Meine Lieben,
Angst ist zuallerst eine lebenswichtige Emotion, die uns schützt. Aber wie bei vielem ist es auch bei der Angst die Dosis, von der abhängt, ob sie uns schützt oder krank werden lässt. Es gibt Ängste, mit denen wir umgehen lernen müssen: Die Angst vor dem eigenen Tod, die Angst davor, (wieder) einen lieben Menschen zu verlieren, sind solche Ängste. Ob ich gesund damit umgehe, hängt davon ab, wieviel Raum ich dieser Angst gebe. Wenn sie mich allumfassend umgibt und durchdringt, dann lähmt sie mich und erzeugt Stress. Man kommt aus dem Ängstlichsein nicht heraus, man grübelt, ist übererregt, schreckhaft, vermeidend, man bekommt Panikattacken und vielleicht sogar eine richtige Angststörung.
Wenn die reale Angst, (wieder) jemanden zu verlierenan an einem Tag da ist und am anderen nicht, wenn wir uns also in einer Balance befinden zwischen der Abwehr der Angst und der Beschäftigung damit, dann wird sie aushaltbar. Grundsätzlich finde ich Angies Ansatz gesund: Sich erst dann aufregen und ängstigen, wenn tatsächlich etwas passiert ist, das den Anlass dazu gibt. Sich den eigenen Ängste zu stellen, ist grundsätzlich gut, Bewältigungsstrategien zu suchen auch. Ängste "einzuladen", den Fokus zu sehr auf die eigenen Ängste zu lenken, das birgt aber immer die Gefahr, dass die überdosierte Beschäftigung damit unsere Amygdala (das Angstzentrum im Gehirn) zu sehr aktiviert und dann kommen wir schnell in eine Spirale von Angst-Stress-Lähmung-Vermeidung- Angst-Stress etc., aus der es schwierig ist, wieder herauszukommen.
Kurz nachdem wir einen Menschen verloren haben, ist die Amygdala aktiviert, unser Urvertrauen ist dadurch recht brüchig und wir tun uns schwerer unsere Ängste in Schach zu halten. Das ist ganz normal. Die meisten Menschen können auch nie mehr so sorgenfrei durchs Leben gehen, wie sie es vorher gekonnt haben, weil sie erleben haben müssen, dass die eigene Unverletzlichkeit Illusion ist und das Leben ungerecht. Dennoch haben wir ein Schutzprogramm in unserem genetischen Rucksack, das uns grundsätzlich erlaubt, mit unseren Ängste wieder umgehen zu lernen. Darauf dürfen wir vertrauen!
AL Christine