Liebe Foris,
heute ist ein sooo beschi..ener Tag. ch fühle mich wie mitten in einem Orkan der mich hin und her wirft - und ich finde keinen Halt.
Jetzt habei ich mich zu Euch geflüchtet.
DArf ich euch ein bisschen von meiner Tochter erzählen?
Ach, sie war, als sie klein war so ein herziges Kind, ein richtiger Sonnenschein. Sie war lebhaft, fröhlich und sehr neugierig auf dieWelt.
Es war eine schöne, glückliche Zeit.
Ich hatte das Glück in ein Mutter-Kind-Programm aufgenommen zu werden. Hier wurden nur Alleinerziehende aufgenommen, die keinen Kontakt zum Vater ihrer Kinder hatten und nicht in einer Beziehung lebten. Wir verzichteten auf ganztägige außerhäusliche Erwerbstätigkeit. betreuten unsere Kinder in den ersten drei Lebensjahren ganz alleine. Dafür wurden wir vom Staat materiell abgesichert. („Sozialhilfe"-Regelsatz sowie Mehrbedarfszuschlag für allein erziehende Mütter/Väter und ihr Kind, Mietzahlung, Beihilfen für Bekleidung, für Heizkosten und bei besonderen Belastungen, Beiträge zur Kranken- und Sozialversicherung). Vorraussetzung, man war wirklich allein. und man war bereit, regelmäßig eine bestimmte, von Sozialpädogogen geleitete Gruppe, zu besuchen.Das Alter der Alleinerziehenden war nach oben offen, es gab viele über 40 jährige dort.
Ich war selig, denn so mußte ich sie nicht zu früh in fremde Hände geben (oma oder. dgl. gab es ja nicht). Ich habe mich voll auf sie konzentriert, sie war mein ein und alles..
Nach den 3 Jahren änderte sich schlagartig alles. Ich mußte (wollte ) wieder arbeiten.
Jetzt war ich eine Vollzeit arbeitende Alleinerziehende mit all den sich daraus ergebenden Schwierigkeiten (keine Zeit, Organisationproblemen wenn Marita krank war, chronische Übermüdung , ständigem schlechtem Gewissen, Geldmangel, diverse Ängste usw.) Ich fand es schwierig, alles unter einen Hut zu bringen. Geld zu verdienen, emotional für sie dazu sein und mich gleichzeitig auch nicht zu vergessen, und ihr den Vater zu ersetzen. Ich wollte eine super Mutter, eine super Freundin, ein gutes Vorbild sein. Ihr zeigen, daß auch Frauen ihren "Mann" stehen können, eigenständig sein können.
Doch was ist daraus geworden?
Marita fühlte sich in der Tagesstätte sehr wohl - dennoch hatte ich Schuldgefühle, sie dorthin "abgeschoben" zu haben. Das Ganze kompensierte ich, indem ich sie finanziell verwöhnte, ihr keinen Wunsch abschlug. Doch ihre wahren Bedürnnisse habe ich stark vernachlässigt, und war gleichzeitig bestürzt darüber, ihr keine emotionale Stütze zu sein.( das habe ich irgendwie schwach gespürt und daraufhin auch mit Schuldgefühlen reagiert.)
Ich stellte zwar Regeln auf, aber ich war nicht konsequent. An manchen Tagen war es halt einfacher, alles einfach treiben zu lassen.
Ich forderte keine Mithilfe im Haushalt, also tat sie nichts. Verständlich.
Ich sagte oft Nein und lies zu, daß daraus kurz danach meistens ein Ja wurde. Meine Grenzen waren weit gesteckt - zu weit. Auf diese Weise brachte ich ihr bei, keine Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Ich wollte Marita so vieles geben aber in Wirklichkeit habe ich in ihr unrealistische Erwartungen an das Leben geweckt.( so sehe ich das heute)
Damals merkte ich das nicht. Ich dachte alles sei in Ordnung, alles sei gut. Zumal wir uns beide, oberflächlich gesehen, gut verstanden, eine kleine verschworene Einheit bildeten.
Marita.war offen für alles,.Sehr kontaktfreudig, sehr charmant, warmherzig, sehr kreativ, gut in der Schule.
Und ich war blind für die schleichendenVeränderungen.
Irgendwann wurde ich zur Schule zitiert und erfuhr, sie hatte viele unentschulidgte Fehltage., sei aufsässig, ihr Verhalten zu den Lehrern sei untragbar.. Ich erfand dort viele Entschuldigungen für sie, nahm sie in Schutz.
Ich fuhr sie morgens zur Schule, sie ging hinein, winkte mir zu, wartete bis ich außer Sichtweise war und ging in die Stadt...
Trotzdem schrieb ich ihr immer wieder Entschuldigungen... ließ sie die Konsquenzen ihres Handelns nicht selbst spüren. Auch in anderen Dingen nicht.
Gespräche mit ihr endetenzu dieser Zeit immer mit Türe zuschlagen und gegenseitigem Anschreien.
Sie begann sich anders zu kleiden, wollte ständig schockieren, provozieren. Sie trug nur noch schwarz. Alles war schwarz - der lange, am Boden schleifende schwarze Mantel,Hosen, T.shirts, die Stiefel, die Fingernägel, sogar die Lippen schminkte sie sich schwarz. Dazu trug sie haufenweise lange Ketten undeineextrem ausgeflippte Frisur..
Ich duldete dies, denn ich dachte, wenn ich es zulasse, dann wächst sich dies von selbst aus. Zudem dachte ich dies sei ein Versuch zur Selbstbehauptung, gehöre zum Prozeß des Erwachsenwerdens dazu.
Die Nachbarn sprachen offen von : da fehlt ein Vater, eine feste Hand.
( das Thema Vater war ein besonderes Kapitel, dazu evtl später mehr )
Ich lebte zolibär, wollte definitiv keinen Mann mehr, auch keinen männlichen Freund - irgendwie fehlte tatsächlich ein Mann in unserer kleinen Welt?? )
Ich hatte inzwischen 2 Jobs, um uns über Wasser zu halten ( ihr Vater zahlte keinen Unterhalt ).
Es dauerte lange Zeit, bis ich merkte, daß sie high war und zwar einen Großteil der Zeit. Nachdem der Schock sich irgendwann bei mir legte, hatten Marita und ich ein (scheinbar) sehr vernünftiges Gespräch darüber. Sie offenbarte, was sie an Drogen nahm und wie sie an sie herankam.Vor allem sprachen wir darüber, was sie dagegen tun könne.
Sie ging dann zur Drogenberatung und ich war "beruhigt". Dachte jetzt ändert sich alles zum Guten und alles wird wie früher. Marita war doch so intelligent, viel zu intelligent, um sich wegzuwerfen. Und wie immer hatte ich mich getäuscht.
Die Situation verschlimmerte sich weiter. Kam ich nach Hause, verließ sie postwendend die Wohnung und blieb stundenlang weg. Zurückgekehrt verschloß sie sich in ihrem Zimmer. Es war keine Verständigung zwischen uns möglich, jedes Gespräch endete mit Geschrei - beidseitig. Es kam zu häßlichen, sehr beleidigenden Wortwechseln. Ich schrie sie an, sie schrie zurück und umgekehrt. Niemand von uns beiden hatte sich in der Gewalt.Einmal gab ich ihr sogar eine Ohrfeige.Anschließend saß sie heulend inihrem Zimmer und ich heulend im Treppenhaus.
Später kam sie manchmal mehrere Tage hintereinander nicht nach Hause und ich wußte nicht, wo sie war. Eine schreckliche Zeit. Mit so vielen Ängsten und Vorwürfen ( was wird aus ihr,? warum habe ich so versagt,? warum habe sie zugrunde gerichtet?, ich liebe sie doch so ).
Irgendwann war mein Sparbuch verschwunden und es fehlten ständig große Beträge aus meinem Geldbeutel....
Sie brachte so komische Typen nach Hause die mir Angst machten.Ich fühlte mich hilflos und duldete auch dies.Ich hatte einfach Angst meine geliebte Tochter würde sonst gar nicht mehr nach Hause kommen, total auf der Straße landen.
Sie wurde immer dünner und blaßer
Ich muß jetzt eine Pause machen. Mein Herz klopft so wild und mir ist übel.
Danke fürs Lesen. Ich dachte, wenn ich ein wenig schreibe, geht es mir besser dem ist aber nicht so. Ich bin so aufgewühlt und fühle irgendwie eine leichte Panik in mir.
Soll ich den Beitrag abschicken? Ich weiß nicht, ob es richtig ist. Es kommt mir so vor als hätte ich mit diesem Text Marita "verraten" Wie kommt das?
Ich schicke doch ab
rabelein