Liebe Katrien,
nun komm ich endlich dazu deine Beiträge zu lesen und auch zu antworten. Ich hatte wirklich den Eindruck, dass du und deine Mutter eine sehr enge und freundschaftliche Beziehung hattet, von den Problemen, die es gab, hast du uns nichts erzählt. Es ist normal, dass Trauernde ihre Verstorbenen in der Anfangszeit der Trauer idealisieren und verherrlichen, es ist aber auch wichtig, dass sie es mit der Zeit schaffen, sie wieder differenziert zu sehen, mit all ihren guten und schlechten Seiten (die wir Menschen ALLE nun einmal haben, auch du und ich). Wenn dieser differnzierte Blick auf unsere Verstorbenen nicht gelingt, laufen wir Gefahr, dass wir in der Trauerarbeit stecken bleiben, weil wir uns nicht lösen können, weil wir zu sehr an diesem Idealbild kleben bleiben. Du denkst ja wirklich ständig an deine Mutter, das ist zunächst auch normal im Trauerprozess, aber wenn man natürlich zusätzlich an einem Idealbild festhalten will, das mit der Wirklichkeit so nicht übereinstimmt, dann arbeitet man ja ständig dran, die negativen Erinnerungen abzuwehren und zu verleugnen. Das kostet Kraft und fixiert die Gedanken gleichzeitig, weil du ständig dran bist über die "bröckelnden Stellen drüberzupinseln". Und weil die immer wieder nachbröckeln, kommst du nicht los.
Gleichzeitig wird dann auch das Bild von der Umwelt sehr "schwarz-weiß": Die verstorbene Mutter muss ja "die GUTE" sein, also wird jemand anderer (z.B. die Psychologin) "die BÖSE".
Wenn es dir mit der Verherrlichung deiner Mutter so gut gegangen wäre, dann wärst du nicht hierhergekommen. D.h. du weißt ja eigentlich, dass es dir nicht gut geht, du weißt ja, dass du Probleme hast, du weißt ja, dass eure Beziehung nicht so rosig war, ... aber du WILLST es andererseits auch nicht akzeptieren.
Ich bin jetzt einmal gespannt, was der Psychiater meint und dann sehen wir weiter. Dennoch: Lass das Bild ruhig bröckeln. Setz dich daneben hin, schau zu, wie es bröckelt - sie bleibt ja trotzdem deine Mutter und habe keine Angst, du wirst dann auch sehen, dass das Bild stimmig wird, auch wenn es kein rosarotes sein wird. (Nebenbei rosarote Bilder sind furchtbar, wenn es nach meinem Geschmack geht!
)
:24: Christine