Hallo ihr Lieben
Eigentlich wollte ich heute nacht nicht schreiben, aber ich tue es nun doch, denn ich möchte einige der hier geschriebenen Gedankengegänge nicht unkommentiert so stehen lassen. z.B.
Zitat Kelpie:"Die nehmen das besser, als du denkst."
Liebe Kelpie, ich empfinde diese Aussage - so wie sie hier formuliert wurde - als sehr überheblich und vermessen - sehr verallgemeinernd ( das ist jetzt mein Gefühl )
Wer will/darf als Außenstehender, als ein nicht Betroffenener beurteilen, wie sich solche Patienten fühlen.? Mukoviszidose ist eine sehr, sehr, sehr schwere Erkrankung. Es ist jahrelanges Leid. - mit dem Versuch, - dennoch das Beste aus dem bisschen Leben, das einem bleibt, zu machen. Und das ist verdammt schwer.! Mit einem gebrochenen Arm/Bein, mit einer starker Bronchitis ( hier kann jetzt jede beliebige, heilbare Erkrankung eingesetzt werden ), muss man sehen, wie man mit dem täglichen Leben klarkommt,und das i.d.R. allerdings nur für eine begrenzte Zeit. Doch bei M. ist dieses "klarkommen müssen" dauerhaft - bei kontinuierlich nachlassenden Körperkräften - mit vielen zusätzlichen, sich aus der Krankheit ergebenden anderen Erkrankungen. und mit dem Wissen, dass man in jungen Jahren daran sterben wird, ohne Aussicht auf Heilung.! ( zumindest bis jetzt) .Tag für Tag die ständige Angst im Nacken und die Frage :wie geht es weiter?. Mit äußerst quälenden Hustenattacken, mit teilweise stundenlang dauernden täglichen Therapien, quälenden Nebenwirkungen usw.
Das ist sicherlich sehr belastend .Das ist sicher nicht einfach, nicht spaßig. Das steckt man nicht so leicht weg...Keiner!
Niemandem nehme ich ab, dass man so locker damit leben kann. Ganz ehrlich, wer an einer unheilbaren Krankheit leidet, der hat Angst. Alles andere wäre nicht normal. Wer das Gegenteil behauptet lügt, oder verdrängt oder will einfach nur seine Lieben schützen. Es gibt Zeiten in denen man da ganz schön verzweifelt ist.
Was bitte schön ist an Angst, was an Verzweiflung leicht zu ertragen, leicht wegzustecken?. Woher nimmst du das Wissen, wie diese Menschen fühlen? Hast du selbst M.?
OK, du leidest an Asthma - das ist auch sehr schlimm - aber das ist nicht Mukoviszidose. Bei Asthma. bekommt man während eines Anfalls keine Luft,oder zwischendurch. Bei M. ist dieser Zustand eher ständig, eben auf Dauer ( zumindest in der Endphase ).Das ist ein gewaltiger Unterschied - glaube mir.
Dieser elendige, fest klebrige Schleim, die GROSSE Menge an Schleim ....Man hustet nahezu den ganzen Tag , kämpft Stunde um Stunde mit dem Atmen. Jeder Atemzug ist eine Qual. "Normale" Menschen denken nicht ans Atmen, brauchen es nicht , denn es funktioniert bei ihnen völlig automatisch. Bei M. ist es anders. Mukoviszidose verlangt dem Patienten UND seiner Familie enorm viel ab. U.a. tgl. massenweis Tabletten schlucken müssen, oft wochenlange (manchmal monatelange) Krankenhausaufenthalte, haufenweise Antibiotikainfusionen, auf so vieles im Leben verzichten müssen, tgl. stundenlang dauernde Therapien, und und und. Das soll einfach sein (" die nehmen das besser, als ....")?
Ich glaube, ich kann mich ein wenig in einen M.patienten hineinversetzen denn ich habe einen angeborenen Alpha-1-Antitrypsin-Mangel (dieser Mangel an körpereigenem Ei-
weiß führt dazu, dass die Schutzmechanismen der Lunge gegen Schadstoffe nicht in ausreichendem Maße funktionieren und sich u.a. chronische Lungenerkrankungen entwickeln.)
In meinem Fall ergab sich im Laufe der Jahre eine COPD Gold IV mit schwerstem Emphysem. ( habe NIE im Leben geraucht ) Ich brauche jetzt 24 Std Sauerstoff, 2,5 + 4 l, letzter FEV1 ( Lugenfunktionswert) 28%. Das ist zwar auch keine Mukoviszidose, die Auswirkungen auf die Atmung sind jedoch fast identisch, die Ängste, die Erstickungsanfälle sicher ähnlich... Das ist kein Zuckerschlecken - glaub es mir.
Ich jedenfalls kann das nicht leicht nehmen. Es nicht besser nehmen, als andere denken
Zitat Kelpie: "Zeit ist subjektiv. Du kannst 75 Jahre verscheißern und 40 Jahre voll durchleben - und jetzt rate, wem sein Leben länger vorgekommen ist."
stimmt - Zeit ist subjektiv - nur - kann man bei M. von 40 Jahren voll durchleben - im positiven Sinn - sprechen?. Sicher, man lebt möglicherweise (sogar wahrscheinlich ) intensiver als andere und anders, aber eben auch qualvoller. Das Leben der Betroffenen ist in hohem Maße einschränkt. Möchtest du tauschen? Ist doch sooo begehrenswert....bin jetzt auch mal zynisch, so wie du es manchmal bist
Zitat Amitola: "auch ich habe über Jahrzehnte in Krankenhäusern mit Kindern " gearbeitet" die wussten, das sie sterben würden, oder es zumindest geahnt haben....
wie schon häufiger hier geschrieben....
Kinder sind ANDERS....FÜHLEN ANDERS...".
Ja, liebe Amitola ,ich denke auch, dass Kinder anders mit dem Thema Tod und Sterben umgehen als wir Erwachsene. Sie akzeptieren möglicherweise eher , dass sie sterben werden, finden eher ihren Frieden . Aber dennoch leiden sie. denn bis man sterben darf, geht man schon durch eine harte Schule, durch viel Leid. Der letzte Weg dorthin, kann sehr lang und beschwerlich sein...
Irgendwie habe ich das Gefühl, dass hier vieles kleingeredet wurde . Und das wirkt auf mich - und ich spreche jetzt nur von mir - wie ein Schlag ins Gesicht. Es macht mich ärgerlich.
Wahrscheinlich habe ich jetzt wirr geschrieben. Ihr wisst ja, zur Zeit kann ich mich schwer schriftlich ausdrücken,Es fehlen mir die richigen Worte. Ich habe das Gefühl, als hätte ich nur Matsch im Hirn. Ich hoffe, es kam trotzdem so halbwegs rüber, was ich sagen will.
Kennt ihr den Spruch:
Bevor Du urteilen willst über mich oder mein Leben, ziehe meine Schuhe an und laufe meinen Weg, durchlaufe die Straßen, Berge und Täler ,fühle die Trauer, erlebe den Schmerz und die Freude
In diesem Sinn
ganz liebe Grüße
rabelein :24: