Liebe Petra,
Du schreibst "Ich gönne es euch und freue mich mit euch" - das berührt mich sehr! Danke für Deine Großherzigkeit!
Ich habe jetzt nicht genau im Kopf, wie alt Du bist (wie es aussieht älter als ich)... Ich denke, wie wir auf die Zukunft blichen, das hängt von sehr verschiedenen Faktoren ab. Auch vom Alter, aber das ist nur ein Aspekt. Um es plakativ zu sagen: jemand, der 30 ist, wird sich eher eine neue Partnerschaft vorstellen können (wenn auch nach einer gewissen Zeit) als jemand, der 80 ist.
Wir sind alle unterschiedlich in Charakter, Temperament, Vorlieben - das wird ja grundsätzlich durch die Trauer nicht ausgelöscht.
Bei mir ist es ja so, dass ich mit 18 meine Mama verloren habe. Die Psychologin bei der Krebshilfe hat mir gesagt, dass das eine Last und eine Ressource gleichermaßen ist. EIne Last, weil es durch die erneute Krebserkrankung in meinem engsten Umfeld zu einer Re-Traumatisierung kommt. Eine Ressource, weil ich schon auf Erfahrungen in diesem Zusammenhang zurückblicken kann, weil ich mich auch in dieser Situation kenne, um meine Bedürfnisse Bescheid weiß etc.
Tatsächlich hilft es mir jetzt, mich an damals zu erinnern. Ich war gebrochen, zerstört, vernichtet.... gleichzeitig war mir aber immer klar, dass es eine Zukunft gibt. Dass es an mir liegt, sie zu gestalten. Dass es Dinge gibt, die mir nach wie vor wichtig sind.
Zunächst habe ich mir beim Erinnern daran gedacht: damals war ich jung. Nach der Matura waren alle Weichen auf Zukunft gestellt. Trotz Trauerfall. Das war eben die damalige Lebensphase, dass ich trotz all des Schmerzes nach vorn geblickt habe.
Mittlerweile habe ich erkannt, dass ich mich heute ganz ähnlich verhalte. Irgendwo in mir lebt offenbar eine gute Portion Entdeckergeist, der mich ermutigt, eine interessante Zukunft ins Auge zu fassen. Damals, mit 18 - heute mit 53.
Ich bin sehr dankbar für diesen Entdeckergeist, weil ich das Gefühl habe, er hilft mir enorm. Und das ist auch der Grund, warum ich Euch hier davon erzähle. Weil ich mir denke, vielleicht ist das für die eine oder den anderen von Euch interessant, eine Inspiration.
Es ist nicht so, dass ich alles Neue willkommen heiße - aber wenn es nun einmal da ist und ich damit leben muss (wie in diesem Fall), dann möchte ich so gut es geht das beste daraus machen.
Du schreibst, Du tust Dich nicht leicht mit Neuem. Das kann ich sehr gut verstehen. Zumal das Neue (so wie es jetzt ist) ja nicht Gewolltes ist, nichts Positives sondern etwas sehr Schmerzhaftes.
Aus meiner Sicht ist es kein Wettbewerb, wer wann wie weit ist oder wo hinkommt. Für mich geht es darum, die Dinge im persönlichen Tempo zu machen. Ich glaube, es ist wichtig auf sich selber zu hören, was genau jetzt dran ist. Und von dem, was ich von Dir lese, habe ich das Gefühl, dass Du das auf jeden Fall machst - auf Dich selber hören.
Ich finde es z. B. schön, dass Du die grundsätzliche Möglichkeit siehst, neue Bekanntschaften zu machen. Auch wenn es Deinem Gefühl nach vielleicht jetzt nicht an der Zeit ist dafür - aber das kann sich ändern. Und dann kannst Du die Möglichkeit wahrnehmen (wenn Du sie siehst - und ich finde, das tust Du).
Wir sind alle verschieden. Und je länger und intensiver eine Beziehung war, desto schwerer ist es wohl, sich neu zu orientieren.
Ich wünsche Dir auf jeden Fall alles Liebe und Gute