Hallo ihr Lieben,
ich war jetzt einige Tage nicht hier - alles war so turbulent.
Maritas Vater ist tot.
Er starb wie seine Tochter sehr einsam und in meinen Augen grausam im Delirium tremens.So wie man mir erzählte, versuchte er verzweifelt Alkohol zu bekommen, aber niemand spendierte ihm etwas und die letzten Kneipen wiesen ihn ab. Nach dem Besuch der letzten Kneipe ist er auf einem Feldweg gestürzt, hat sich das Bein gebrochen und wurde erst nach ca 3 Tagen tot aufgefunden.
Er war ja, wie schon geschrieben, starker Alkoholiker und hat sich in letzter Zeit hauptsächlich nur von Schnaps und ein wenig Suppe ernährt.
Ich fühle mich sehr betroffen -
aber eigentlich nur so, wie ich es auch bei einem Nachbarn wäre und habe nun - typisch für rabelein - deswegen schlechte Gefühle.
Ich trauere nicht um die Person - es tut mir einfach nur leid, daß er so leben und sterben mußte.
Bin ich jetzt gefühlskalt? Schließlich lebten wir 13 Jahre in einer Beziehung und er war der Vater meiner Tochter.
Ich habe damals mehrere Anläufe gebraucht, um ihn endgültig verlassen zu können. Er war "Dr.Jekyll" und" Dr. Hyde". Wenn er trank, wurde er gewalttätig, sowohl psychisch wie physisch. Und immer wieder verzieh ich ihm die Ohrfeigen, Tritte und verbale Entgleisungen ( "fette Sau"," ich könnt schon wieder kotzen, wenn ich dich seh" z.B. ), denn er hatte Phasen, da war er liebevoll, charmant, verständnisvoll und bekümmert ob seines Verhaltens ( zu das ich ihn, wie er sagte "getrieben hatte ), entschuldigte sich tausendmal. Und immer habe ich entschuldigt - sah in ihm eine verletzte Seele, von der ich glaubte, sie mit Liebe heilen zu können.,Inzwischen weiß ich, es war von meiner Seite keine "Liebe", sondern eher eine Art von Abhängigkeit, von mangelndem Selbstbewußtsein , dem Fehlen von Selbstachtung und meinem verquerten Denken. ICH wollte ihn heilen, ICH wollte ihm zeigen, daß ich immer zu ihm halten würde und ihn nicht verlassen würde ( so wie all die anderen ), sah immer seinen "eigentlich" guten Kern . ICH wollte ihn nehmen, so wie er ist,....und so weiter. War das, genau genommen, nicht überheblich von mir? Ich habe mich so selbstüberschätzt, dachte ich könne seine Kindheitswunden und dgl.einfach wegküssen.
Mein Helfersyndrom läßt grüßen.
Im Laufe der Beziehung habe ich mich verbogen bis zur Unkenntlichkeit. Zum Schluß war ich sogar soweit, daß ich selbst glaubte, er hätte recht, wenn er mich ohrfeigte. "Hätte ich das Essen nicht versalzen", "hätte ich besser aufgeräumt", "hätte ich keine Widerworte gegeben", "wäre ich nicht so lange einkaufen gewesen",.... dann hätte er mich nicht maßregeln müssen.
Ich habe ihn verlassen und bin einen Tag später wieder zurückgekommen. oder habe ihn zurückgeholt, um seine Rückkehr gebettelt.....(ich weiß, es klingt unglaublich)
Ich möchte das jetzt nicht so vertiefen, sondern euch nur die Umstände etwas näher erläutern.
Irgendwann habe ich es geschafft endgültig zu gehen.
Ich konnte es für Marita,.... denn ich wollte nicht, daß sie in einer solchen kranken Atmosphäre aufwachsen sollte und meine inzwischen devote Haltung erlernen sollte.
Irgendwann konnten ihr Vater und ich wieder miteinander reden und es gab von seiner Seite aus keine körperliche Gewalt mehr mir gegenüber. Hin und wieder rief er mich in den letzten Jahren an, besuchte mich kurz ( kurz, weil ich keinen Alkohol im Haus habe ). Wir hatten einen ganz losen Kontakt miteinander.
Jetzt ist er tot und ich sitze hier und mir fallen nur diese negativen Dinge ein - habe so richtige Rückblenden - einschließlich der dazugehörenden Gefühle
Heute nachmittag sagte eine Bekannte am Telefon: "wir sehen uns dann bei der Beerdigung"!. Und ich bin maßlos erschrocken,denn
Ich weiß nicht, ob ich gehen soll. Ich will und ich will nicht. Muß ich, weil wir 13 Jahre (eine lange Zeit) zusammenlebten und er der Vater meiner Tochter war ??
Wenn ich gehe, habe ich ein schlechtes Gewissen, weil es irgendwie "verlogen" ist, denn ich trauere ja nicht so richtig.
Andererseits möchte ich mich auch würdig von ihm verabschieden......es gab ja auch viele gute gemeinsame Augenblicke
Übrigens - er war die letzte Beziehung meines Lebens. Ich bin nie wieder eine Beziehung - auch nicht auf "nur" freundschaftlicher Basis - zu einem Mann eingegangen. Das heißt allerdings NICHT, daß ich männerfeindlich bin. Bitte nicht falsch verstehen.
Habe euch jetzt einmal wieder benutzt, um mir mein Herz auszuschütten. Danke fürs lesen.
Alles Liebe
rabelein :24:
Morgen werde ich mal zurücklesen - im Augenblick schwirrt mir der Kopf zu sehr
PS
Nachtrag: es ist schon erstaunlich, wie einfach man "brauchen" mit "lieben" und "lieben" mit aufopfern verwechselt und das, obwohl das doch drei verschiedene Dinge sind.
Lieben ist geben. Aus sich heraus.
Aufopfern ist geben.Von sich selbst
Wer braucht- -nimmt