• Ich sitze auf der Terrasse meines Waldschlösschens und futtere Bucheckern aus eigenem Anbau. Zorro hat nur zwei Minuten gebraucht, um das spitzzukriegen, also Bucheckern beiseite, mit Zorro zu den Leckerlis gehen, leider frisst er keine Bucheckern, sonst wäre alles ganz einfach. Dabei laufen wir wieder über die schon zertretenen Bucheckern, die Amseln und Eichhörnchen haben keine Ahnung, was ihnen hier entgeht, denn sie kommen nur in Rudeln, und im Moment sind sie weit und breit nicht zu sehen, ich weiß nicht, warum. Auf dem Weg zurück zu meinem Buch nehme ich wieder ein paar Bucheckern mit und blicke zu der Buche auf und sage danke. Gern geschehen, sagt sie, und ich weiß, warum. Eigentlich hätte sie schon längst ein Opfer der Elektrizitätsgesellschaft sein sollen, die ihre Stromleitung zum Haus bedroht sieht. Das ist schon lange her. Ich hatte damals einen Anfall von Erleuchtung, als ich sagte: Ich lasse nicht zu, dass Sie an dem Baum herumsägen, wenn, dann hacken Sie ihn ganz ab, ganz oder gar nicht. Seitdem habe ich von der Gesellschaft nichts mehr gehört, denn es ist ein gewaltiger Baum, und das Fällen und Wegschaffen hätte eine Menge Arbeit gekostet. Sagen wir mal, bis zum Personalwechsel bei der Gesellschaft ist jetzt Ruhe, toi, toi. Zorro lässt mich jetzt auch in Ruhe, ihm ging's nur ums Fressen, ich kann in meinem Andreas Weber weiterlesen. Ich habe ihn inzwischen im Verdacht, dass seine Hymnen an das blühende Leben nicht vollständig sind und das Leid und die Krankheit und das Altern und das Sterben ausklammern, verständlich wär's ja bei einem Biologen. Irgendwo steht bei ihm etwas von "Aushalten", das wäre mir denn doch zu wenig. Aber ich habe erst Dreiviertel des Buches gelesen, da kann ja noch was kommen. Nebenbei habe ich die Bucheckern aufgebraucht und gucke so über den Wald hin und habe meine Zweifel, ob meine liebe Frau hier wirklich glücklich war. Eigentlich zog es sie immer eher ans Meer, aber ein Häuschen am Meer war damals aus verschiedenen Gründen nicht möglich. Wir waren ja oft am Meer, im Urlaub, wir taten schon, was wir konnten. Aber jetzt frage ich mich: ist sie hier bei mir im Wald, oder ist sie am Meer? Meine Buche schmust mit mir herum wie mein Zorro und weiß auch nichts. Nichts weiß man.

  • Lieber Dieter!
    Ich habe langsam das Gefühl, du kannst so lange schreiben wie du willst - spätestens nach dem 10. Wort kann ich nicht mehr aufhören - also ein Buch von dir, mit 600 Seiten wäre ... nur am Meer im Urlaub möglich.
    Ich mag das Meer auch - und den See - Wasser, das Weite gibt.
    Ich habe keine Ahnung, was mit mir nach dem Tod sein wird - doch kann ich mir nicht vorstellen, dass ich (wenn ich irgendwo sein könnte und mich entscheiden müsste an einem Ort zu bleiben ==> Was ich mir wiederum nicht vorstellen kann, dass wir uns im Tod noch entscheiden müssen) lieber am Meer wäre, als bei Jenen die ich liebe.


    Doch ich habe eher das Bild, dass im Tod so vieles möglich ist, was wir uns heute noch gar nicht vorstellen können.
    Ich möchte dir - und euch - eine Geschichte weiterschenken.


    (von Henri J M Nouwen) Gefunden auf http://www.starline-seminare.d…c35/53663297e80474f01.php


    ZWILLINGE UNTERHALTEN SICH

    Im Mutterleib wuchsen Zwillinge heran. In dem Maße wie ihr Bewusstsein, stieg auch ihre Freude: „Ist es nicht wunderbar, dass wir leben?“, sagte eines Tages der eine zum anderen.
    „Oh ja“, meinte der Angesprochene, und plantschte ein wenig mit seinen kleinen Händchen durch das Wasser, in dem sie schwammen, so dass es kleine Wellen schlug.
    Die Zwillinge begannen im Laufe der Zeit ihre Welt zu entdecken. Dabei fanden sie auch die Schnur, die sie mit ihrer Mutter verband und ihnen Nahrung gab.
    Beglückt sagten sie: „Wie groß ist doch die Liebe unserer Mutter, dass sie ihr eigenes Leben mit uns teilt!“ So vergingen die Wochen und sie bemerkten, wie sie sich veränderten.
    „Was bedeutet es, dass wir uns im Laufe der Zeit so verändern?“ fragte der eine den anderen.
    Der antwortete: „Das bedeutet, dass unser Aufenthalt in dieser Welt bald dem Ende zugeht.“
    „Aber ich will doch gar nicht gehen,“ entgegnete der zweite, und fügte hinzu:
    “Glaubst du eigentlich an ein Leben nach der Geburt?"
    “Ja, das gibt es. Unser Leben hier ist nur dazu gedacht, dass wir wachsen und uns auf das Leben nach der Geburt vorbereiten, damit wir stark genug sind für das was uns erwartet."
    “Blödsinn, das gibt es doch nicht. Wie soll denn das überhaupt aussehen, ein Leben nach der Geburt?".
    “Das weiß ich auch nicht so genau. Aber es wird sicher heller als hier sein. Und vielleicht werden wir herumlaufen und mit dem Mund essen?".
    “So ein Unsinn! Herumlaufen, das geht doch gar nicht. Und mit dem Mund essen, so eine komische Idee! Es gibt doch eine Nabelschnur, die uns ernährt und die ist ja jetzt schon zu kurz zum Herumlaufen.“
    “Doch es geht ganz bestimmt. Es wird eben alles nur ein bisschen anders!".
    „Wir werden unsere Lebensschnur verlieren. Wie aber sollen wir ohne sie leben? Vielleicht haben andere vor uns schon diesen Mutterschoß verlassen, doch keiner von ihnen ist zurückgekommen und hat uns gesagt, dass es ein Leben nach der Geburt gibt. Nein, die Geburt ist das Ende, da bin ich mir ganz sicher!“
    “Es ist noch nie einer zurückgekommen von “nach der Geburt“. Mit der Geburt ist das Leben zu Ende, danach ist alles dunkel und Quälerei“.


    So fiel der eine, der Pessimistische von beiden, in einen tiefen Kummer und sagte: „Wenn die Empfängnis mit der Geburt endet, welchen Sinn hat dann das Leben im Mutterschoß? Es ist sinnlos. Vielleicht gibt es gar keine Mutter?“
    „Aber sie muss doch existieren“, protestierte der andere, „wie sollten wir sonst hierher gekommen sein? Und wie könnten wir am Leben bleiben?“
    “Auch wenn ich nicht genau weiß, wie das Leben nach der Geburt aussieht, jedenfalls werden wir dann unsere Mutter sehen und sie wird für uns sorgen“.


    “Mutter? Du glaubst an eine Mutter? Sag mir, hast du je unsere Mutter gesehen?“ fragte der erste, „Möglicherweise lebt sie nur in unserer Vorstellung, und wir haben sie uns bloß ausgedacht, damit wir unser Leben dann besser verstehen können. Wo ist sie denn bitte?
    “Na hier, überall um uns herum. Wir sind und leben in ihr und durch sie. Ohne sie können wir gar nicht sein“.
    “Quatsch! Von einer Mutter habe ich noch nie etwas bemerkt, also gibt es sie auch nicht“.
    Doch manchmal, wenn wir ganz still sind, kannst du sie singen hören. Oder spüren, wenn sie unsere Welt streichelt…“


    So waren die letzten Tage im Schoß der Mutter gefüllt mit vielen Fragen und großen Ängsten. Schließlich kam der Moment der Geburt. Als die Zwillinge ihre Welt verlassen hatten, öffneten sie die Augen und was sie sahen, übertraf ihre kühnsten Träume und Vorstellungen.



    Was bedeutet das für mich, meine Trauer, mein Leben, mein ....?

  • Schöne Geschichte, liebe Astrid, ja wenn nur alles so symmetrisch wäre. Und wenn ja: bei der Empfängnis werden wir ein Individuum, aber was war vorher? Müssen wir aus Symmetriegründen nach dem Tod unsere Individualität aufgeben? Das hieße ja, dass es unsere Lieben (und uns) nach dem Tod nicht mehr gibt, höchstens noch die allgemeine Liebe, vielleicht noch die individuelle Ausprägung, die die Liebe im Leben der Gestorbenen erfahren hat. Uferlos.


    .600 Seiten? Klar, übermorgen.


    Liebe Grüße
    Dieter

  • Liebe Astrid <3


    Schöne Geschichte :2:


    Lieber Dieter <3


    Ich glaube NICHT, dass wir ERST eine Individualität durch unseren Körper bekommen haben. Unsere Seele ist individuell und sie war es vorher und wird es nachher sein.. aber immer im Wandel und immer verändert aber immer individuell.
    Und jaaa vielleicht eines Tages verschmelzen wir mit ALLEM, wenn wir bereit dafür sind. Wie es dann mit der Individualität aussieht: Darüber habe ich keine Vorstellung.


    Und grundsätzlich ist es doch so, dass wir im JETZT uns nicht wirklich vorstellen können was danach kommen wird, weil wir es mit unserem Körper und unseren Sinne nie erfassen erfassen oder erdenken können.


    Es fängt ja schon damit an: Wenn man keine Bücher, Fernseher, Radio, Zeitschriften, Fortbewegungsmittel hätte:


    Würde man es sich erdenken können, wie es in anderen Länder aussieht (Menschen, Pflanzenwelt, Tierwelt, Bauten) ?????
    UNMÖGLICH.


    Und das ist nur im Kleinen. Wie gewaltig ANDERS muss es vor und nach dem jetztigen Zustand sein.


    Liebe Grüsse


    Katarina

  • Meine Lieben,
    ich mag dieses Gleichnis von Astrid sehr, obwohl ich eine große Skeptikerin bin, was das Weiterleben nach dem Tod, die Existenz der Seele oder eines göttlichen Wesens betrifft. Da bin cih ganz bei Dieter: " Ja, wenn alls so symmetrisch wäre ...." Aber, die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, auch bei uns alten Skeptikern und Agnostikern. Ich meine: Lassen wir uns überraschen! :)
    AL Christine

  • Ich hätte im Andreas Weber nur 1 Seite weiterzulesen brauchen: "Lieben ist ein Begrüßen des Todes und seiner rätselhaften, unendlichen Verwandlungs- und Schöpfungskraft." Bums, da hatte ich es. War ja sowieso klar, ist ja auch nicht neu. Wilhelm Reich führt er selbst an, Nietzsche (der bessere) ist ja auch da irgendwo, Krishnamurti und viele andere. Für mich heißt das: nicht zurückschauen, in der Gegenwart bleiben, flüssig, beweglich, lebendig und liebevoll bleiben. Das Leben kennt nur 1 Richtung: voran. Aber es ist nur zu haben auf Kosten der Individualität. Wo da noch Platz ist für die gute, alte "Seele", weiß ich nicht. Trotzdem bleibe ich bei meinem "Alles ist Seele", vielleicht meine ich ja "beseeltes Leben". Leben ist von Anfang an dasselbe wie Seele. Weiter sage ich lieber nichts, sonst wird es wieder unklar.

  • Ich " LIKE " euch mal alle ... so in Gedanken :thumbsup:


    Jaaaahhh,
    lieber Dieter, <3


    manche ERKENNTNISSE stehen auf der nächsten Seite...
    oder sind nur ein paar Minuten "von uns entfernt" auf der "Zeitenuhr" unseres Lebens...
    welche FREUDE... in all unserer Trauer... IM HIER und JETZT LEBEN...
    völlig GLAUBEND
    einen Gruss an deine SEELE...
    deine Amitola