Liebe Astrid, ja es scheint so, dass das alles ganz normal ist und es scheint so zu sein, dass es manchen auch noch Jahre später nicht gut geht und das sind keine schönen Aussichten.
Mit dem Genießen habe ich so mein Problem und das Schwierige daran ist, dass es auch vor Hannes Tod schon mein Problem war, dass ich nie wirklich gerne gelebt habe.
Meine kleine Familie war sozusagen die letzte Bastion vorm Abgrund und jetzt habe ich schwer daran zu kauen, mir Motivation zum Weiterleben zu holen, denn wenn ich in mein Inneres schaue ist da immer noch der Wunsch, dass dieses anstrengende Leben doch endlich vorbei sein möge, jetzt wo sowieso niemand mehr da ist, für den ich stark sein muss und der mich braucht.
Angeblich sieht es ja so aus, dass es für mich noch viele Aufgaben geben wird und dass ich sehr wohl noch irgendwann mal gebraucht werde, aber das sind halt Durchsagen aus der geistigen Welt und auch wenn es sehr, sehr überzeugend rüberkam und auch wenn ich mich durch Hannes daheim beschützt fühle, so habe ich doch auch meine Zweifel und muss immer wieder dagegen ankämpfen, vor allem weil ich mir selber nicht vetraue, weil ich mir immer denke, ich muss es schaffen, ich darf meine Lieben da drüben nicht enttäuschen, wenn sowieso alle bei mir sind, um mir zu helfen und mir andererseits denke, ich schaff das sowieso nicht, ich bin einfach zu negativ und ich kann mir schon gar nicht mehr vorstellen, wie Lebensfreude aussehen soll. Die Aufforderungen, dass man sich eben an kleinen Dingen erfreuen soll, oder dass man sich Aufgaben suchen soll, um sich gebraucht zu fühlen, oder das Allerbeste: Dass ich jetzt mal für MICH da sein soll, machen es mir dann noch schwerer als sowieso schon ist, weil mir das so gar nicht gelingen will.
Das ist ja das Schlimme an der Sache, das es nichts mit Wollen und Bemühen zu tun hat, denn in Wollen und Bemühen und Überwinden bin ich ganz groß, ich habe mein ganzes Leben nichts anderes gemacht, aber leider funktioniert das jetzt nicht mehr und diejenigen die sich jetzt noch um mich bemühen und mir helfen wollen, sind es mir nicht wert, mich dafür nochmal so anzustrengen, wie ich es mein ganzes Leben für meine Familie getan habe. Irgendwie ist der Saft raus, ich könnte ja einige Menschen glücklich machen, wenn ihre Bemühungen, mir zu helfen von Erfolg gekrönt werden, aber es ist mir gelinde gesagt vollkommen egal, die zählen alle nicht und ich kann nicht mal mehr ein gepflegtes Schuldgefühl darin investieren.
Es ist ja auch irgendwie seltsam, dass ich mich meinen Lieben auf der anderen Seite sehr wohl verpflichtet fühle und auch aus Angst, alles noch schlimmer zu machen, wenn ich von selber gehe, am Leben bleiben möchte.
Dass es aber auf der Erde, da wo ich lebe, da wo ich alles genießen sollte und mich für mich selbst und die Lebenden verantwortlich fühlen sollte, nichts gibt was mich halten kann, worauf ich mich freuen und wofür ich Pläne machen könnte.
Das macht es extrem schwierig, an den Abs nicht zu verzweifeln, verleiht auch den Aufs einen sehr faden Beigeschmack und macht es auch schwierig immer wieder so etwas wie Hoffnung aufkeimen zu lassen, um wieder aktiv zu werden und weiterzumachen.