Meine Mama ist gestorben und ich vermisse sie

  • Liebe Ingrid!


    Ja, dieses Buch wurde schon ganz oft empfohlen. Bin gespannt, was dann deine Meinung dazu ist.


    Ja, liebe Ingrid, du hast Recht, Ruhe und Erholung braucht man, besonders eben auch in der Trauer. Du bist ja immer voll im Getriebe, dann möchte man wieder Mal in Ruhe seinen Gedanken und Erinnerungen nachgehen können, nicht wahr?
    Auch wenn wir unsere liebe Familie haben, aber Mutterlieb ersetzt sich nicht, wie du geschrieben hast.


    Hast du das Foto in deinem Avatar aus dem Internet od. selber Mal im Urlaub gemacht? Schön!
    Das Lied v. A. Bocelli gefällt mir auch und das Lied "Lass die kleinen Dinge" höre ich auch ab und zu. Habe die CD von Werner Reischl zu Hause. Mag gerne christiliche Musik. Sag, kennst du auch das Lied "Meine Zeit steht in deinen Händen", das mag ich so gerne. Ich höre öfter Mal in "You Tube" rein. Hast das auch schon Mal getan? Und das Lied "Leben lernen" v. Kurt Mikula gefällt mir auch sehr gut.
    Das Wochenende steht es schon fast vor der Tür!Wünsche dir gute Erholung, wenig Bügelwäsche und viel Zeit zum Lesen! :24:


    Linda

  • Liebe Linda! Lieber Josef!
    Ich bin auch schon gespannt, ob mir das Buch ein paar Ratschläge für meinen Weg geben kann. Auf jeden Fall kann ich schon beim Lesen etwas zur Ruhe kommen und abschalten.
    Das Bild von meinem Avatar habe ich heuer in meinem Urlaub gemacht, am Capo Vaticano in Kalabrien im August. Eines abends sind wir so ca. um 1/2 8 h noch am Strand gesessen und haben den Sonnenuntergang beobachtet. Ich habe es sehr genossen, dieser weite Blick, dahinter am Horizont in der Ferne der Stromboli. Wir haben dann unsere Kameras genommen und viele Fotos geschossen. Dieses Bild hat mir gut gefallen, weil ein Schiff darauf ist, das gerade eine weite Reise macht. Es hat mich daran erinnert, dass ja unsere Lieben auch eine Reise machen (oder machten), und dass sie hinter dem Horizont dann verschwinden, aber schon erwartet werden.
    Danke für deine Hinweise zu den Liedern. Ich bin heute nicht so gut drauf, es fehlt die Sonne, es ist etwas finster und der Herbst kommt, was mich immer an das Vergängliche erinnert.
    Mein Mann ist zu seiner Mutter in die Steiermark gefahren. Sie ist schon 82 Jahre alt und immer noch gut "beisammen". Nur sie jammert halt so viel, obwohol es ihr gut geht, dass sie alleine sie ist oder dass sie Probleme mit dem Herzen hat. Und ich kenne mich fast selbst nicht mehr. Irgendwie erfüllt es mich mit einem Gefühl der großen Ungerechtigkeit, dass ich meine Mama nicht mehr habe und besuchen kann und dass sie schon viel früher uns verlassen musste. Ich muss mich wirlich zusammen reißen, damit ich keine schlimmen Gedanken habe.
    Ich habe gleich in das Lied "Meine Zeit steht in deinen Händen" hineingehört. Ich kenne das Lied schon, habe es öfters bei der Messe gehört. Seit meine Mutter so schwer krank war, musste ich immer weinen, bei dem Lied, so hat es micht berührt. Meine Mutter hat die letzten 10 Jahre, als sie gemerkt hat, dass sie älter wird und nicht mehr so kann, auch oft gesagt, die Zeit ist so schnell vergangen, sie weiß oft nicht, wo die Jahre hingekommen sind, so wie in dem Lied: Jahre gehen dahin und ich frag, wo sie geblieben sind. Aber der Gedanke, die Zeit steht in Seinen Händen ist tröstlich. Ich glaube, das ist es auch, was mir etwas abhanden gekommen ist, der Glaube. Der Glaube daran, dass alles wieder gut und recht wird, weil alles halt in Seinen Händen steht.
    Das zweite Lied "Leben lernen" von Mikula kannte ich nocht nicht, es ist auch sehr schön und tiefsinnig.
    Danke für eure guten Wünsche. Jetzt werde ich noch schnell Fenster putzen und etwas bügeln und dann hoffe ich, dass ich mir Zeit für mich zum Entspannen und Lesen nehmen kann.
    Und morgen hoffe ich auf schöneres sonniges Wetter. Da hat mir mein Sohn versprochen, dass er mit mir einen Ausflug macht, denn ich tue sehr gerne wandern, besonders jetzt in der Herbstzeit, wo sich die Blätter so schön verfärben.
    Alles Liebe
    Ingrid

  • Heute ist wieder ein ganz betrüblicher Tag. Irgendwie kommt es mir auch vor, als würde die Trauer statt weniger immer mehr und die Sehnsucht nach meiner Mutter immer mehr.
    Die Tage werden immer dünkler und auch wenn es heute warm war, kommt doch bald die kalte Jahreszeit.
    Immer wieder schaue ich mir Bilder von meiner Mutter an, als ich sie im Vorjahr im Oktober fotografierte. Da ist es ihr noch so gut gegangen und wir haben den Herbst noch etwas genießen können, sind ein bisschen hinausgegangen zu den Kindern am Spielplatz. Ich erinnere mich noch genau an den schönen Tag im Oktober. Aber leider ist es seit Mitte Oktober dann immer mehr bergab gegangen und ich kann immer noch nicht begreifen, wie schnell eigentlich nie Zeit vergangen ist und dass der Abschied entdgültig ist. Manchmal sage ich auch: "Mama, komm bitte zurück zu mir". Aber leider ist das nicht möglich.
    Irgendwie wird mir auch meine eigene Vergänglichkeit bewusst. Eine Kollegin ist mit 55 Jahren an Krebs gestorben, und es erschaudert mich, wie schnell doch alles vorbei sein.
    Ich bin am Überlegen, ob ich mir nicht eine Trauerbegleiterin suche, denn ich merke, dass vieles noch nicht verarbeitet ist und mich immer noch aufwühlt.
    Ingrid

  • Liebe Ingrid !


    Es tut mir so leid,auch der Todestag rückt immer näher und der Herbst ist die Jahreszeit wo einem alles Vergängliche bewusster wird.
    Ich kann Dich gut verstehen,dass Du Dein Leben überdenkst,erst wenn wir einen nahen Menschen verloren haben,fällt uns dann viel mehr auf,wer eigentlich schon aller gehen muss.
    bei mir ist es zumindest so,dass mir das früher nie so aufgefallen ist. Aber der Tod ist überall-
    Trauerbegleiter,ich habe die Frage an Dich was soll Dir der Trauerbegleiter konkret helfen,ich hatte zwei Tage nach dem Tod meines Sohnes eine,
    schauderhafte Erfahrung,dümmliche Fragen,Hilflosigkeit,falsche Ratschläge,die arme Frau war schlichtweg überfordert mit mir. !!!
    das war Trauerbegleiterin Nummer 2 von Nummer 1 kann ich hier nicht öffentlich schreiben,weil die hat das Trauma meines Lebens verursacht, !
    Aber nicht alle sind so,ich bin eben der Meinung auch bei Psychologen- mag mich jemand für schwierig oder spinnend halten,Theorie und Praxis sind zweierlei.
    Mir kann keiner einen Ratschlag geben wenn er es nicht selbst an der eigenen Haut gespürt hat.
    Ich sagte mal zu einer Hebamme die besonders ungeduldig war " Haben sie Kinder ?" Nein,noch nicht, Ich sagte "Also reden sie nicht .wenn sie den Schmerz nicht spüren "
    Ich meine ich kann Dir heute von einem schönen Land erzählen,es interessiert Dich,es gefällt Dir,aber Du wirst die Emotionen nicht spüren wie ich als ich dort war. Ich hoffe Du verstehst was ich meine.
    Mein Stiefvater,der 30Jahre mit meiner Mutter lebt,hat 2 Kinder und seine Frau verloren,eine Schwester im Krieg,seine Eltern und Brüder.
    Als mein Sohn starb,sagte er Ja,da musst Du durch":
    Ich war sehr zornig und enttäuscht über seine kalte Äusserung,jetzt 4 einhalb Jahre später weiss ich was er gemeint hat.
    In der Trauer wechseln Gefühle wie das Wetter,eben noch emotional,dann wütend,dann erstarrt,dann wieder hoffnungsvoll,dann wieder egal,dann wieder einsam,dann wieder weinerlich,psychotisch,und das meine ich ernst,manchmal glaub(T)e ich wirklich der Verstorbene Mensch ist der Einzige der Dir noch helfen kann und dich versteht.
    Man kann den Schmerz zulassen,man kann ihn verleugnen,man kann ihn ausleben,aber er bleibt immer wie ein treuer Begleiter an Deiner Seite.
    Das Vermissen ist glaube ich an der ganzen Geschichte das Schlimmste.
    Du willst Jemanden haben,der wie selbstverständlich an Deiner Seite war,und Du kannst Ihn nicht mehr haben,fühlen umarmen sagen was Du schon immer sagen wolltest,wie ein kleines Kind das etwas nicht bekommt fühlt man sich da.
    Auf derParte hatte ich als Spruch "Es gibt noch soviel zu fragen,es gibt noch soviel zu sagen,aber es ist zu spät !
    Liebe Ingrid !.Du wirst es schaffen,langsam Schritt für Schritt !!Alles Liebe Chrisu :2: :24: :30:

  • Liebe Ingrid,


    mir geht es genauso wie Dir !! Der Oktober vor einem Jahr hat mein bisheriges Leben zerstört....und dabei kam alles so plötzlich, wie Du es beschreibst über Deine liebste Mama !!!


    Auch meiner Mutter ging es gut, ich war mit Ihr beim Friseur, wir sind spazieren gegangen, haben noch ein paar Fotos am Balkon gemacht---alles an dem Tag, als sie in der Nacht darauf dann den Schlaganfall hatte---- :33: -


    ja, die Trauer nimmt immer mehr zu, Sie wird nicht weniger, sondern geht noch tiefer ?( ---ich hab zur Zeit nur ein Ziel: das Grab so schön wie möglich renovieren zu lassen und mit Engeln zu schmücken---denke auch viel über mein Ende nach, muss eine Versicherung abschließen, hab ja niemanden mehr, außer entfernte Verwandte, und da möchte ich nicht, dass die zahlen müssen, falls ich gehe---


    wie Chrisu schreibt---solch kalte Äußerungen schmerzen zutiefst, ich für meinen Teil kann nichts damit anfangen... :cursing:


    Auch Deiner lieben Mama ist es im Oktober noch gut gegangen, wie Du schreibst...auch ich rufe so oft: MAMA KOMM ZURÜCK !!!!


    Was bleibt uns: die Liebe und die Erinnerung in unseren Herzen und - wenn man daran glaubt - die Möglichkeit eines Wiedersehens in einer völlig anderen Dimension des Seins !!! :005:


    Alles Liebe für Dich :30:


    Reinhold :24:

  • Ja, liebe Chrisu, du hast vollkommen recht und deine Worte haben mich ganz tief im Inneren getroffen, denn sie drücken meine mommentane Situation aus.
    Du willst Jemanden haben,der wie selbstverständlich an Deiner Seite war,und Du kannst Ihn nicht mehr haben,fühlen umarmen sagen was Du schon immer sagen wolltest,wie ein kleines Kind das etwas nicht bekommt fühlt man sich da.
    Auf derParte hatte ich als Spruch "Es gibt noch soviel zu fragen,es gibt noch soviel zu sagen,aber es ist zu spät !
    Ja und genauso ist es. Die Gefühle wechseln hin und her. Mal glaube ich, es wird besser, dann zieht mich die Traurigkeit wieder hinunter. Mit dem Schmerz zu leben, habe ich gelernt, aber manchmal ist halt eben das Vermissen so stark, dass ich wie ein kleines Kind bin und mir sage, ich will nicht, dass es so ist, wie es jetzt ist, ich will, dass meine Mutter wieder zurück kommt, wieder mit mir spricht, ich wieder ihre Wärme, ihr Verständnis, ihre Zuwendung spüren kann. Dann gibt`s Tage, wo ich es akzeptiert habe, dass es nicht mehr so sein kann, so schön, wie es einmal war, diese tiefe Verbundenheit mit der Mutter. Die ist ja zwar noch immer da, aber eben auf einer anderen Ebene.
    Was ich mir von einer Trauerbegleiterin erwarte?
    Vielleicht habe ich wirklich zu hohe Erwartungen daran. Und du hast recht, durch die Trauer muss jeder alleine durch, Ich habe gehofft, ein paar Gespräche würden mir meinen Schmerz erleichtern, vielleicht auch die Schuldgefühle etwas nehmen, die ich habe, weil ich glaube, in der letzten Phase des Lebens meiner Mutter versagt zu haben, weil ich schon keine Kraft mehr hatte. Ich habe gehofft ein paar Tipps für den Weg meiner Trauer zu bekommen. Aber du hast recht. Meine Trauer muss ich ganz alleine bewältigen, ich muss ganz alleine einen Weg finden und wie du schreibst Schritt für Schritt. Eine Trauerbegleiterin kann, wenn sie einfühlsam ist, nur begleiten und zuhören. Ich sollte meine Erwartungen nicht so hoch setzen, ein paar Gespräche mit einer Trauerbegleiterin und meine Trauer ist weg, das wird´s nicht spielen.
    Es tut mir leid, dass du so schlechte Erfahrungen damit hattest.
    Danke für dein Kraftpaket.
    Alles Liebe Ingrid


    Lieber Reinhold!
    Deine Mutter ist so plötzlich gestorben. Das ist sicher auch sehr schwer anzunehmen. Ich konnte mich ja immerhin schon einige Zeit darauf vorbereiten, aber das Endgültige ist trotzdem noch mal was anderes. Es muss sicher ein Schock für dich gewesen sein, diese Nacht.
    Ja, die Trauer wird tiefer, intensiver. Aber vielleicht ist es wichtig, um alles zu verarbeiten und anzunehmen. Es ist ein gutes Stück Arbeit zu akzeptieren, dass wir keine Eltern mehr haben und auf uns ganz allein gestellt sind, entwurzelt sozusagen und neue Wurzeln finden müssen.
    Du hattes ja auch eine intensive Beziehung zu deiner Mutter und sie war dein Lebensmensch. Viele gemeinsam erlebte Jahre sind zwar in der Erinnerung, aber kommen nicht wieder.
    Wir müssen uns neu orientieren. Und ich glaube, du willst das genauso wenig wie ich. Aber wir sind da hineingestoßen worden ins kalte Wasser und müssen da durch.
    Ich denke mir oft, meine Mama hätte das am wenigsten gewollt, dass ich jetzt so ziellos und unglücklich durch die Gegend laufe. Und dann versuche ich mich wieder zusammenzureißen.
    Aber es ist nicht leicht, wie du ja selbst weißt.
    Ja, Liebe und Erinnerung im Herzen, das ist etwas Schönes und Tröstliches und ich hoffe, dass es einmal weniger schmerzen wird wie jetzt.
    Alles Liebe auch für dich
    Ingrid

  • Liebe Ingrid,


    ja, auch meine Mama hätte am wenigsten gewollt, dass ich orientierungslos herumirre in diesem "anderen" Leben, das mir eigentlich so wenig gibt---wie Erich Fried es ausgedrückt hat "NICHT MEHR VIEL OHNE DICH".... ?(


    Alles Liebe und viel Kraft für das "kalte Wasser", in das wir gestoßen wurden... :24:


    Reinhold

  • Liebe Ingrid,

    Zitat

    ein paar Gespräche mit einer Trauerbegleiterin und meine Trauer ist weg, das wird´s nicht spielen.

    das ist schon richtig. Wäre doch "zu einfach". Aber wenn du den richtigen Menschen erwischt und wirklich mit ihm/ihr reden kannst, kann das schon sehr helfen. Es kann einfach Wege zeigen, die du alleine ev. nicht findest. Sicher mußt du diese Wege dann alleine gehen. Aber Landkarten oder Wegweiser sind doch immer gut. Klar kann man sich damit auch "verirren", aber meist fällt es mit ein bissel Hilfe leichter, sich zu orientieren.
    Also wenn dir dein Gefühl sagt, das will ich probieren - dann tu es. Versuche es wenigstens.
    Auch die Schuldgefühle kann dir keiner nehmen - außer du selbst.
    Du mußt sicher keine Schuldgefühle haben. Denn du hast alles in deinen Kräften stehende getan! Und mehr geht nicht.
    Aber das kann ich oder egal wer jetzt noch so oft sagen/schreiben. Es wird nicht wirklich nützen. Nur, wenn du es selbst auch glaubst. Und das ist schwierig, ich weiß.
    Den Punkt zu finden bzw zu erreichen, an dem man sich selbst verzeihen kann - das ist ein langer schwieriger Weg. Aber du wirst ihn sicher schaffen - Schritt für Schritt.


    Ich schicke dir ein großes Kraftpackerl und wünsche dir, daß das "Wasser bald ein bissel wärmer wird"
    Alles Liebe, :24:
    Jutta

    Der Tod eines geliebten Menschen ist wie
    das Zurückgeben einer Kostbarkeit,
    die uns Gott geliehen hat.

  • Lieber Josef! Liebe Jutta!
    Ich danke euren Zuspruch. Das baut auf und tut gut.
    Ich war heute bei einer Psychologin im Rahmen der Gesundenuntersuchung, weil eine leichte depressive Verstimmung festgestellt wurde. Die Psychologin hat gesagt, ich hätte eine posttraumantische Belastungsstörung nach dem Tod meiner Mutter, weil eben noch viele Gedanken um diesen einen letzten Tag kreisen, wo ich ins Spital kam und sie schon im Sterben vorgefunden habe und dabei viele unschöne Dinge erlebt habe.
    Die Psychologin hat mir auch gesagt, eine Trauerbegleiterin täte mir gut und ich solle viel über das Erlebte sprechen und es abarbeiten. Sie wird sich für mich umhören. Kann mir jemand einen Tipp geben, wie ich eine gute Trauerbegleiterin finde? Vielleicht kann sie mir doch, wie Jutta es so schön formuliert hat, Wege zeigen, die ich alleine nicht finde.
    Ingrid

  • Lieber Josef! Meine Lieben.
    Danke für das Kraftpaket.
    Gestern war die Firmung meines Sohnes. Schon lange habe ich mich davor "gefürchtet".
    14 Jahre nach der Taufe, fast auf den Tag genau.
    Vor 14 Jahren: Da wohnte ich noch in Simmering. Mein Vater lebte noch, er war zwar schon pflegebedürtig nach einem Schlaganfall, aber er war noch da.
    Mama konnte sich von der Pflege frei machen und ist nach Wien gekommen zur Taufe ihres 1. Enkels, Lukas. Es war ein schönes Fest. Nachher gingen wir noch ganz toll essen und ihr hat es gefallen. Meine Mutter liebte es essen zu gehen, in gemütlicher Atmoshpäre zu essen und zu plaudern. Ich sehe immer noch das Bild vor mir.
    Nachher waren wir noch in unserer Wohnung und sind zusammen gesessen. Meine Mutter hat gesagt, sie freut sich schon auf die Erstkommunion und die Firmung.
    8 Jahre später, die Erstkommunion. Wieder ein schönes Fest. Wir waren wieder alle zusammen. Mein Vater war nicht mehr da. Wir haben einen Ausflug nach Laxenburg gemacht und sind ins Kaffeehaus gegangen. Meine Mama liebte das.
    Und jetzt. 14 Jahre nach der Taufe, die Firmung. Meine Mama hätte es sich so sehr gewünscht, dabei zu sein. Manchmal ist das Leben wirklich ungerecht.
    Schon bei meiner Firmung und der meines Bruders war sie nicht dabei. Wir mussten in eine weiter entferntere Stadt fahren und bei meinem Onkel übernachten. Meine Mama ist bei meinem jüngeren Bruder zuhause geblieben. Wir konnten uns kein Hotel leisten.
    Mein Sohn war ein stattlicher Firmling, der Anzug hat ihm gut gepasst. Ich war stolz auf ihm. Auch das Fest in der Kirche war sehr schön und feierlich mit guter Musik. Meiner Mama hätte es gefallen.
    Und meine Schwiegermutter, die eigentlich immer nur jammert, besitzergreifend ist und auch gar keinen rechten Glauben hat, sie war da. 4 Tage. Und ich musste immer denken, Mama, schade, dass du es nicht geschafft hast. Ich habe sie so schrecklich vermisst.
    Aber jetzt ist alles gut überstanden. Auch das Essen nachher in einem gemütlichen Lokal. Ich hatte dabei gar keinen Appetit. Habe eigentlich nur gedacht, Mama, du fehlst mir heute so sehr. Und ich vermisse sie noch immer sehr. Wird das je aufhören?
    Ingrid

  • Allerheiligen, Allerseelen, die Tage, vor denen ich mich sehr gefürchtet hatte, sind vorüber gegangen.
    Ich hatte vorher schon eine schlimme, bedrückende Zeit. Am Dienstag war ich bei der Patientenvertretung, weil ich wegen der nachlässigen Behandlung meiner Mutter im Spital noch einiges klären wollte. Ich hätte mir erwartet, ich würde endlich mal eine Antwort darauf bekommen, warum für meine Mutter, die auf der Chirurgie lag, und nach der Infektion mit einem Krankenhauskeim eigentlich nichts mehr getan wurde. Es war enttäuschend zu hören und ich habe es glaube ich, einige Male hintereinander zu hören bekommen, es wurden keine Fehler gemacht.
    Also wenn ein Patient schon etwas älter ist, noch dazu multimorbid und einen Keim bekommt, der alle Organe schädigt, ist es nicht mehr notwendig noch was zu machen. Es ist aber auch nicht notwendig, den Angehörigen was zu sagen. Ich möchte nicht noch näher darauf eingehen, aber das Ganze hat mich sehr enttäuscht. Ich muss es wohl hinnehmen, bin schon etwas zermürbt vom Kampf um Gerechtigkeit. Gibt es die noch?
    Ich bin dann zu Allerheiligen mit meinem Sohn aufs Land zum Grab gefahren und war auch beim Totengedenken auf dem Friedhof dabei.
    Es war sehr schwer war mich und ich kämpfte mit den Tränen, stand ich doch heuer erstmals am Grab beider Eltern, und ich fühlte mich so alleine und verlassen.
    Aber der Mesner hat eine ganz berührende Rede gehalten. Die hat mich wieder etwas aufgebaut und mir Kraft gegeben.
    Er sprach davon, dass wir die Stimme unserer Toten vermissen, ihre Wärme, ihre Nähe, wie wahr. Dass wir nicht wissen, wie es drüben ist. Dass es schön wäre, wenn doch einer zurück käme. Aber noch keiner, nicht ein Einziger ist zurückgekommen. Aber dass uns die Toten nur vorausgegangen sind in die Heimat, die uns allen bereitet ist, hat er auch gesagt.
    Und zum Schluss: Die Toten würden sagen: Trauere eine Zeit um mich, aber dann lass mich los und lebe dein Leben, so ich meins gelebt habe. Ich würde es so wollen.
    Dieser Satz ist mir bis ins Mark gegangen und hat mich sehr berührt.
    Wünsche allen viel Kraft in dieser schweren, dunklen Zeit.
    Liebe Grüße
    Ingrid