Ich kann das nicht verkraften!

  • Ihr Lieben, ich bin neu hier und wurde von einer Freundin auf das Forum aufmerksam gemacht.


    Die letzten zwei Wochen waren die schlimmsten Wochen in meinem Leben! Ich habe keine Ahnung wie ich weiterleben soll.


    Ich bin 27 Jahre alt und wohne mit meinem Freund ca. 1 km von meinem Elternhaus entfernt. Mit 4 Jahren verlor ich meine Mutter an Darmkrebs.
    Seit diesem Tag wuchs ich vorrangig bei meiner Oma auf. Sie hat ihr Leben immer hinten angestellt, bis zuletzt. Sie war meine Ersatzmama, meine Oma, meine Freundin und Beraterin. Mit ihrer liebevollen und junggebliebenen Art, hat sie mich ganz gut hinbekommen und so auch immer die Familie etwas zusammen gehalten.


    2009 starb mein Opa, 2011 der ältere Sohn meiner Opa, also mein Onkel.
    Danach waren Oma und ich Arsch und Eimer, da mein Vater mich gerne mal hängen lässt. Ich liebe ihn, aber er hat sich über die Jahre immer mehr distanziert und hat auch jede Menge eigene Probleme.


    In den letzten drei Jahren hatte ich eine sehr schwere Phase, war viel krank, verbunden mit Existenzängsten und alles was dazugehört. Auch da war sie die einzige die immer an mich geglaubt hat und mich jeden Tag unterstützt hat, obwohl ich mich eigentlich hätte um sie kümmern müssen.


    Bis zum 17.01.2017 war alles normal. Bis sie uns mit extremen Rückenschmerzen weckte. Als ich sie sah, habe ich sofort den RTW gerufen. Ich kann noch nicht gut drüber sprechen, es kam ein wirklich unmöglicher Notarzt, der sie gegen unseren Willen in ein Dorfkrankenhaus einwies.


    Sie wurde mit ihren Schmerzen da elendig liegen gelassen und trotz drängen und fragen von mir, wurden keine vernünftigen Untersuchungen gemacht. Sie hätte in eine Spezialklinik gemusst.


    Wir wurden die ganze Zeit mit ausreden vertröstet. Bis ich durch eine Krankenschwester mitbekam, dass sie die ganze Zeit wussten was los ist.


    Die wollten nur Geld verdienen, weil sonst hätte sie ja sofort woanders hingemusst und denen wäre die Kohle durch die Lappen gegangen.


    Sie haben sie da einfach sterben lassen und uns erst informiert, als es zu spät war und ich mich nicht mehr verabschieden konnte.


    Ich fühle mich so schuldig, ich hätte mich da durchsetzten müssen.


    Mein Leben ergibt so keinen Sinn mehr, meine Seelenverwandte ist nicht mehr da. Eigentlich bin ich ganz allein.


    Ich hoffe es ist okay, dass ich es hier im Thread der Eltern schreibe.
    Denn für mich ist sie meine Mama.


    Traurige Grüße an euch.
    Vina

  • Liebe Vina,
    zuerst einmal ein Willkommen. Deine Geschichte hat mich berührt und ich möchte dir meine Anteilnahme aussprechen. Trotz-dem schön, dass du uns gefunden hast. Natürlich darfst du aussuchen, wo du was schreibst.


    Wir wurden die ganze Zeit mit ausreden vertröstet. Bis ich durch eine Krankenschwester mitbekam, dass sie die ganze Zeit wussten was los ist.


    was war denn los? Vielleicht erleichtert das immer wieder schreiben ein bisschen. Besonders wenn du noch nicht gut darüber reden kannst.


    Wie geht dein Freund mit der Situation um? Du schreibst, dass du ganz alleine bist, bezieht sich das auf "Mutterseelen allein" also ohne deine Mama und Oma oder bezieht sich das auf dein ganzes Umfeld.


    Ich kann dir nur viel Kraft wünschen und dass du dich gehalten fühlen kannst. Wir gehen gern ein Stück Weg mit dir. Und hier im Forum darfst du alles beim Namen nennen, schimpfen, Anekdoten erzählen, weinkrämpfe und lachkrämpfe mitteilen. Du darfst das Schwere und das Schöne mitteilen und hast sicher schnell einen besonderen Platz hier.


    Lg. Astrid.

  • Liebe Vinchen,



    dass deine liebe Oma, deine emotionale Mama, gestorben ist tut mir sehr leid, vor allem das Wie klingt sehr traumatisch...wo du schreiben "darfst" das brauchst du doch nicht zu fragen finde ich...
    fühle dich umarmt (wenn du das magst) und ich hoffe du hast Menschen an deiner Seite, die dir beistehen.
    Ansonsten ist schreiben hier im Forum hilfreich, irgendwer ist immer da - das hab ich am Anfang hier gelesen, und es hat mich echt getröstet....


    mit lieben Grüßen,
    Malena

    Die Wahrheit triumphiert nie, nur ihre Gegner sterben aus (Max Planck)


    rilke.de/briefe/160703.htm


    VORÜBUNG FÜR EIN WUNDER


    Vor dem leeren Baugrund
    mit geschlossenen Augen warten
    bis das alte Haus
    wieder dasteht und offen ist

    Die stillstehende Uhr
    so lange ansehen
    bis der Sekundenzeiger
    sich wieder bewegt

    An dich denken
    bis die Liebe
    zu dir
    wieder glücklich sein darf

    Das Wiedererwecken
    von Toten
    ist dann
    ganz einfach

    (Erich Fried)

  • Liebe Astrid, liebe Nebelfrau,


    zuerst einmal vielen lieben Dank für eure lieben Antworten. Es tut mir sehr leid, das ich erst heute darauf reagiere, aber irgendwie war ich die letzten zwei Wochen in einer Art Schockstarre und wollte immer so viel machen, habe es aber einfach nicht hinbekommen. Sondern nur die Termine durchgezogen, die unbedingt sein mussten. Man funktioniert in so einem eigenen Film.


    Heute morgen hatte ich einen heftigen, aber sinnlosen Streit mit meinem Freund und da ist mir erst so richtig bewusst geworden, das das wirklich passiert ist und ich mit niemandem mehr über meine Gefühle sprechen kann.


    Dazu muss ich sagen, das der Großteil meiner Familie verstorben ist oder im Ausland wohnt. Ich habe hier eigentlich nur meinen Vater und an den komme ich gar nicht mehr ran, seitdem er mit seiner neuen Frau zusammen ist. Das liegt aber absolut nicht an mir, sondern daran das sie nie Kontakt zu mir wollte. Ich bin halt die Tochter der alten Frau. Deswegen hat er mich mit der Organisation der Beerdigung seiner Mutter und meiner Oma auch ziemlich allein gelassen.
    Für die beiden waren vor allem die Dinge wichtig die mit Geld zu tun hatten.


    Ich weiß nicht genau wie ihr das mit, das man Zitate einsetzen kann, aber zu deinen Fragen Astrid:


    Meine Oma kam mit heftigen unaushaltbaren plötzlichen Rückenschmerzen zu mir. Ich rief sofort einen RTW. Nach kurzer Zeit kamen zwei nette Rettungssanitäter und ein wirklich unmöglicher Notarzt. Es war der ärztliche Leiter des Dorfkrankenhauses hier bei uns, der mir erstmal zu verstehen gab, der er es für unnötig hält, wegen Rückenschmerzen einen RTW zu rufen.


    Ich hatte sofort irgendwas mit dem Herz im Kopf und dachte mir die ganze Zeit, bitte nicht ins Dorfkrankenhaus. Aber natürlich wollte er als Leiter dieses KH das sie dort hin kommt. Das war gegen 1 Uhr nachts. Ca. halb 4 rief ich im Krankenhaus an und sie sagten, alle Untersuchungen i.O. es wäre nichts schlimmes bei raus gekommen.


    Ich war erstmal etwas erleichtert, also bin ich gleich gegen 7 mit meinem Freund hin und rein, da hatten sie weder ein CT gemacht, noch hatten sie ihr was gegen die Schmerzen gegeben. Auf meine Aufforderung, das ich einen Arzt sprechen möchte wurde nur abgewunken und gesagt, die sind noch nicht im Haus und kommen aus anderen Kliniken.
    Nachdem ich ca. 30 Minuten am meckern war. kam jemand der ihr Morphium gab, damit endlich die Schmerzen etwas besser werden. Angeblich wüssten sie aber immer noch nicht woher es kommt.
    Wir konnten nicht allzu lange bleiben, da sie auf der Überwachungsstation lag und noch jemand mit ihr im Zimmer, dem es nicht so gut ging.
    Danach fuhr ich mit meinem Vater noch mal hin und schnappte im Flur über eine Schwester auf, das sie von einer Aortendissektion ausgehen.


    Wir blieben noch einen Augenblick, aber ein Arzt war natürlich nicht zu sprechen. Ich googelte Zuhause und hatte ein langes Gespräch mit meiner Psychologin (bei der bin ich aufgrund meiner chronischen Migräne) die mir sagte, das bei dieser Verdachtsdiagnose eigentlich sofort ein CT gemacht werden müsste und sie in eine spezielle Klinik gehört.


    Ich also abends noch mal mit meinem Freund hin, körperlich war ich schon ziemlich am Ende, sagte ich was ich recherchiert habe und als Antwort kam, ohne Arzt könne da nichts entschieden werden, der wäre erst am nächsten Tag 15 Uhr zu sprechen.
    Was macht man in solch einer Situation, ich kann sie mit solchen Schmerzen ja nicht einfach einpacken und woanders hinbringen. Man glaubt ja doch daran das die Ärzte wissen was sie tun.
    An dem Abend war sie auch noch völlig klar und wir waren ca. 20 Minuten da, nichtsahnend das es das letzte Gespräch sein wird.


    Am nächsten Tag fuhr ich wieder mit meinem Vater , der im übrigen nie etwas dazu sagte, nur das ich zuviel nach lese und eigentlich hatte er eh keinen Bock auf die Besuche.
    Ich wollte sie wecken, bekam sie aber nicht wach, also ging ich hin und frage, ob sie ihr was gegeben hätten. Nein eben war alles gut, wir sollen sie doch schlafen lassen sie hätte die Nacht wegen den Schmerzen nicht schlafen können.


    Ich hatte ein blödes Gefühl aber man will ja nur das Beste. Kaum Zuhause angekommen, rufen sie uns an, es wäre etwas passiert, sie wäre intubiert und würde nicht mehr wach werden. Sie wollten doch heute Nachmittag ein CT machen.


    Kommen wir da hin, sagten die allen ernstes, sie haben eben mit einer Spezialklinik telefoniert und die würden sie auch nehmen, aber sie sei nicht transportfähig. Es würde sich hier um stunden handeln. Sie hätten sie zwei Tage vorher in eine Spezialklinik bringen sollen, da war sie ansonsten körperlich noch fit und nicht wenn zu spät ist.


    Kaum hatten wir das Zimmer betreten, hörte das Herz auf zu schlagen, ich konnte gar nicht so schnell reagieren und habe den Zeitpunkt verpasst ihre Hand zu halten und in den letzten Stunden da zu sein, das werde ich mir nie verzeihen. Sie war immer für mich da.


    Die Ärzte haben nur auf ihren Profit geschaut waren unfreundlich und unehrlich. Haben sie ohne Untersuchung einfach sterben lassen. Obwohl es vielleicht eine Chance gegeben hätte. Ohne Garantie, aber vielleicht.


    Sorry für eventuelle Rechtschreibfehler, aber ich kann nicht mehr gucken, weil meine Tränen nur so laufen.


    Ich danke euch so sehr fürs zuhören und würde euch so so gerne ganz fest umarmen.


    Liebe Grüße
    Vinchen


    Mir geht es unheimlich schlecht und ich habe hier niemanden mehr, es ist alles so sinnlos.

  • Liebe Vinchen,
    Zuerst zum "organisatorischen": Zitieren: Worte markieren, werde orange hinterlegt, dann auf zitieren klicken und weiter unten erscheint dann die Anzahl deiner Zitate, dort klickst du wider drauf und markierst mit einem Haken das gewünschte Zitat.
    Rechtschreibfehler: Auch wenn hier einige LehrerInnen und andere Deutschkenner unterwegs sind - hier ist der Inhalt und das was du damit ausdrücken kannst wichtig.


    Dass die letzten Tage deiner Oma so schlimm waren tut mir leid.


    Es wird dauern bis das alles in dir angekommen ist und Platz genommen hat, dort wo es hin gehört. Es werden noch unterschiedlichste Gefühle kommen und du wirst viel Zeit brauchen. Ich wünsche dir, dass der Streit mit deinem Freund geklärt werden kann. Vielleicht kannst du ihm auch erklären, warum du in dieser Situation so reagiert hast? Weil du schreibst es war eine Belanglosigkeit. Kann es sein, dass auch bei ihm die Nerven blank liegen?


    Jetzt bist du ganz leicht verletzbar, weil deine Wunde so frisch und tief und noch klaffend ist. Das wird wieder anders werden - doch das braucht wie bei allen großen Wunden, die nicht einfach zugenäht werden können, viel Zeit. Wichtig ist bei Wunden das desinfizieren, bei der Trauer das Reden oder Schreiben.


    Achte gut auf dich.
    Lg. Astrid

  • Liebe Vinchen <3


    Mein <3 Mitgefühl... Habe Dir zuerst nicht geschrieben, weil meine Frau auch an einem Aortariss starb. Auch sie hatte Rückenschmerzen.. nach der Erstversorgung ging es wieder gut.. aber sie haben sie dann zur Sicherheit in die Klinik gebracht um es abzuchecken und haben ein CT gemacht. Dort kam raus, dass die Aorta gerissen ist. Viele, viele Schläuche und Beruhigungsmittel später kam dann der Helikopter der sie eine Spezialklinik flog.


    Es ist eine der schwierigsten Operationen (bei ihr war es der Aortenbogen) und nach vielen vielen Stunden war die Operation erfolgreich aber sie konnten sie nicht mehr zurückholen,weil ihr Körper zu schwach war. Die Chancen solch eine Operation zu überleben sind nicht hoch........


    Du hast alles richtig gemacht... mache Dir bitte keine Vorwürfe... und passe auf, dass Du keinen Hass auf das Krankenhaus oder die Ärzte bekommst, denn dies könnte dich innerlich zerfressen.


    Lass die Liebe weiter leben in Deinem Herzen und lasse die Trauer raus..... umarme Dich mitfühlend. <3


    Katarina

  • Liebe Vinchen, <3


    ich hoffe dir geht es einigermaßen gut, oder sagen wir der Schocks ist erträglich, dein Herz tut nicht allzu sehr weh also so, dass es noch auszuhalten ist, du schaffst es zu schlafen, ausreichend zu trinken und wenn möglich zu essen, und du verstehst dich soweit mit deinem Freund dass er dich unterstützt...manchmal reagiert man sich dann ja auch in so einem Streit die Spannungen ab, wie ich finde...


    ja, ich kann deine Situation nachfühlen, und warum du unter "Mama" schreibst. Dass deine Mama so früh verstorben ist tut mir sehr leid... ich verstehe dass es für dich zu 100% deine Mama ist, und sie ist und war auch deine Mama - Herzensmama... Sie war glücklicherweise da, und hat dir so viel geschenkt. Hat dich auf deinem Weg begleitet, so weit sie konnte.


    Natürlich hättet ihr euch noch viel mehr an Zeit gewünscht...das kann man ja mit Worten gar nicht sagen, wie hart das grad für dich ist...
    Und dass dein Vater derzeit auch eher keine Stütze ist, tut mir leid. Ich hoffe du hast liebe Menschen -deinen Freund, oder Freunde um dich - und wenn du das Gefühl hast du kannst mit niemandem über die Trauer sprechen - komm einfach hier her.


    Magst du von deiner Oma-Mama einmal erzählen? Wie sie war? Was mochte sie? Wie hat sie gerochen - was hat sie ausgemacht...
    irgendwann, wenn es passt. Und wie geht es dir jetzt? Wie war die Beisetzung?


    Vinchen, ich habe vor einem Jahr meine Mutter verloren, und ich bin zwar älter als du, aber es wird erträglich. Glaube mir jetzt einfach, es wird erträglicher. Schritt für Schritt, Tag für Tag, Atemzug für Atemzug sage ich immer. Du musst nicht viel schaffen, nur erst mal "überleben". Gönne dir Pausen und sei gut zu dir, schau wer und was dir gut tut und tu das, und meide Menschen und Situationen die dir nicht gut und sei gewiss dass deine Oma-Mama mit all ihrer Liebe bei dir ist. Das kann dir nichts und niemand nehmen, auch nicht ihr viel zu früher Tod.


    Mit lieben Grüßen,
    Malena

    Die Wahrheit triumphiert nie, nur ihre Gegner sterben aus (Max Planck)


    rilke.de/briefe/160703.htm


    VORÜBUNG FÜR EIN WUNDER


    Vor dem leeren Baugrund
    mit geschlossenen Augen warten
    bis das alte Haus
    wieder dasteht und offen ist

    Die stillstehende Uhr
    so lange ansehen
    bis der Sekundenzeiger
    sich wieder bewegt

    An dich denken
    bis die Liebe
    zu dir
    wieder glücklich sein darf

    Das Wiedererwecken
    von Toten
    ist dann
    ganz einfach

    (Erich Fried)

  • Liebe Vinchen,


    auch ich sende dir eine Umarmung, :24: ganz viele liebe Gedanken und Kraft, und hoffe es geht dir einigermaßen und du hast (einen) liebe/n Menschen um dich ... <3


    Sei gut zu dir,
    mit herzlichem Gruß
    Malena

    Die Wahrheit triumphiert nie, nur ihre Gegner sterben aus (Max Planck)


    rilke.de/briefe/160703.htm


    VORÜBUNG FÜR EIN WUNDER


    Vor dem leeren Baugrund
    mit geschlossenen Augen warten
    bis das alte Haus
    wieder dasteht und offen ist

    Die stillstehende Uhr
    so lange ansehen
    bis der Sekundenzeiger
    sich wieder bewegt

    An dich denken
    bis die Liebe
    zu dir
    wieder glücklich sein darf

    Das Wiedererwecken
    von Toten
    ist dann
    ganz einfach

    (Erich Fried)

  • Liebe Vinchen,
    ein Monat ist es her seit du das letzte Mal geschrieben hast. Würde mich interessieren, was sich bei dir so getan oder nicht getan hat.
    Lg. und ich gehe davon aus, dass es dir gut geht und du darum nicht schreibst.
    Astrid