Liebe Tina,
habe Deine Einträge mit viel Aufmerksamkeit gelesen, aber nicht geantwortet - ich war übers Wochenende unterewgs und am Handy lange Texte tippen, das mag ich nicht so gerne.
Also... Ehrlich gesagt finde ich das sehr gut und plausibel, was Du da schreibst: dass Du manchmal gar nicht realisierst, dass er tot ist (Du sprichst von "verdrängen"). Weil Du es ja von den langen Krankenhaus-Aufenthalten her kennst, dass er dann längere Zeit nicht da ist.
Versteh mich bitte nicht falsch, aber ich glaube dieses "Verdrängen" hat schon seine positiven Seiten. Korrigiere mich bitte, wenn ich falsch liege - aber ich stelle es mir so vor, dass Du Deine Tage allein zubringst, das Du eine gewisse Routine darin hast (von seinen längeren Abwesenheiten her), und dass Du Dir nicht ständig vor Augen führst, dass er jetzt tot ist, also für immer weg.
Wenn das so ist, dann - glaube ich - kann das recht konstruktiv sein. Weil Du halt Deinen Alltag zubringst, Deinen Routinen hast (die Du schon länger kennst), weil Du Dein Leben weiterführst. Und das geht wohl besser, wenn Du Dir nicht jede Minute vor Augen hältst: Katastrophe,Tod, schrecklich.
Es steht bestimmt oft genug im Vordergrund, und wenn es das einmal nicht tut, dann kannst Du Dich da vielleicht ein wenig erholen. Vielleicht auch ein wenig stolz darauf sein, was Du ohne ihn so zuwege bringst, was Du allein schaffst.
Ich habe das Gefühl, dass Du auf einem sehr guten Weg bist (auch wenn ich nicht genau erklären kann, warum). Vielleicht hat es damit zu tun, dass ich das gefühl habe, dass Du sehr, sehr selbständig bist. Das sind viele Frauen nach dem Verlust des Partners nicht. Du hast darin schon sehr, sehr viel Übung. Für Dich sind Dinge selbstverständlich, die andere sich erst aneignen müssen.
Ich würde Dir nur so wünschen, dass auf irgend eine Weise etwas freudvolles in Dein Leben treten könnte: neue Freunde, vielleicht ein Haustier, vielleicht einmal ein Ausflug (wenn Dir verreisen noch zu früh erscheint), ein schöner Konzertbesuch. Vielleicht auch einmal etwas, das Du früher nicht getan hast, etwas Neues kennenlernen.
Ich bin ein Mensch, der sehr neugierig ist, der gerne Dinge entdeckt. Damals, als meine Mama erst so krank und dann für immer weg war, da hat mir das geholfen. Lernen, Neues entdecken - das hat mich eigentlich immer fasziniert. Ich habe das nicht anstrengend gefunden oder deplatziert in meiner Situation - ich habe es gemacht und war dadurch aus meiner Misere wie herausgebeamt. Natürlich - ich musste dann wieder zurück. Aber ich habe doch gewusst: es gibt etwas, das mir sehr viel wert ist - und das außerhalb dieser Katastrophe steht. Da ist mit etwas wertvoll, das gibt mir Halt, dorthin kann ich mich immer wieder retten.
Deshalb die Idee, ob Du vielleicht auch (und vielleicht ganz vorsichtig) versuchen möchtest, irgend etwas Neues zu finden. Etwas, das mit keinen Erinnerungen verbunden ist. Du kehrst ja dann wieder in die "normale" Welt zurück, die Welt er Erinnerungen und der Verbundenheit mit Deinem Mann.
So wie Du uns hier entdeckt hast - so kannst Du vielleicht auch etwas anderes entdecken und Dich dadurch bereichern lassen...?
Alles Gute auf jeden Fall!!!!!!!!!!!!