Morgen ist es 9 Monate her, seitdem mein Geliebter nicht mehr hier ist. Die Zeit vergeht , die Tage gleichen einander,9 Monate habe ich schon überstanden. Ich wußte ja, dass ich alleine leben kann, falls man das Leben nennen will.
Irgendwie dachte ich, dass es mit der Zeit besser würde, dass die verzehrende Sehnsucht weniger würde, aber das stimmt nicht.
Entstanden ist eine gewisse Akzeptanz, eine totale Gleichgültigkeit und das Gefühl , sich selber beim Agieren zu beobachten.
2 bis 3 mal die Woche treffe ich Bekannnte oder Freunde, nach ein paar Stunden ist mir das schon zu anstrengend.
Egal was ich mache, es kommt mir wie eine Pflichtübung vor. Gehe noch brav ins Fitnessstudio, obwohl es mir nicht mal Spaß macht , aber es vergeht Zeit dabei und gesund ist es auch. Fahre einmal die Woche ins Solarium,stelle mir dabei vor, dass ich am Strand liege und er bei mir wäre.
Am liebsten schlafe ich, denn da muss ich nicht denken, nicht fühlen, mich nicht beherrschen und kann in meiner Traumwelt dahintreiben, wo wir händchenhaltend auf der Terasse sitzen und den Sonnenuntergang beobachten.
Irgendwie steht die Welt für mich still, ich weiß oft nicht, was für ein Tag ist, vergesse Termine, weil es mir einfach gleichgültig ist.
Komme mir vor wie im Wartesaal, wäre so gerne bei ihm.
Nach außen hin "funktioniere" ich ganz gut und vermutlich ist es das, worauf es ankommt.Nur mir selbst kommt das ganze wie eine Farce und vollkommen sinnlos vor. Mache jetzt endlich Ernst mit der Schlafzimmerrenovierung, nicht weil es mich freut, sondern nur um etwas zu tun. Immer wieder kommen rabenschwarze Gedanken: ich muss alles aufräumen und aussortieren, für den Fall, dass ich sterbe, damit meine Tochter nicht soviel Arbeit hat.
oder wenn ich im Stiegenhaus hinaufschaue, denke ich mir oft, dass man da vom 7. Stock sicher leicht herunterspringen könnte.
Denkt ihr auch manchmal so einen Unsinn?
Und immer diese Durchhaltparolen: Du mußt nach vorne schauen, du mußt dein Leben leben.... Fakt ist, dass ich gar nichts mehr muss und das ist erschreckend.
Wenn ich sterben würde, würde das vermutlich wie bei meinem Bruder sein, nach 1 Woche würde man mich vielleicht vermissen. Irgendwie komm ich mir so unnötig vor, alle rund um mich haben ein Leben, eine Aufgabe und ich muss nichts außer SEIN.
Vielleicht liegt es daran, dass ich nicht in Ruhe trauern konnte. Da waren gleich nach seinem Tod die bösen ungerechtfertigten Anschuldigungen seiner Schwester, der anstrengende Umzug meiner Tochter, ich mußte kämpfen, funktionieren, dabei wollte ich damals am liebsten irgendwo hin, wo ich laut schreien hätte können, irgendwas zerschlagen hätte können (wo kann man das in einer Stadt?). Und jetzt habe ich Zeit zum Denken, Erfassen und das ist einfach schrecklich.
Manchmal habe ich das Gefühl, nicht mehr existent zu sein, ich definiere mich nur mehr über meine Trauer, wenn ich die loslasse, dann gibt es mich auch nicht mehr.