Mein Bruder ist tot

  • Mein Bruder 30 Jahre alt, war schon länger Medikamentenabhängig, bis letzte Woche hatte er immer Glück und bis auf Aussetzer, atemnot und Übelkeit/Verwirrtheit keine anderen auswirkungen, wenn er wieder mal zuviel genommen hatte.


    Dieses WE haben wir nichts von ihm gehört (was auch schon öfters vorgekommen ist) und am Sonntag hat dann auch das Handy nicht mehr geläutet und man kam nur direkt auf die Box. Montag früh hat meine Mutter erfahren, dass er sein Rezept (das er jeden Montag in der Apotheke eingelöst hat) nicht eingelöst hat. Meine Mutter und ich haben uns gleich frei genommen von der Arbeit und sind zu meinem Bruder in die Wohnung gefahren.


    Mein Mutter war mit den Nerven schon sehr am ende als wir vor der Tür standen. Ich bin dann alleine rein und hab beim betreten der Wohnung schon gewusst, dass er nicht mehr leben wird. Trotzdem hab ich seinen namen gerufen und bin zuerst ins wohnzimmer gegangen und dann vor der geschlossenen schlafzimmertür gestanden. Der rest lief wie in zeitlupe ab, ich hab die tür geöffnet und ihn mit verzerrtem Gesicht ganz blassen gesicht, starren offenen augen und offenem mund (in und um den eigenes erbrochenes war) gefunden. Ich wusste er ist tot und das nicht erst ein paar stunden, hab die tür zugerissen, bin raus gestürmt und hab meine mutter gleich zum aufzug gezerrt und nur immer wieder gesagt, dass er tot ist.


    Hab dann die rettung gerufen und die kam zieml schnell und hat uns dann mitgeteilt, dass er wohl schon zwei oder drei tage tot ist. Und sie davon ausgehen, dass er zuviel medikamente genommen hat.


    Der körper meines bruders ist momentan noch bei der obduktionund wir alle irgendwie auf warteschleife.


    Ich fühl mich so schlecht, weil er allein gestorben ist, weil er zwei tage allein und tot in seiner wohnung lag, weil ich nicht mehr getan habe um zu verhindern, dass es soweit kam. Ich kann nicht einmal essen, weil ich mir denke: wie kann ich hier sitzen und essen wärend mein bruder in einer leichenhalle liegt.


    Es is so schwer, er hatte endlich einen therapieplatz und wir dir hoffnung, dass der entzug jetzt endlich klappt und dann passiert sowas.


    Ich kann mir gerade nicht vorstellen, dass das leben irgendwann wieder normal werden soll.

  • Liebe Cath1980,
    mein aufrichtiges Beileid. Bitte hab keine Schuldgefühle, du hättest nichts verhindern können. Ich habe auch meinen Bruder verloren und weiß, wie du dich jetzt fühlst. Fühl dich für den ersten Moment umarmt :30:
    Traurige Grüße Brigitte

  • Liebe Cath1980,
    mein herzliches Beileid zum Tod deines Bruders! Dass sich in so einer Situation Schuldgefühle aufdrängen, ist normal, man hat immer das Gefühl, etwas versäumt zu haben, zu wenig getan zu haben .... aber: Schuldgefühle zu haben, heißt nicht automatisch, dass man auch schuld ist.


    Gerade wenn ein Familienmitglied Medikamenten-, Alkohol- oder Drogenabhängig ist, dann können die Familienmitglieder selbst meist nicht viel bewirken. Auch wenn man es möchte, ist man hilflos, kann nur gut zureden, da sein, zum Entzug motvieren und viele müssen feststellen, dass das alles nichts hilft, weil der Abhängige entweder keine Bereitschaft zeigt oder aber immer wieder rückfällig wird. Ich bin mir sicher, dass du getan hast, was möglich war und wenn momentan die Schuldgefühle auch da sind, sie werden weniger und dürfen auch weniger werden!


    Bitte iss, dein Bruder hätte sicher nicht gewollt, dass du seinetwegen aufhörst zu essen oder zu leben!


    Wichtig wäre, dass ihr euch noch einmal von ihm verabschieden und ein friedliches Bild von ihm mitnehmen könnt, dass du nicht nur die Erinnerung an das Auffinden deines Bruders hast. Ist das möglich? Vorraussetzung ist freilich, dass der beauftragte Bestatter einen solchen Abschied ermöglichen kann und dein Bruder vorher entsprechend gereinigt und versorgt wird. Dann könnt ihr am offenen Sarg noch einmal Zeit mit ihm verbringen, ihm sagen, was ihr ihm noch sagen möchtet und ihm Dinge mitgeben auf seinem letzten Weg. All das wird von Angehörigen als sehr wichtig, beruhigend und auch tröstlich erlebt!


    Alles, alles Liebe und viel Kraft für die kommenden Tage!
    Christine

  • Liebe Cath1980
    mein herzliches Beileid. Es tut mir so leid, dass du deinen Bruder auf so tragischer Weise verloren hast.
    Ich wünsche dir ganz viel Kraft und dass du hier auch etwas Trost und ein paar Tipps für die schwere Zeit findest.


    Liebe Grüße
    Trauerelfe

  • Liebe Cath1980,
    ich will Dir meine aufrichtige Anteilnahme aussprechen, es tut mir so sehr leid, dass Du Deinen Bruder auf so tragische Weise verloren hast.
    Viel viel Kraft will ich Dir auch schicken.
    Liebe Grüße
    Josef

  • Liebe Cath,
    es tut mir sehr leid für dich, dass du deinen Bruder verloren hast. Mach dir bitte keine Vorwürfe, dich trifft ganz bestimmt keine Schuld. Ich habe selbst einen abhängigen Bruder und jedes Mal, wenn er einen "Umfaller" hat, rechnen wir bei ihm mit dem Schlimmsten. Was auch immer wir tun und wie sehr wir uns auch bemühen, letztendlich sind sie doch für sich selbst verantwortlich.
    Alles Liebe und viel Kraft wünscht
    Dschina

    Diejenigen, die gehen, fühlen nicht den Schmerz des Abschieds.Der Zurückgebliebene leidet. (Longfellow)

  • Danke für die Antworten. Morgen Vormittag ist die Beerdigung und ich hab Angst davor.


    Weiß nicht ob ich noch mehr Trauer und weinen verkraften kann.


    Ich hoffe, dass ich nach der Beerdigung langsam damit beginnen kann alles zu verarbeiten.

  • Liebe Cath1980


    auch ich wünsche dir ganz viel Kraft. Ich weiß sehr gut, wie du dich fühlst. Ich habe meinen Bruder mit 28 Jahren auch auf seinem letzten Weg begleiten müssen. ;(


    Fühl dich umarmt :30:

  • Ich konnte mein passwort für den alten account weder eingeben noch ändern deswegen nicht wundern, dass jetzt eine 1 an meinem benutzernamen dran ist, musste mich neu
    registrieren.


    Es geht. Die Beerdigung war schlimm, es waren so viele leute da die gesamte arbeit (ca 25 leute) von meinem bruder ist gekommen
    sie haben die firma geschlossen um zur beerdigung kommen zu können. Und auch viele verwandte aus dem burgenland waren da.
    Der Pfarrer hat sehr schön gesprochen und auch so war alles perfekt organisiert. Ich muss zugeben, dass ich nachdem das eingangslied (over the rainbow -> das mochte mein bruder) begonnen hat mühe hatte nicht dauernd zu heulen, es war schrecklich, ich bin da gesessen und habe die kerzen im raum und blumen an den kränzen gezählt um diese 20 min zu überstehen. Dann ging alles ganz schnell, der weg zum grab, der sarg der da hinunter gelassen wurde, jeder hat eine blume und erde nachgeworfen und dann wars auch schon vorbei.


    Ich bin dann nochmal am do alleine hingefahren und hab geweint und mich nochmal alleine von ihm verabschiedet. Seit dem tag war ich dann irgendwie abgelenkt oder hab die gedanken daran verdrängt? Ich weiß es nicht. Vor vier tagen gingen dann die träume los, ich erlebe immer wieder den moment in dem ich vor der schlafzimmertüre meines bruders stehe, aber ich kann sie nicht öffnen, ich wache immer schweißgebadet und erschöpft auf bevor ich die tür aufmache. Und die gedanken nach dem warum
    und wieso ich es nicht verhindern konnte kommen auch wieder. Gemeinsam mit dem weinen. Ich wünschte mir dieser schmerz und diese gefühle von schuld, trauer würden endlich besser werden. Aber ich glaube, das wird nicht so schnell passieren und mein leben muss ja weitergehen.


    Ich würde halt so gerne wissen wie es ihm (also seiner seele) geht und ob es wirklich was gibt nach diesem leben oder ob es einfach vorbei ist nach dem tod.
    Das klingt verrückt, ich weiß. Aber ich kann es nicht ändern, ich denke dauernd an diese sachen :/

  • Liebe Cath,
    ich kann dich gut verstehen, ich hatte auch immer diese furchtbaren Träume und Schuldgefühle, aber mittlerweile sind sie weniger geworden, dank meiner Psychologin. Es gibt sehr interessante Bücher über das Leben nach dem Tod, vielleicht solltest du dir eines besorgen.
    Ich wünsche dir viel Kraft und das du irgendwann die schrecklichen Bilder vergessen kannst.


    Ich drücke dich ganz fest :24:
    Trauerelfe

  • Liebe Cath,


    ich hatte auch einen süchtigen Bruder und er ist 4 Monate vor meinem Sohn im Alter von 52 Jahren verstorben. Ich habe jahrelang versucht ihm zu helfen, aber wenn die Hilfe nicht angenommen wird, bist du machtlos. Ich verstehe dich sehr gut.


    Und ich glaube auch an ein besseres, schöneres "Danach" .


    In Gedanken bei dir


    Ingrid

  • Liebe Cath,
    ich fürchte, dass uns niemand zu 100% beweisen kann, ob es ein "Danach" gibt, oder nicht. Es ist einfach eine Glaubensfrage. Manchmal habe ich mit meinem Mann darüber diskutiert und er war fest der Meinung, dass alles einfach vorbei ist. Ich habe dann immer erwidert, dass ich das nicht glauben kann und dass da einfach noch etwas sein muss, aber mittlerweile bin ich seiner Meinung.
    Ich beneide die Leute, die ganz fest daran glauben, dass es ein Wiedersehen in einer perfekten Umgebung geben wird, denn diese Gewissheit muss sehr tröstlich sein. Und irgendwann wird es jeder von uns einmal erfahren - oder auch nicht.
    Liebe Grüße

    Diejenigen, die gehen, fühlen nicht den Schmerz des Abschieds.Der Zurückgebliebene leidet. (Longfellow)

  • Liebe Cath,
    ich dir diese Frage auch nicht beantworten, niemand kann das .... wir werden da wohl warten müssen...


    Fragen der Schuld werden meist mit der Zeit weniger, aber wenn du sehr belastet bist und die Träume innerhalb der nächsten 2 Wochen nicht weniger werden, würde ich dir raten psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen, dass sich diese Belastungssymptom nicht chronifizieren!


    AL Christine

  • Liebe Cath,


    wenn ich dir sage du brauchst keine Schuldgefühle haben wird das nicht bis in dein Herz vordringen. Du warst nicht verantwortlich für das Leben deines Bruders, es war sein Leben und seine Entscheidung. Mein Bruder war sehr depressiv, er hätte sich das aber nie eingestanden. Nach vielen und langen Gesprächen, war mir klar, dass er eines Tages gehen wird und ich ihn nicht halten kann ;( Mit seinem Einverständnis hab ich für ihn einen Neurolgen gesucht, er ging ein paar mal hin und irgendwann erklärte er mir lächelnd, wie er mit der Ärztin "spielt" 8| Ich hätte ihn :4: können musste es leider akzeptieren. Muss erwähnen, dass er Intensivpfleger, er konnte innerhalb kurzer Zeit Menschen richtig einschätzen, was mich immer sehr beeindruckte.
    Dann suchte ich eine Stelle für Spielsüchtige, er ging genau 1 x hin, beim 2 Termin erklärte er mir, es regnet draußen. Wieder hätte ich ihn :4: . Mir wurde klar, wenn ER selber nichts tun will/kann ist jede Hilfestellung meinerseits vergebene liebesmüh.
    Irgendwann liebe Cath, wirst du wissen, dass du keine Schuld hast. :30:
    Was das Leben nach dem Tod betrifft, bin ich davon überzeugt. Es gibt sicher mehr als wir mit unserem Herz, Hirn und Verstand begreifen können. Erwiesen ist, dass wir nur 10 % unseres Gehirns nutzen. Ich lese gerade "9 Minuten Ewigkeit" Eine Liebe zwischen Leben und Tod, ein Komatagebuch.


    Wenn ich darf, umarme ich dich ganz fest :24:


    Liebe Grüße Brigitte

  • Hallo,


    ich melde mich nochmal, weil ich gestern abend auf dem PC meines Bruders (den mein Vater aus der Wohnung mit heimgenommen hat) einen Abschiedsbrief gefunden hat, der kurz vor seinem Tod erstellt wurde und direkt am Desktop unter dem Titel Abschiedsbrief gespeichert war, also nicht zu übersehen war und offensichtlich gefunden werden sollte.


    Er schrieb darin, dass er schon lange nicht mehr glücklich ist, immer anders war als andere menschen und dadurch mit dem leben nicht zurecht gekommen ist (das stimmt er war schon als kind sehr schüchtern und hatte nie viele Freunde, ein einzelgänger) und teilweise mit richtigen Angstzuständen zu kämpfen hatte und dass das leben ihm nichts mehr gab und er als einzigen ausweg nur noch den Tod sah und er glaubt, dass unser Opa dort drüben auf ihn wartet und ihn beschützen und empfangen wird.Und dass er weiß dass er nur vorausgeht und wir ihn alle wiedersehn werden. Er schrieb auch, dass er uns immer alle sehr geliebt hat und er weiß, dass wir ihn auch geliebt haben und es ihm leid tut uns mit seinem tod verletzten zu müssen, aber auch dass er einfach so nicht mehr weiterleben konnte und wollte.


    Also war es doch ein Selbstmord und wieder war ich diejenige die den Brief entdeckt und als erste gelesen hat. Irgendwie wird das alles immer schrecklicher. Einerseits bin ich sauer auf ihn, dass er nie gesagt hat, dass er solche gedanken hatte und dass er diesen Weg gewählt hat, andererseits weiß ich jetzt erst wirklich wie sehr auch er selbst unter der ganzen situation (seinem leben an sich eigentlich) gelitten hat und der tod für ihn der einzige weg war erlösung zu finden.


    Ich fühl mich gerade so als ob ich dabei war aus dem wasser etwas aufzutauchen, dass mich seit dem Fund der leiche meines bruders umschlossen hat und mich jetzt schon wieder was neues runter drückt.

  • Liebe Cath,


    nach deiner neuen Nachricht fällt es mir schwer zu schreiben ;( nur so viel, dein Bruder hat nun seinen lang ersehnten Frieden gefunden. :33:
    Traurige Grüße
    Brigitte

  • Hallo,


    mir gehts heute irgendwie nicht so super.


    Es ist jetzt 6 Wochen her, dass ich meinen Bruder gefunden habe. Und irgendwie wird es mir jetzt erst so richtig bewusst, dass er nicht mehr wieder kommt,
    dass er nicht nur einfach weggefahren ist und wieder zurückkommt irgendwann.


    Meine kleine Tochter hat seit ein paar Tagen auch die Angewohnheit mit ihrem Onkel zu reden, so als ob er in dem Moment wirklich bei uns im Zimmer wäre.
    So Sätze wie: 'Onkel Bernhard mach doch bitte das Licht aus ich komm nicht dran' usw. Und wenn ich sie Frage ob er da ist und sie ihn sieht sagt sie sofort ja.
    Eine ganz komische Situation ich glaube ja eigentlich nicht daran, dass wir nach unserem Tod als *geister* auf die Erde zurück kommen können und schaun können,
    wie es unserer Familie und unseren Freunden geht. Wenn wäre es allerdings logisch, dass er vorallem nach meiner Tochter sieht, weil er sie immer sehr geliebt hat und auch
    zu Lebzeiten (wenn er nicht gerade Medikamente intus hatte) immer mit ihr gespielt hat und sich zum regelrechten Hofnarr gemacht hat, nur dass sie eine Freude hat und lacht.


    Meine eigentliche Frage ist, wann wird das besser? Wann fühlt es sich nicht mehr so schlimm an? Wann muss ich nicht mehr gefühlte 1000 mal am Tag dran denken was mit meinem Bruder passiert ist. Mir ist schon klar, dass der Schmerz und die Trauer nciht einfach so verschwinden werden (das hab ich auch schon in Trauerratgebern gelesen), aber gibt es Erfahrungswerte, wann man wieder halbwegs normal weiterlebt?


    Versteht mich nicht falsch ich will ihn nicht einfach vergessen oder nicht mehr an ihn denken, aber ich würde so gerne an ihn denken und einfach nur gute Gefühle dabei haben und nicht mehr diese Traurigkeit. :13: