Hallo Lisi,
herzlich Willkommen bei uns! Wenn jemand so jung und unter so tragischen Umständen sterben muss, dann ist das sehr schlimm. Sehr schlimm für die Hinterbliebenen sind allerdings auch die Gerüchte, die über das Sterben und die letzten Minuten ihres Verstorbenen weitererzählt werden. Die Menschen, die diese Geschichten weitererzählen, waren meist nicht selbst dabei, sie haben keine Ahnung über Eingriffe und Abläufe in der Klinik, sie haben kein medizinisches Wissen …. Und sie neigen dann dazu, noch ein bissl was dazuzuerfinden. Und das scheint hier auch der Fall zu sein.
Wenn bei deinem verstorbenen Bekannten Organe entnommen wurden, dann sicher nicht nachdem "die Maschinen" abgeschalten wurden. Organentnahme findet durch eine Operation unter Narkose statt, der Organspender wird beatmet und der Kreislauf muss aufrecht erhalten werden.
Narkose wird eingesetzt, weil Organspender ohne Narkose bei der Entnahme von Organen mitunter Stressreaktionen zeigen. Das will man verhindern, weil wir letztlich nicht hundertprozentig wissen, wie empfindungsfähig wir am Ende sind, auch wenn wir schon "hirntot" sind. Der Hirntod muss bei einem Organspender 100% sicher diagnostiziert werden, und zwar von zwei voneinander unabhängigen Ärzten. „Hirntod“ heißt, dass der Tod nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, d.h.: Der Tote kann unter keinen Umständen wieder reanimiert werden oder von selbst zu atmen beginnen.
Allerdings haben wir Rezeptoren im Rückenmark, die bei stabilem Kreislauf (machen die Maschinen) nach dem Hirntod in ihrer Funktion noch nicht beeinträchtigt sind und die können zu Spontanbewegungen und zum Anstieg von Blutdruck und Herzfrequenz führen. Deshalb wird der Organspender relaxiert und ein Blutdruck- und Herzfrequenzanstieg wird mit entsprechenden Medikamenten behandelt.
Man hat dir hier einfach Falsches erzählt. Die Verletzungen nach dem Unfall waren sicher so schwer, dass dein Bekannter ohne Herz-Lungen-Maschine nicht weiterleben und selbstständig atmen hätte können. Beim Abschalten der Maschinen bzw. wenn ein Mensch stirbt, kann es aber passieren, dass sich der sterbenden Mensch nochmal reflexartig bewegt.
In Österreich ist man, wenn man sich nicht ins Widerspruchregister eingetragen hat, automatisch Organspender. Markus und ich stehen dieser Vorgangsweise aus verschiedenen Gründen sehr kritisch gegenüber.Wie auch immer: Über eine Organspende muss natürlich immer vor einer Obduktion entsschieden werden.
Du hilfst den Hinterbliebenen, indem du die Geschichten, die sich um den Tod deines Bekannten ranken, nicht weitererzählst bzw. die Leute, die diese Geschichten erzählen, darauf hinweist, dass sie keine Ahnung haben.
Alles Liebe
Christine