Meine Lieben,
eigentlich wollte ich heute von der Trauerwache bei Bertha berichten, aber es wird ein längerer Text und das, was sich hier
gestern bei mir abgespielt hat, möchte ich vorher berichten, da kürzer.
Wäre die ganze Sachlage nicht so traurig, im NACHHINEIN komme ich aus dem Schmunzeln nicht mehr raus.
Jedenfalls erschien die neue Pastorin am gestrigen Tage bei mir, da wir die Grabrede, Lieder und sonstige Verläufe abzusprechen hatten.
Elizabeth hatte den Ort der Besprechung, bei mir, bestimmt und warum auch nicht.
Da stand nun die Dame, Pastorin, vor mir und hatte vor ihrer Brust einen Beutel, Inhalt war ein Kind.
Auch die Kleidung, zerrissene Jeans und sehr weiter Pullover, liessen ihren Beruf nicht erahnen.
Aber gut, das Gesicht erkannte ich, ausserdem hatte sie sich ja schon zu Weihnachten bei mir vorgestellt und darum gebeten,
dass ich am Heiligabend, wenn möglich, die Lieder musikalisch begleiten sollte, was ich natürlich, so freundlich wie ich bin,
dankend ablehnte.
Ich bat sie rein und wollte sagen, dass Frau Elizabeth ..., gleich kommt.
Da verdunkelte sich der Raum und Elizabeth war da, setzte sich auf ihren "Stammplatz" und schaute etwas unwirsch.
Elizabeth: "Möchte mal wissen, wann Gottes Gnaden hier erscheint, aber die leben ja in einer anderen Zeit. Stehengebliebenen Zeit !!"
Schaute dann auf die Pastorin, dann auf mich: "Wo hast DU denn die aufgegriffen ?"
Ich klärte Elizabeth kurz auf.
Die junge Pastorin, leicht verunsichert, entschuldigte sich, dass SIE ihr Kind dabei hätte, da keine Aufsicht vorhanden.
Elizabeth: " Ach, hatte ihr Chef keine Zeit, ich dachte der ist für ALLE bereit ? Für Dienstkleidung fehlt euch wohl auch das Geld. So
langsam frage ich mich, was ihr mit dem Kirchengeld von Bertha und mir gemacht habt. Bestimmt veruntreut ?"
Bevor die Sache eskalierte, fragte ich, ob ich eine Tasse Kaffee kochen soll.
Elizabeth: " Lass es ruhig, wird nicht lange dauern, unnötig."
Nun fing das kleine Kind an zu weinen.
Ich sah Elizabeths Gesichtsausdruck, möchte ihn aber im NACHHINEIN nicht interpretieren.
Pastorin probierte ihr Kind zu beruhigen, ich probierte Elizabeth mit Blicken zu beruhigen.
Natürlich klappte es nicht.
Elizabeth: " Am Freitag werden sie doch wohl ihr Bündel mit Inhalt an der Rezeption abgeben, oder ?"
Dann sprach die Pastorin von Trauer, die Elizabeth wohl zu solche Wortäusserungen zwingen würde und
daher würde SIE es als nicht ausgesprochen sehen, sondern entschuldigen.
Die arme Frau, dachte ich mir.
Das war ein falscher Satz, der auch gleich bestraft wurde.
Und wenn Elizabeth schon mit dem DUZEN anfängt.
Elizabeth: "Nun pass mal auf, ich sehe DICH nur als notwendiges Dienstleistungsunternehmen an, ihr werdet bezahlt und
Bertha und ich nehmen notgezwungen, da wir in eurer Institution gebührenpflichtig geblieben sind, diese bezahlte Dienst-Leistung an,
damit für die blinden, gottesfürchtigen Menschen ein Rahmen, ob nun religiös oder was weiss der Teufel, vorgetäuscht wird. An Gott
glauben wir schon seit über zwanzig Jahre nicht mehr, als uns das Liebste, was wir besassen, genommen wurde. Und das sagt DIR nun
Elizabeth, die aus einem Pastorenhaushalt stammt."
Die schmächtige Pastorin sackte leicht in sich zusammen, ungefähr auf Bündel-Grösse, ihres Kindes.
Nun wollte die Pastorin erneut ansetzen und fragte: "Wollen SIE mir etwas über Frau Bertha .... erzählen ?"
Elizabeth: " Nein, können SIE denn wenigstens lesen ?"
Nach dieser Frage legte SIE der Pastorin mehrere beschriebene Seiten hin.
Pastorin schaute drauf und nickte.
Elizabeth: "Einen Beweis möchte ich schon hören !"
Also las die Pastorin einige Sätze vor.
Elizabeth: "Besteht die Möglichkeit, dass SIE es artikuliert aussprechen, hört sich so verschluckt an."
Mir wurde es langsam immer peinlicher, aber ich spürte, dass es für Elizabeth sehr wichtig war.
Der vorgelegte Text war nämlich von Bertha und Elizabeth, vor Monaten schon, erarbeitet.
Ich fühlte mich nicht wohl, weil mir die Pastorin immer mehr leid tat.
Ich möchte auch nicht alle Wortverläufe hier aufführen.
Der Text wurde zum Schluss, von der Pastorin, komplett akzeptiert, was blieb ihr auch bei einer so resoluten Frau übrig.
Elizabeths letzter Satz: "Und lass bloss nicht das Wort Gott oder Jesus zu häufig auftauchen. Höchstens 4x. Ich zähle mit.
Das kann ich. Hast DU mich verstanden ? Sag mal, sind die heutigen Hosen alle so kaputt ? Ich kenne eine gute Näherin."
Ich atmete dann auf, denn die dann verlaufenden Gespräche wurden eine Spur freundlicher.
Bis Elizabeth mir sechs Briefe zuschob.
Elizabeth: "Uwe, deine Aufgabe ist, dass diese Briefe an die genannten Personen abgegeben werden, von DIR. Und bitte, sage
IHNEN, am Freitag hat sich keiner von DENEN auf dem Friedhof blicken zu lassen. Das kriegst DU schon hin, oder ?
Wenn DU natürlich keinen A...sch in der Hose hast, dann fahre mich hin, dann regel ich das."
Natürlich habe ich kein Problem damit, die genannten Personen mag ich auch nicht.
Dann gab Elizabeth mir noch einen Zettel mit den drei Klavier-Stücken, die gespielt werden sollen.
Natürlich auch mit einem Zusatz: "Streng DICH an, ich will keinen falschen Ton hören. Es ist für Bertha, also kein Missklang !!!"
Natürlich nur die leichtesten Stücke, Chopin und Bach, man gönnt sich ja sonst NICHTS.
Plötzlich fühlten sich alle zehn Finger so klamm an, alleine schon bei Elizabeths Blick, den sie mir zuwarf.
Dann war das Gespräch schon beendet.
Elizabeth stand auf und sagte: "So jetzt will ich bei Bertha noch etwas die Räume lüften und hole mir aus ihrem Keller einen oder zwei
Schlehen-Schnaps und berede mit ihr, ob ich was vergessen habe. Für Feierlichkeiten war nämlich Bertha immer zuständig !"
Stand auf und ging.
Ohne Abschied.
Ich war natürlich später noch bei ihr.
Die Pastorin fragte mich nur: "Ist die Dame immer so ?"
Meine Antwort: "Nein, heute war Elizabeth nett, müssen Elizabeth mal erleben, wenn sie im ROTEN dreht."
Irgendwie war dieser Gesprächs-Verlauf wie in einem schlechten Film.
Und ein schneller Verlauf.
Dauerte höchstens 40 Minuten.
Heute waren wir beim Steinmetz.
Andere Geschichte.
Der Mann tat mir auch leid.
Liebe Grüße,
Uwe