Mir ist danach, hier wieder einmal etwas zu schreiben. Etwas loszuwerden, was mich belastet.
Meine Mami ist jetzt fast auf den Tag 5 Monate tot (was für ein grausames Wort). Und ich lese meine eigene Eingangsgeschichte immer und immer wieder und muss jedesmal weinen, weil es sich so anfühlt, als wäre es gestern passiert.
Dabei ist die Trauer wirklich stiller geworden. Aber traurig bin ich grenzenlos und werde es wohl immer bleiben.
Mein Papa ist soweit weg und ich würde ihm so viel mehr zur Seite stehen. Ich war jetzt ein paar Tage bei ihm. Er sagte mir vor Wochen, dass er operiert werden muss, es aber nicht möchte, da er nicht weiß, was er mit dem Hund (mit Mamas Schätzchen) dann machen soll. Der ist wirklich einer der ganz großen Rassen und den kann man nicht eben mal in einer Pension abgeben oder dem Nachbarn die Aufgabe geben.
Somit sagte er mir nichts, dass ich keine Last damit habe. Aber ich konnte ihn überzeugen, dass ich das alles übernehme und für Wochen zu ihm komme. (Laptop einpacken und los - Homeoffice sei Dank). So konnte er doch für 1 Woche ins Krankenhaus.
Als ich jetzt so allein in dem Haus wohnte, kam die gesamte Trauer mit einer riesigen Welle zurück. Ich hab Mama überall gesehen, ich hab mir Sachen aus dem Kleiderschrank genommen und mich rangekuschelt, ihre Wuschel-Hausschuhe angezogen. Ihre Kosmetik im Bad - alles riecht noch nach ihr. Ich bin so verzweifelt gewesen - und so allein. Und so geht es meinem Papa JEDEN verdammten Tag.
Ich schaute immer zur Zimmertür... sie müsste doch jeden Moment nach Hause und zu mir kommen. Aber sie kam einfach nicht. Ich hatte das Gefühl, dass sie da ist. Aber das konnte mich nicht trösten.
Zu dem Hund muss ich etwas sagen: Der hat mich mal aus dem Affekt mit den Zähnen am Finger erwischt, nicht beabsichtigt aber es ist halt passiert. Ich habe nie eine große Sache daraus gemacht. Aber meine Mutter hat den Hund richtig in die Schranken gewiesen und der hat mich seitdem immer eher gemieden. Das Ganze ist über 8 Jahre her.
Jetzt ist Mama - sein über alles geliebtes Frauchen- seit 5 Monaten weg. Der Hund ist wie ausgewechselt mir gegenüber. Er ist total anhänglich, lässt sich von mir versorgen und alles, was man sich vorstellen kann. Und die Scheu uns gegenüber ist bei beiden wie weggeblasen.
Meine Mama und ich, wir sehen uns sehr ähnlich, unsere Stimmen sind wahninnig ähnlich. Als ich so allein mit ihm zu Hause war, schaute er mich immer an, als ob er mich anhimmelt. Das kannte ich gar nicht von ihm. Er legte sich auf den Rücken, total ergeben - hat er nie getan. Und ich hatte immer noch das Gefühl, dass Mama bei uns ist. Ob er sie in mir gesehen hat?? Das ging mir lange so durch den Kopf.
Es hat mich so wahninnig glücklich gemacht, dass ich große Freudentränen vergossen habe, dass Mamas Hund, der mir nie richtig traute, sich mir so gegenüber stellt. Ich war wirklich so vor Glück überwältigt - ich kann das gar nicht beschreiben - und dann hat das auf einmal alles im gleichen Augenblick in tiefste Traurigkeit umgeschlagen.
Ich wusste doch, dass das alles nur passiert, weil Mama weg ist. Dieses Bewusstsein ist so schmerzhaft - immer noch.
Und doch bin ich ihr so dankbar, dass ich jetzt die Möglichkeit habe, ihrem Schatz, ein Ersatz zu sein, dem er vertraut. Wir sind die besten Freunde geworden. Ich habe Mama gespürt, als wir spazieren gingen durch die riesigen sonnigen Wälder. Es war ein Glücksgefühl, sie bei mir zu haben und die Sonne dazu und der Hund, der mich immer wieder anhimmelte.... und auf der anderen Seite, die Gewissheit: Das ist nur, weil... Ach ich würde auch alles zurücktauschen, wenn ich das könnte.
Und dann legen auch noch immer die Anrufer auf, wenn ich bei Papa ans Telefon gehe. Meist rufen sie direkt wieder an, ob sie sich verwählt haben. Sie sind immer so erschrocken, dass es nicht Mama ist - auch wenn ich mich doch genau so anhöre.
Ich denke, Mama lebt in mir doch mehr weiter, als ich dachte. Zumindest hat sie die Gabe, mich anzuleiten, wie ich mit dem riesigen Hund - Ihrem Schätzchen - umgehen soll und so schaffen wir Vertrauen. Ich hätte das nie allein geschafft.
Danke Mama!!! Dass du in meiner Nähe bleibst! Ich brauche Dich, sonst schaffe ich den Spagat zwischen meinem zu Hause, meiner Familie und für Papa da zu sein nicht. Ich vermisse Dich so sehr!!!