liebe Marsue ....ich habe zwar keine eigenen Kinder doch habe ich hautnah und lange miterlebt wie es war als mein Schwager bei einem Autounfall ums Leben kam ....meine Nichte war damals knapp 5 mein Neffe 8 Jahre ....ich glaube damals wurden alle Fehler begangen die man nur machen kann.Ich selbst konnte mich damals leider nicht durchsetzen bei der "Übermacht" der Familie ....sie handelten im Kollektiv und wieder denke ich alles falsch gemacht was ging ....im Gegensatz zu dir denn du hast da für meine Begriffe absolut richtig gehandelt und tust es immer noch ....
als mein Schwager starb und wir per Telefon die Nachricht erhielten war meine Schwester natürlich am Boden zerstört ...29 und plötzlich Witwe ...sie hat sich extrem in ihrem Schmerz vergraben und sich nur auf sich konzentriert ....den Kids wurde nichts erklärt ,keine Trauertherapie für sie denn sie waren ja noch so klein ( O Ton der Familie)und würden es sowieso nicht verstehen was da passiert war.....
Kinder kapieren mehr und schneller als so mancher Erwachsene ....zuerst war ich selbst total neben mir doch ich hab mir dann die beiden geschnappt und mit ihnen einen langen Spaziergang gemacht und versucht ihnen zu erklären was passiert war ....mein kleiner Neffe war der Verweigerer ...er hatte leider einen Tag bevor sein Papa weg fuhr um nicht mehr wiederzukommen mit ihm gestritten und zu ihm gesagt er wolle der Papa wäre tot ....etwas das er bis heute (mittlerweile30) nie vergessen hat und eben sowenig verarbeitet ....die beiden durften nicht auf die Beerdigung was ich bis heute falsch finde ....man hätte ihnen selbst die Entscheidung lassen sollen ....ich denke bis heute das es wichtig gewesen wäre das sie sich verabschieden können ....meine Nichte wollte als meine Schwester mit ihnen nach Wochen das Grab besuchte (auf Drängen der Kinder!!!),mit ihren bloßen kleinen Händchen ihren Papa ausgraben ....es war schrecklich diesen Kummer, diesen Zorn zu sehen den beide Kinder in sich trugen und der nicht raus konnte ....
Ich bekam das Verbot mit ihnen darüber weiter zu sprechen weil alle meinten das hätte dazu geführt das die beiden so reagierten wie sie es taten in ihrem Unvermögen ihrer Verzweiflung einen Namen zu geben.
Ich für mich glaube das es gerade wichtig ist den Kinder nicht nur zu erklären wie das Kinder bekommen vor sich geht sondern ihnen auch den Tod erklärt .... Kinder sind so aufgeschlossene ,hellsichtige kleine Wesen die man davor nicht beschützen muss ....deswegen meine ich das du Marsue es absolut richtig machst ....sie wachsen daran und lernen auch das Sterben ,den Tod als etwas zu sehen das nun mal zum Leben gehört auch wenn es Schmerzen bereitet ... ...und sie können dir selbst soviel damit zurückgeben ...man muss es nur annehmen ....
Meine Nichte hatte damals auch einen Traum in der Nacht als ihr Papa starb ...sie wachte schreiend auf ,weinte und sagte immer wieder ...ich seh meinen Papa nicht mehr ...er kommt nicht mehr ...sie sollte recht behalten .....diese Kleine (meine Herzenstochter ,sie wuchs mehr bei mir auf ) heute selbst Mama ,hat mir immer Löcher in den Bauch gefragt über das Sterben und den Tod ...wir haben viel geredet und ihr Verhältnis zum Tod heute ist ein Gesundes denke ich.....als mein Mann vor einigen Monaten starb (sie war seine Trauzeugin und er ihr Ersatzpapa)kam sie hochschwanger zum Verabschieden ...sie war die Einzige von der Familie die keine Scheu vor dem toten Körper hatte ...sie setzte sich zu uns ,streichelte seinen Arm und erzählte ihm vom Kleinen der 3 Tage später geboren wurde ....jetzt 3 Monate später erzählt sie ihrem Baby immer wieder von ihrem geliebten Onkel Thomas ....und das er nun sein Schutzengel ist und auf ihn aufpasst ....
Mein Neffe hingegen tut sich schwer überhaupt auf eine Beerdigung zu gehen ....erst bei der Verabschiedung meines Mannes hat er auch angefangen sich mit dem Tod seines Vater auseinander zu setzen ...wir reden jetzt viel darüber ,ich musste 22 Jahre warten das er von sich aus darauf zu sprechen kam ..da war ziemlich viel zum Aufarbeiten ...ich denke auch er kann endlich anfangen den Tod als nichts Böses ,Gemeines zu sehen ...
die beiden und ich haben da die selbe Theorie entwickelt bezw. die selben Hoffnungen oder auch Glaube ...wie immer man das nennen will .....alle drei sind wir nicht religiös wir glauben jedoch an die Macht des Universums und das wir ,unsere Energie /Seele wieder dorthin zurückkehrt ...wir sind alle nur Sternenstaub hat mein Neffe zu mir gesagt als mein Mann starb ....diese Vorstellung finde ich schön ...ein ewiger Energiefluss ,ein ewiges Sein in anderer Form .....
liebe Grüsse aus Wien an eine tolle ,starke Frau und Mama