Liebe NoraLu,
es ist klar, dass es furchtbar schwer ist für dich, den kleinen Niels so trauern zu sehen. Er ist in einem Alter, in dem er noch zu wenig verstehen kann, was der Tod bedeutet: Nämlich, dass er nicht nur ein Schlaf ist, sondern etwas Endgültiges. Ich finde es gut, dass Niels seinen Vater noch einmal sehen durfte, das ist sehr wichtig für Kinder. Die Krankenhäuser werden da Gott sei dank allmählich sensibler, was den Besuch von Kindern bei Sterbenden oder Verstorbenen betrifft.
Vermeide es, ihm den Tod als Schlaf zu erklären, versuche ihm vielmehr zu erklären, dass sein Herz, seine Lungen, sein Gehirn tot sind bzw. nicht mehr funktionieren, sodass er nicht mehr sehen, hören, riechen, sprechen, spüren, schmecken kann ... Kinder verstehen den Tod als das Stoppen aller Vitalfunktionen allmählich ab ca. 4 Jahren, aber manche sind schon früher dran. Wie hat es ihm denn die Psychologin erklärt?
Kinder trauern anders, weil sie weniger verstehen und Trauer "schlechter" ausdrücken können. Sie haben eine wichtige Bewältigungsstratgie weniger als Erwachsene: Sie können noch nicht sehr differenziert darüber nachdenken, was passiert ist, und es mangelt ihnen auch noch an sprachlichen Möglichkeiten des Ausdrucks. Die Trauer zum Ausdruck zu bringen, ist aber sehr wichtig: Und deshalb ist es gut, wenn er nach seinem Papa fragt und "weint", das ist seine Ausdrucksweise der Trauer. Kinder drücken Trauer auch oft in Verhaltensveränderungen oder über den Körper aus. Trauerreaktionen kommen bei Kindern sehr häufig zeitverzögert. Darum ist es gut, wenn Niels weiter von der Psychologin betreut wird, denn sie kann diese Reaktionen rasch erkennen und euch unterstützen.
Du wirst schon bemerkt haben, dass Niels mal traurig ist und dann wieder ganz unbeschwert spielt, als hätte er seinen Papa kurzzeitig vergessen. Das ist das gesunde Pendeln zwischen Trauer und Erholung bei Kindern (gibts bei Erwachsenen übrigens auch). Kinder kommen mit angeborenen Trauerbewältigungsmustern auf die Welt, dieses Pendeln hilft ihnen die Trauer in bewältigbaren Portionen zu bearbeiten.
Daher müsst ihr seinen Geburtstag unbedingt auch ein bisschen feiern, damit sich Niels zwischendurch mal freuen kann und dass er merkt, dass das Leben doch weitergeht und Struktur hat. Struktur, das sind geregelte Tagesabläufe, Geburtstage, Feiertage, Feste, Gedenktage - alles was sich wiederholt, das gibt Sicherheit, denn Vertrautes schafft Vertrauen! Es muss ja keine große Feier sein, vielleicht kann deine Mutter einfach einen Kuchen backen und euch einladen. Das genügt vollkommen für ein 3jähriges Kind.
Mehr zur Trauer findest du in unserem Ratgeber:
ASPETOS-Trauerratgeber
Alles Liebe und viel, viel Kraft
Christine