma ist sicher stolz auf dich das du für sie ganz alleine für sie die kraft aufgebracht hast sie auf ihrem weg zu begleiten!


    Das mit deinem opa tut mir auch extrem leid....ich hatte zu meiner oma auch so eine starke und große beziehung...ich weiss wie du dich fühlst !
    Ich kann dir nur sagen was mir geholfen hat....ich hatte einen freund der hinter mir stand und dieses forum und ja meine musik ich schrieb ja für meine oma insgesamt drei lieder..!


    Ich hoffe das du bald wieder lachne kannst und ja ich habe dir ja auch schon auf die mail zurück geschrieben und da können wir auch weiterhin kontakt halten ich helfe dir gerne und geh mit dir den weg wenn du möchtest!!



    Liebe grüße Zara

    Lebe und denke nicht an morgen
    Vergesse nie die menschen die du liebst vergesse nie die menschen die immer hinter dir stehen
    Denn irgendwann sind sie für immer weg und du wirst es bereuen wenn du sie vergessen hast
    Schätze jeden tag und kämpfe um alles was dir wichtig ist...Lebe deine träume aus =)

  • Liebe Jessica!


    Ich möchte Dich auch herzlich hier im Forum willkommen heissen!
    Mir tut es auch sehr leid, dass Du gleich zwei geliebte Menschen innerhalb kurzer Zeit gehen lassen musstest...


    Vorweg, zum Thema Angst hat Christine schon einmal folgende, sehr einleutende Erklärung abgegeben -
    hoffentlich hilft es Dir Deine Ängste, die Dich im Moment arg plagen, besser zu verstehen.



    Ich glaube, dass jeder von uns hier diese Ängste - in welcher Form auch immer - kennt...


    Dass Du Deine Oma begleitet hast, bis zur letzten Sekunde ihre Hand gehalten hast, finde ich auch ganz stark
    und sehr besonders - damit hast Du ihr sicher ein grosses Geschenk gemacht!
    Wie kam es, dass Du sie bei ihrem letzten Weg begleiten durftest?


    Du schreibst, Du hattest eine sehr enge Bindung zu Deinem Opa - möchtest Du uns ein bisschen von ihm erzählen?


    Alles Liebe


    Kate

  • Guten Morgen Jessica,


    sorry erstmal, wenn es manchmal vorkommen kann, dass die Antworten von Christine und mir im Forum etwas länger dauern. Wir bemühen uns, immer auf dem laufenden zu bleiben, aber manchmal überschwemmt das "Tagesgeschäft" die Zeit im Forum. Ich hatte damals in Fürth gearbeitet bei www.bestattungen-burger.de, doch man ist ja auch immer im Umland auch tätig. Von damals sind mir doch Freunde geblieben und so ein- oder zweimal pro Jahr schaffe ich es noch hoch.


    Du hast innert relativ kurzer Zeit zwei unterschiedliche Verlusterfahrungen gemacht. Bei Deinem Opa steht der Schmerz des Verlusts im Vordergrund, während bei Deiner Oma eher die Hilflosigkeit im Angesicht des Todes zum Tragen kommt. Doch auch wenn Du Dich hilflos gefühlt hast, ich habe Dich in Deinen Beschreibungen nicht so erlebt - wie schon geschrieben wurde - Du warst bei Deiner Oma und hast ihre Hand gehalten - das erfordert Kraft, Mut und Dabei-Bleiben. Du kannst Dir nicht vorstellen, wie viele Menschen das nicht schaffen und doch hast Du genau instinktiv das getan, was es noch zu tun gab.


    Dass es unter dem Einfluss von Alkohol schwieriger wird, ist gut verständlich. Drogen jedweder Art spielen immer mit unseren Abwehrmechanismen und Alkohol setzt diese herab - dadurch wirkt er zwar im ersten Moment etwas angstlösend, kann dann aber eben dazu führen, dass Du einen Kontrollverlust erleidest.


    Du kannst Deinen Reaktionen ruhig vertrauen - sie sind normal. Und auch wenn die Gesellschaft von Dir erwartet, dass Du schnell nach einem Trauerfall wieder normal funktionierst, die Menschen hier im Forum können Dir bestätigen, dass das halt eben so nicht ist. Darum musst Du einfach auch ein wenig Geduld mit Dir selber haben!


    Liebe Grüße,
    Markus

  • Hallo Jessica,


    wie ich lese, bist du schon bestens bei uns aufgenommen und betreut! Was man gegen die Angst machen kann, hängt auch von der Art der Angst ab, die man hat.


    Du sagst, du hast Angst alleine zu sein, zuhause geht es dir damit gut, aber du vermeidest es, alleine etwas zu unternehmen.


    Ist es das oder hast du noch andere Ängste?


    Kannst du deine Angst oder deine Ängste noch etwas näher beschreiben: Wie fühlt sich die Angst an oder sind es Ängste? Wann treten sie auf, in welchen Situationen? Wie reagierst du auf deine Angst? (Panikattacken, Schwindel, Platzangst, ein vages Angstgefühl ....)


    Ängste lösen bei uns den Wunsch aus, die angstmachende Situation zu vermeiden. Ganz wichtig ist es, diesen Vermeidungsstrategien nicht nachzugeben, denn sie bringen dich immer noch mehr in einen Strudel der Vermeidung: Dein ganzer Alltag wird langsam ein Hindernisslauf, bei dem du deine angstmachenden Hindernisse umgehen zu versuchst und die werden mehr und mehr. Und du verlierst immer mehr und mehr deine Lebensfreude.


    Versuch also, das, was dir Angst macht, immer wieder mal zu tun - also in deinem Fall - immer wieder mal, etwas alleine zu unternehmen. Dann siehst du, dass es gar nicht so schlimm ist, wie du dir vorstellst und kannst deine Angst langsam abbauen. Aber: Mach in deiner "Angst-Therapie" kleine Schritte und überforder dich nicht gleich mit einem großen Ausflug. Step by Step!


    Wichtig: Das gilt natürlich nur für Dinge, die nicht wirklich gefährlich sind. Es gibt ja Dinge, die lösen Angst aus, weil sie WIRKLICH gefährlich sind. Die darf man natürlich meiden.


    Du sagst, dass du stark emotional reagierst, wenn du etwas getrunken hast: Vielleicht wäre es derzeit besser nichts, sehr wenig, zumindest aber nicht mehr als dir gut tut zu trinken. Alkohol senkt unsere Kontrollfunktionen und verstärkt Emotionen.


    Es ist schon in Ordnung, wenn bei dir alle Emotionen hochkommen und du nicht mehr dauernd verdrängst, aber mit Alkohol wird die Wahrnehmung verzerrt und Emotionen werden dadurch auch verstärkt und verzerrt wahrgenommen. Das hilft nicht. Gleichzeitig führt zu viel Alkohol spätestens am nächsten Tag zu depressiven Verstimmungen und dann führt die Spirale immer weiter nach unten!


    Alles Liebe!


    Christine

  • Hallo ihr Lieben!


    Danke für eure Nachrichten! Hab mich wirklich sehr gefreut, dass mir so viele geschrieben haben!


    Jetzt zu euren Fragen:


    Kate, du wolltest wissen, wie es dazu kam, dass ich meine Oma begleiten durfte.


    Vorweg muss ich erst einmal klar stellen, dass diese Oma und mein Opa über die ich schreibe nicht verheiratet waren. Die Frau meines Opas, also meine andere Oma starb schon 2000, als ich zwölf war. Mein Opa war der Vater meiner Mutter und meine Oma die Mutter meines Vaters.Also, es war heilig Abend in der Früh um acht. Ich lag noch im Bett, weil ich ein Langschläfer bin :sleeping:. Ich wurde von meiner Mutter aufgeweckt mit den Worten "Die Oma musste heute früh ins Krankenhaus gebracht werden. Sie hatte schon einen Herzstillstand, musste wiederbelebt werden." Ich wusste, was das bedeutete. Sie war schließlich schon 91. Außerdem hatte ich die letzten Monaten schon ganz intensiv gespürt, dass sie bald sterben würde und sie selbst wusste es glaub ich auch. Sie hatte auch immer wieder mal gesagt, dass sie sterben möchte. Trotzdem lag ich in meinem Bett und mein Magen verkrampfte sich,mein Herz raßte und ich zitterte. Mein Vater sagte, dass wir ins Krankenhaus fahren müssen. Ich zog mich mit so einem unangenehmen, zögerlichen Gefühl an.Ich konnte nichts essen, weil mir so furchtbar schlecht war. Im Krankenhaus mussten wir eine halbe Ewigkeit vor der Intensivstation warten. Dann kam ein Arzt und sagte, dass sie im Moment relativ stabil ist, aber dass man in diesem Alter eben nie wissen könnte... Er fragte auch noch, falls sich ihr Zustand verschlechtert, ob lebenserhaltente Maßnahmen durchgeführt werden sollen oder nicht. Mein Vater antwortete mit Nein, weil das immer der Wunsch meiner Oma war. Wir durften zu ihr, aber mit der Anweisung nicht lange zu bleiben und sie sollte nichts reden.


    Sie hatte eine Sauerstoffmaske auf und war wach. Ich ging zu ihr ans Bett und wollte ihre Hand nehmen, doch sie war irgentwie so erschrocken, fast panisch. Sie zog ihre Hand weg, versuchte sich aufzurichten, uns ständig etwas zu sagen, wollte ihre Bettdecke weg tun. Ihre Augen waren ganz groß, sie wollte uns unbedingt etwas sagen, versuchte es immer wieder, aber wir verstanden sie nicht, wegen der Maske. Das machte uns allen (meiner mum, meinem Bruder(16), meinem Vater und mir) irgentwie Angst und wir sagten, dass wir wieder gehen würden und morgen wieder kämen. Sie machte noch einen letzten Versuch etwas zu sagen, merkte, dass es keinen Sinn hat und gab auf. Legte sich wieder zum Schlafen hin.


    Heilig Abend war natürlich für uns gelaufen. Aber irgentwie hoffte man wenigstens ein kleines bischen, dass es vielleicht doch wieder wird. Wobei ich mir bei ihr sicher war, dass sie stirbt. Am nächsten Morgen, so um neun wurde ich wieder von meiner mutter geweckt "Das Krankenhaus hat angerufen, der Oma gehts sehr schlecht, wir sollen sofort kommen". Also stand ich auf, es mag sich jetzt vielleicht blöd anhören, aber irgentwie genervt. Es war irgentwie so... Ich hab kein Bock des ganze scho wieder mit zu machen. Also fuhren wir wieder ins Krankenhaus. Alle furchtbar nervös, auch mein Vater, den solche Sachen eigentlich ehr kalt lassen.


    Diesmal war sie nicht mehr wach, aber sie schlief auch nicht wirklich. Sie blinzelte manchmal noch leicht und versuchte ihre Augen ein wenig zu öffnen, aber sie hatte keine Kraft mehr. Ich sah, dass ihre Augen trüb waren, nicht so glänzend und lebendig wie sonst. Ich stand rechts neben ihrem Bett und hielt ihre Hand, die manchmal noch leicht zuckte. Mein Vater stand auf der linken Seite von ihrem Bett. Ich wollte am liebsten richtig heulen, aber das konnte ich vor meinem Vater nicht. Ich weinte nur leise und war darum bemüht, dass er meine Tränen nicht so sieht. Irgentwann kam der Pfarrer und gab ihr die Krankensalbung. Mein Vater redete die ganze Zeit auf sie ein, ständig sinnlose Versprechungen, um sie hier zu behalten. "Du wirst wieder gesund und dann geh ma wieder spazieren und Eis essen, usw." ´Das machte mich so sau wütend! Ich dachte "Du Arsch (sorry), sag doch einmal in deinem Leben was persönliches emotionales und nicht so ein Schmarrn, wo wir alle wissen, dass sie bald geht" Ich wollte ihr sagen, dass wir sie lieb haben und Danke für alles aber es war mir so peinlich vor meinem Vater. Es dauerte eine halbe Stunde, bis ich es schaffte, meinen ganzen Mut zusammen zu nehmen und es zu sagen. Meine Mutter und mein Bruder hielten sich ehr zurück, standen im Hintergrund. Wir waren nun schon zwei Stunden da und überlegten schon heim zu fahren, weil sich ihr Zustand in den zwei Stunden extrem verbessert hatte, beschlossen dann aber noch ein bischen zu bleiben. Ich dachte zwischendrin auch "Bitte, geh!Bitte lass sie endlich gehen!" Mein Bruder ging.Er legte sich ins Auto, wollte und konnte nicht mehr. Ich saß immer noch an ihrem Bett und hielt ihre Hand und dann war es ganz komisch, das mag sich jetzt vielleicht völlig verrückt anhören! Ich setzte mich mit meinem Drehstuhl an die Wand, weil ich irgentwie das Gefühl hatte weggedrückt zu werden. Und dann war es so, als würde ihr Mann (den ich nie kennen gelernt habe) an ihrem Bett stehen und zu ihr sagen "Marie, etz geh man dann aber langsam!"


    Dann setzte ich mich wieder an ihr Bett und ihr Puls und die Atmung gingen weiter herunter. Zwischendrinn mal wieder ein bischen hoch, wenn mein Vater auf sie einredete. Sie wusste nicht mehr was sie tun sollte, sie wollte gehen, aber ihr Sohn bedrängte sie zu bleiben... Die Pfleger schickten uns dann kurz aus dem Zimmer um ihre Kissen aufzuschütteln...? Ich sah von außen zu. Auf dem Monitor zeigte es keine Herztöne mehr an. Ich ging rein und fragte was los sei, es war nur der Kontakt verrutscht. Als der Kontakt wieder dran war, ging es ganz schnell, der Puls und die Atmung sanken rapide ab, bis die Anzeige schließlich auf 0 war. Sie schnaufte noch einmal aus und war tot. Und sofort sah sie so richtig leer aus.


    So, jetzt hab ich schon nen halben Roman geschrieben...


    Noch kurz auf eure anderen Fragen:


    Also zum Thema Alkohol wollte ich noch sagen, es ist nicht so, dass ich regelmäßig trinke. Wenn halt mal ein Fest ist oder so und da ist es halt dann häufig so, wenn ich ein bischen zu viel erwischt habe und dann daheim bin, dann kommt das halt alles. Aber zur Zeit trinke ich nichts, weil ich das nicht möchte. Wenn ich mich schon mit diesem Thema jetzt konfrontier, möchte ich das auch bei vollem Bewusstsein tun.


    Christine zu deinen Fragen mit den Ängsten:


    Das alles hat damit angefangen, dass ich beim Auto fahren panische Angst bekommen hab. Angst, die4 Kontrolle zu verlieren, aber nicht über das Auto sondern über mich. Irgentwie vielleicht ohnmächtig zu werden, oder so und ich hatte keine Sicherheit mehr. Der Gedanke rechts ran zu fahren machte mir noch mehr Angst, als dass er mir sicherheit gab. Dann würd ich da alleine stehen, keiner würde mir helfen und es wäre ja eigentlich auch nichts, außer, dass ich panische Angst habe. Ich habe da auch Angst vor meinen eigenen Reaktionen, was würde ich dann machen? Davon rennen? Heulend umherlaufen? Ich hab keine Ahnung.


    Ich hab dann versucht einfach trotzdem Auto zu fahren und es wurde immer schlimmer,die Angst, vorallem wenn ich allein war, aber dann auch schon, wenn andere dabei waren. Es is irgentwie auch so ein "Ich halts nimmer aus! Ich schaff des nicht!"-Gefühl.


    Irgentwann hab ich es, so wie du es sagtest vermieden Auto zu fahren. Was mir natürlich auch irgentwo peinlich war, denn ich musste jemanden davon erzählen um irgentwie die 60 km einfach zur Schule zu kommen. Es liegt ja nicht direkt am Auto fahren, ich kann ja gut fahren, aber diese Angst...


    Natürlich hat sich die Angst dann massiv ausgebreitet, es fing dann auch an, wenn ich alleine wo hingelaufen bin. Das war dann wieder ein bischen ein anderes Gefühl. Schon auch dieses "Ich schaff des nicht!´" Und des war dann aber irgentwie so, als würde die Angst wie ein Kaugummi an meinem Rücken kleben und mich zu Boden reißen wollen. Ich fühlte mich in solchen Momenten auch so alleine, so als wäre ich von der ganzen Welt áusgeschlossen und keiner könne mir helfen. Da fällt irgentwie meine komplette Sicherheit weg und irgentwie kann sie mir auch keiner zurück geben. In solchen Situationen gehe ich dann einfach schnell weiter, darauf bedacht, dass es keiner merkt und versuche an etwas anderes zu denken um mich wieder halbwegs zu beruhigen und so eine Art "Scheinsicherheit" aufzubauen.


    Ja, erst mal soviel zur Angst...


    Liebe Chris und liebe Kate zu euren Fragen erst später, ich brauche jetzt erst mal eine kleine "Pause"!


    Liebe Grüße, Jessica

  • Liebe Jessica,


    nimm´ Dir immer die Zeit, die Du brauchst - auch im Forum! Manche Fragen beantworten sich gleich & leicht, andere schwerer und/oder später, andere vielleicht gar nicht. Wie wir festgestellt haben, ist es ein grosser Vorteil vom Forum (im Gegensatz zu Chats oder Messenger), dass es eben nicht in Real-Time funktioniert. Dadurch kann man mal was sacken lassen und es dürfen auch ruhig mal ein paar Tage bis zur nächsten Antwort vergehen...


    Nur so als Hinweis!


    Liebe Grüße,
    Markus

  • Ach, was mir zu den Ängasten noch einfällt, ich habe Angst wenn ich dann irgentwie weiter weg bin von zu Hause, auch wenn es nicht weit ist, zwanzig Kilometer, oder so, wenn ich etwas unternehme. Dann fällt irgentwie meine "Sicherheit" weg.


    Ich habe irgentwie immer Angst ohnmächtig zu werden, also die Kontrolle über meinen Körper zu verlieren oder keine Luft mehr zu bekommen.


    Wenn ich dann irgentwo einen Arzt sehe denke ich "Gott sei Dank, ein Arzt ist da!" Aber wirklich Sicherheit gibt mir das auch nicht, weil der auch nicht wirklich was machen kann!


    Grüße,Jessica