• Hallo ihr Lieben,


    ich hatte einen seeeeeeeeeehr langen Text geschrieben, mir so viel von der Seele geschrieben und plötzlich war alles weg! Einfach so. Ich könnte gerade platzen vor Wut und schreien und toben und alles :95: Alles weg, wie meine Mama. Einfach so.
    Doch gleichzeitig bin ich total kraftlos und müde. Mich plagt eine dicke Erkältung. Ich versuche zu schlafen heute, das geht leider die letzten Nächte nicht gut. Und ich versuche mich dann noch mal an meinem Text.... grrrr


    Morgen ruft wieder die Arbeit, ich hoffe einfach mal, dass ich den Arbeitstag irgendwie überstehe.

  • Hey liebe Nadine, <3


    ach, das kann ich verstehen dass dich das ärgert... :24:
    auch wenn die Worte nicht da stehen, ich teile dein Gefühl mit dir. Und deine Mama, ... dass sie dir momentan so stark fehlt...ach, es tut so weh...ich weiß....einfach nur weh...es wird besser, es wird erträglich, es wird der Schmerz zur Liebe aber jetzt ist es einfach so dass es kaum auszuhalten ist, dass es mehr weh tut als alles was du bisher kennst. Das ist so hart, und so gemein.


    die Worte, sie kommen wieder, wie Ebbe und Flut...


    Ich wünsche dir eine ruhige Nacht, für morgen viel Kraft, und auch Gleichgültigkeit wenn dein Chef ein Ekel ist. Wenn nicht anders, nimm dir Krankenstand...man bekommt keine Medaille fürs trotzdem arbeiten, selten nimmt jemand Rücksicht, und Gesundheit hast du nur eine...


    wie auch immer ich wünsche dir einen guten Wochenstart,
    und sanfte heilsame Energie für dein Herz wenn du magst


    Malena

    Die Wahrheit triumphiert nie, nur ihre Gegner sterben aus (Max Planck)


    rilke.de/briefe/160703.htm


    VORÜBUNG FÜR EIN WUNDER


    Vor dem leeren Baugrund
    mit geschlossenen Augen warten
    bis das alte Haus
    wieder dasteht und offen ist

    Die stillstehende Uhr
    so lange ansehen
    bis der Sekundenzeiger
    sich wieder bewegt

    An dich denken
    bis die Liebe
    zu dir
    wieder glücklich sein darf

    Das Wiedererwecken
    von Toten
    ist dann
    ganz einfach

    (Erich Fried)

  • Hallo liebe Malena,


    es ist schön, von Dir zu lesen.


    Morgen sind es schon 4 Wochen. Es kommt mir noch nicht so lange vor und es ist erschreckend, dass es schon fast ein ganzer Monat ist. Ich glaube, ich hatte in meinem ganzen Leben noch nie so eine Sehnsucht. Sehnsucht und Schmerz und ja... wie soll ich sagen. Ich habe mich glaube ich noch nie in solch einem Ausnahmezustand (?) befunden. Ich hoffe, es wird irgendwann besser. Momentan ist es einfach nur schwer, anstrengend, mühsam und laugt aus. Ich versuche mir auch, etwas gutes zu tun, oder ich lese hier viel im Forum, auch wenn ich noch nicht antworten oder gar trösten kann; auch wenn ich gern würde.


    Ich danke Dir, für deine lieben Wünsche. Auch ich wünsche Dir einen guten Wochenstart und eine erholsame Nacht.


    Ich versuche jetzt ein bisschen Schlaf zu finden, und wenn mein Chef morgen wieder ein Ekel sein will, dann trete ich ihn in seinen Hintern... ;-) Zumindest im Gedanken 8)

  • ...recht so --- bitte mit spitzen Schuhen ;-)


    Trösten brauchst du nicht, das erwartet niemand und schreiben auch nur wenn du willst, also dazu brauchst du jetzt nicht meine "Legitimation" aber ich sage es einfach...nütze das Forum für dich als Kraftquelle, als Stütze, das versteht wirklich jeder...


    Ja, Ausnahmezustand - das trifft es schon. Und ja, es wird besser, und es ist erschöpfend darum gönne dir ruhig die Ruhe, und die Erholung die du brauchst, und auch die Tränen. Lass dich umarmen, gerne auch von mir, so du magst
    (wenn das mit dem Schlafen nicht klappen will...dann denke ich manchmal einfach nur da liegen mit geschlossenen Augen ist auch erholsam,...) doch in erster Linie mein Wunsch an dich


    schlafe sacht <3 (und gib auf die Flöhe acht ;-))



    gut n8

    Die Wahrheit triumphiert nie, nur ihre Gegner sterben aus (Max Planck)


    rilke.de/briefe/160703.htm


    VORÜBUNG FÜR EIN WUNDER


    Vor dem leeren Baugrund
    mit geschlossenen Augen warten
    bis das alte Haus
    wieder dasteht und offen ist

    Die stillstehende Uhr
    so lange ansehen
    bis der Sekundenzeiger
    sich wieder bewegt

    An dich denken
    bis die Liebe
    zu dir
    wieder glücklich sein darf

    Das Wiedererwecken
    von Toten
    ist dann
    ganz einfach

    (Erich Fried)

  • Liebe Kiwi,
    jetzt ist es an der Zeit für dich zu sorgen. Darum sorge dich nicht um den Trost der anderen.
    Schon 4 Wochen und doch noch gar keine Zeit, die vergangen ist.
    Ich wünsche dir die Kraft und Energie, die du bei der Arbeit brauchst und wenn du sie nicht hast,
    lass dich krank schreiben.
    Alles Liebe und heute eine gute Nacht, die du hoffentlich auch von gestern auf heute hattest.
    Lg. Astrid.

  • Ich danke Euch!


    Wisst ihr, ich muss mir kurz etwas von der Seele schreiben, denn ich habe ein bisschen Angst, dass mich das erdrückt.
    Mein Vater leidet sehr, aber er ist auch wütend. Wütend, dass meine Mama einfach weg ist, wütend, dass sie ihn zurückgelassen hat. Er zeigt mir das nicht so, aber manchmal, da macht er so böse Bemerkungen. Als Beispiel: In dem einen Schrank meiner Eltern ist ein Fach, da sind Schokolade und andere Leckereien aufbewahrt. Meine Mama war noch nie so extrem ordnungsliebend und deswegen gab es dort auch mal Dinge, die eben einfach schon abgelaufen waren. Mein Vater sortiert nun alles rigoros aus. Er ist so wütend und schimpft dann über Mama und darüber, dass sie nie Lust dazu hatte, das dort durchzusortieren. Für mich ist das unheimlich schwer, weil ich verstehen kann, dass Mama dazu keine Lust hatte. Andererseits glaube ich auch einfach, dass mein Vater unheimlich leidet und er das so irgendwie ableitet.
    Meine Mutter hat immer schon den meisten Papierkram gemacht. Jetzt wird das von mir erwartet. Ich mache das, aber ganz ehrlich? Ich könnte mich die ganze ZEit nur hinsetzen und heulen, denn eigentlich will ich das gar nicht machen. Ich will das von mir schieben, nichts damit zu tun haben. Ich will nicht regeln, was mit Mamas Versicherungen und anderen Dingen passiert. Ich soll sie überall abmelden. Versandhaus etc. Es ist so schwer für mich, all diese Dinge zu tun.
    Sie hat sich im letzten Jahr noch ein relativ neues Auto gekauft. Einen Teil finanziert. Nun hat Papa all die Verträge dazu rausgesucht. Er fragt, ob ich das Auto übernehmen will oder was wir machen sollen mit dem Ding. Ich will es ehrlich gesagt nicht. Ich könnte das nicht. Daran hängt so viel Mama, dass es schmerzt. Das zu ertragen ist wirklich schwer für mich. Dass ich oft kommen soll, um diesen Papierkram zu erledigen, überfordert mich. Heute ist auch so ein Tag, da weiß ich nicht so richtig wohin mit mir. Jetzt soll ich nach der Arbeit kommen und noch in den Vertrag sehen und dies machen und das machen. Dabei würde ich am liebsten nach Hause fahren und mich verkriechen.


    Die letzten Tage hatte ich das Problem, dass die Tränen nicht so richtig fließen wollten und jetzt habe ich das Gefühl sie laufen gleich über. Da ich im Büro bin, werde ich aber das Weinen auf später verschieben.


    Plötzlich wird man so in Dinge hineingezogen, gezwungen, Entscheidungen zu treffen, die man vorher nie treffen musste. Es ist sicherlich alles machbar, aber ich habe das GEfühl mir wird alles zu viel. Aber ich kann auch nicht Nein sagen.


    Ich dachte immer, meine Eltern hätten mich auf das Leben ohne sie ganz gut vorbereitet, doch die Geborgenheit und auch Sorglosigkeit, die ich durch sie glücklicherweise auch mit 31 noch habe/hatte, die wird weniger. Und plötzlich ist man erwachsen und das, obwohl ich immer dachte, ich sei schon erwachsen. Versteht ihr was ich meine?


    Herzliche Grüße
    Nadine

  • Liebe Nadine,
    wenn ein Elternteil stirbt, trifft das ganz tief. Plötzlich bist du nicht mehr die Tochter. Du bist nicht mehr das Kind - und auch wenn wir meinen erwachsen zu sein - solange wir Eltern haben sind wir immer noch die Kinder. So hat das eine Freundin beschrieben und ich kann dem sehr viel abgewinnen.


    Dein Papa entlädt ziemlich sicher seine Trauer im Zorn. Es ist manchmal leichter zornig auf den Menschen zu sein, als die Schwere, Leere und Trauer zuzulassen. Lass ihm Zeit und achte gleichzeitig auf dich.


    Ich habe schon öfters in diesem Forum geschrieben: Triff in der Krise keine Entscheidung, die nicht unbedingt jetzt getroffen werden muss. So würde ich das auch mit dem Auto sehen - warte noch ein bisschen mit der Entscheidung. Vielleicht ist es in ein paar Monaten so, dass du es bereust, wenn ihr das Auto weggegeben hättet - weil soviel Mama dranhängt.


    Was hindert dich am NEIN sagen? Ist das schon immer ein Thema, dass du dir damit schwer tust oder ist es neu?


    Ich wünsche dir für heute Abend Zeit für dich und deine Tränen.
    Mit liebem Gruß
    Astrid

  • Liebe Astrid,


    das stimmt. Solange man Eltern hat, ist man immer noch das Kind. Ich habe das immer genossen.


    Wenn ich ich mir diesbezüglich nur Zeit lassen könnte, doch leider hängt ja auch ein Kredit am Auto, der Wagen muss ja auch weiterhin abgezahlt werden. Ich weiß einfach nicht, was richtig ist und wie lange ich mir damit Zeit lassen kann. Du könntest natürlich Recht haben.


    warum muss es nur so schwer sein?

  • Hallo ihr Lieben,


    auch von mir mal wieder ein kleiner Zwischenbericht. Die Woche war irgendwie hart. Ich war das erste Mal seit der Beisetzung am Grab von meiner Mutter und ich hatte das Gefühl, mich verbindet nichts mit diesem Ort. Vielleicht, weil noch kein Stein da ist, vielleicht auch, weil sie mir an anderen Orten näher ist. Ich beschäftige mich im Moment sehr viel mit dem Thema Tod und Sterben... Auch mit einem Leben nach dem Tod und ich würde mir so wünschen, dass da was Wahres dran ist. Dass meine Mama mich irgendwann, wenn meine Zeit gekommen ist, abholen kommt. Das wäre sehr schön.


    Ich hatte da so ein Erlebnis diese Woche. Ich war so sauer... mein Tag war wirklich bescheiden und ich habe mich fürchterlich über meinen Chef geärgert. Ihr müsst wissen, meine Mama liebte die Lieder von Andrea Berg und ich stieg also in mein Auto, wollte nach Hause fahren und wollte über mein Handy (ist dann mit dem Autoradio gekoppelt) Musik einschalten und wie aus dem Nichts kam da ein Lied von Andrea Berg (Liebe das Leben), obwohl ich von ihr gar nichts auf dem Handy habe. Ich würde mir wünschen, dass das ein Zeichen von meiner Mama war; vielleicht war es auch nur ein Zufall... Werbung oder so. Aber die Vorstellung, dass meine Mama mir das Zeichen geschickt hat, ist irgendwie schöner.


    Ich habe auch neulich von ihr geträumt. Der Traum war sehr traurig, weil wir beide ganz viel geweint haben und sie wusste, dass sie tot war. Sie hat dann zu mir gesagt, dass sie auf mich aufpasst und mich immer im Blick hat. Leider kann ich mich nicht mehr vollständig an den Traum erinnern. Ich hoffe, ich kann bald wieder von ihr träumen.


    Dann haben wir noch ein Video von Mama gefunden. Eine schöne Erinnerung, aber leider konnte ich es noch nicht gucken. Nur ganz kurz habe ich einen Blick darauf geworfen, aber es schmerzt noch so sehr... Tut so weh. Sie fehlt mir so. Diese Sehnsucht ist am schlimmsten. Ich erwische mich so oft dabei, wie ich denke, das würde ich so gerne mit ihr teilen, oder ich greife zum Handy, um ihr eine Nachricht zu schreiben oder aber sie anzurufen... Es ist einfach so schwer. Ich brauche sie doch noch.
    Ich hatte aber auch ein gutes Gespräch mit meiner besten Freundin. SIe musste vor einigen Jahren ihren Vater gehen lassen. Er war auch erst Anfang 60. Sie vermisst ihn auch sehr. Sie bekommt bald ihr erstes Kind und sie ist sehr traurig, dass ihr Vater das nicht mehr erleben darf. Aber sie machte mir auch Mut. Dass man wieder die schönen Dinge im Leben wahrnehmen kann.


    Ansonsten meistere ich meinen Alltag ganz gut momentan. Ich weiß nicht, wieso das so ist, aber es gibt tatsächlich Momente, da fühle ich mich ganz ok. Also, in meinem Herzen fehlt etwas, aber es ist nicht ganz so unerträglich wie am Anfang. Ich weiß, dass auch wieder andere Phasen kommen werden und ich bin nicht immer so stabil, aber es gibt mir wirklich Hoffnung, dass ich auch wieder Freude am Leben haben werde.


    Ich habe mir vorgenommen, mich an meinem Leben zu erfreuen, denn das Leben ist einfach so ein besonderes Geschenk und leider manchmal viel zu kurz... Grund dafür ist auch, dass in meinem Umfeld gerade ganz viel passiert. Von Mamas bester Freundin (ich hatte berichtet) der Lebensgefährte hatte vor einigen Jahren ganz üblen Bauchspeicheldrüsenkrebs... Er hatte es gut überstanden, doch leider haben sie vor ein paar Tagen wieder Metastasen gefunden, in der Lunge. Und der Vater einer guten Freundin haben sie Lungenkrebs mit Metastasen im Gehirn festgestellt. Jetzt versuche ich, trotz allem, auch sehr für meine Freundin da zu sein, denn sie hat furchtbare Angst, ihren Vater zu verlieren. Ich muss leider sagen, dass das Jahr für uns hier sehr schlimm anfängt. Es ist schrecklich. Alles ist mit einem grauen Schleier belegt und die Sonne fehlt. Sie fehlt mir so sehr.


    Mein Vater entdeckt gerade das Kochen für sich. Das hat meine Mama ja sonst gemacht. Aber ich glaube, es macht ihm sogar ein bisschen Spaß. Ganz oft ruft er an und fragt mich, wie man Dinge macht. Mehlschwitze oder so. Ich finde das schön. Auch, wenn er doch sehr sehr traurig ist.


    Am Tag habe ich öfter den Drang zu Weinen, doch dann sitze ich meistens im Büro und möchte das nicht. Dort hat niemand Verständnis und ich möchte nicht, dass sie mich weinen sehen. Deswegen unterdrücke ich es. Nur leider kann ich am Abend oft nicht weinen. Ich weiß gar nicht wieso, ich bin dann genauso traurig wie vorher auch. Es ist irgendwie komisch.


    Ich muss jetzt noch ein bisschen Homeoffice machen und dann geht's ins Bett. Ich wünsche Euch allen einen guten Start in die Woche und ich bin froh, dass ich ideses Forum gefunden habe.


    Liebe Grüße
    Nadine <3

  • Ob es Zeichen von Verstorbenen gibt? Das weiß ich nicht - und ich würde dir mitgeben, wenn dir der Gedanke, dass deine Mama dir ein Zeichen zukommen ließ, gut tut - nimm ihn. Lass dich trösten von diesem Erlebnis.


    Einmal hat ein Mensch zu mir gesagt: Jetzt habe ich mir das Weinen so oft runtergeschluckt, jetzt mag es nicht mehr raus kommen. Es ist als hätte ich all meine Tränen geschluckt. Das Weinen kann man, ebenso wie das Lachen, nicht verschieben. Darum wünsche ich dir Momente in denen du JETZT WEINEN DARFST. Und dass die Tränen gerade im Büro kommen wollen, ist doch verständlich, wenn dort keine ruhige und angenehme Atmosphäre ist.


    Einen feinen Start in die neue Woche.
    Lg. Astrid

  • Gerade bin ich in meinem Elternhaus, weil mein Vater heute Abend nicht da ist und ich dem Hund ein bisschen Gesellschaft leiste. Das erste Mal bin ich allein hier.... Es ist alles so leer, so kalt.


    Ich weiß gerade gar nicht, wie ich all das ertragen soll. Die Abwesenheit meiner Mama.... und doch ist sie hier überall. Aber es reicht einfach nicht. Es reicht nicht, dass sie in meinem Herzen ist, in den Erinnerungen. Es reicht nicht. Es wird niemals reichen.


    Ich sitze hier, habe einen Pulli von meiner Mama in der Hand, der noch nach ihrem Parfüm riecht, und kann nicht mehr aufhören zu weinen. Es geht einfach nicht. Eigentlich geht es schon seit gestern Abend nicht mehr. Ich war gestern bei meinem Opa, Mamas Vater. Mein Opa redet gerne und viel über Mama und doch haben wir die meiste Zeit da gesessen und geweint. Mein Opa weint so sehr und so oft. Und dann war auch bei mir der Damm gebrochen und es will einfach nicht mehr aufhören. Ich musste mich heute im Büro wirklich zusammenreißen und als ich im Auto saß, ging es direkt los. Ich weiß einfach nicht, wie man all das verarbeiten soll oder gar ertragen. Ich brauche meine Mutter noch. Ich brauche sie so sehr. Jeden Tag. Jede Minute. Ich halte das alles nicht aus. Und doch weiß ich, dass ich es aushalten muss. 5 1/2 Wochen sind nichts. Und doch kommt es mir schon so lange her vor und dann doch wieder nicht. Es ist noch so frisch und ich bin manchmal erstaunt darüber, wie gut ich eigentlich schauspielern kann. Wie tapfer ich sein kann, doch das ist nur für die anderen. Denn eines habe ich wirklich schnell gemerkt, viele wollen schon jetzt gar nicht mehr über das Thema reden. Es ist erschreckend.


    Meine Eltern haben mich - wie ich finde - gut auf das Leben vorbereitet, doch auf dieses hier war ich nicht vorbereitet... gar nicht. Ich habe es nicht gewusst. Ich habe nicht gewusst, wie schwer so ein Verlust für mich sein wird. Ich hätte es nicht gedacht. Es tut so sehr weh.


    Mama, du fehlst mir so sehr. Wie soll ich nur ohne dich leben? Wie soll das nur gehen? Es muss ja gehen, denn wir müssen es alle irgendwie hinbekommen, aber ob ich es auch hinbekomme? Ich weiß, dass du nicht willst, dass ich so verzweifle, aber wie soll ich denn nicht? Mein Herzensmensch ist nicht mehr da. Einer meiner wichtigsten Menschen in meinem Leben ist einfach nicht mehr da. Ich will schreien, toben, irgendwas machen. Aber nichts hilft. Nichts bringt Linderung. Mama.... oh Mama.... du warst immer so stark und doch konntest du nicht bleiben. Es ist viel zu früh.... Wen soll ich nun um Rat fragen?
    Ich brauche doch noch deinen Rat, deine Umarmungen, dein Lächeln unsere gemeinsamen Unternehmungen oder eine einfache Nachricht von dir... Nur einmal möchte ich noch das Wort "Maus" hören. Wie konnte ich nur glauben, wir hätten noch alle Zeit der Welt? Ich muss immer wieder an unseren Ausflug im September denken. Wie schön er war, und dass wir das niemals wieder machen werden. Es bricht mir das Herz... Es ist alles so leer in mir. So dunkel. Ich wollte dir noch so viel sagen... Ich liebe dich, Mama. Immer.

  • Liebe Nadine,
    <3
    lass dich erst einmal einfach nur umarmen.
    Ich kann deine Gefühle gut nachfühlen, und glaube mir - es ist alles ganz "normal" so, ja, die Situation ist ja nicht normal, sie ist kaum auszuhalten, grausam, es war für mich die erste Zeit wirklich so ein Gefühl als würde ich permanent von Dolchen durchbohrt werden, immer und immer wieder mein Herz und es tat weh und noch mehr weh und ich dachte nur: wo bitte ist denn die Grenze? Was halte ich noch aus?


    Hilft es dir wenn ich dir sage: es wird erträglich, man kann es aushalten und es auszuhalten heißt nicht, zu wissen wie, sondern einfach nur überleben.


    Ja, du bist sehr tapfer Nadine. Und nimmt diese Zeichen deiner Mama einfach an als das, dass da etwas ganz persönliches ist was nicht erklärt werden muss. Es ist einfach so. Ich hatte und habe auch solche Gefühle und warum soll man sie nicht annehmen? Vielleicht haben unsere lieben Verstorbenen die "Macht" genau das zu tun, wer weiß? ;-) Also das denke ich mir dann - und ich nehme es einfach weil es mir gut tut und ich weiß, genau dass will meine Mutter für mich - und deine Mama doch auch für dich...


    ja, da bin ich schon bei dem Kerngedanken der mir immer hilft wenn alle Stricke reißen.
    Ich weiß einfach ganz genau dass meine Mutter niemals gewollte hätte und will dass ich durch die Trauer zerstört werde.
    Sie hätte es nie gewollt, dass das passiert (ich hatte Todesfälle da hatte ich das Gefühl die Verstorbene "verlangt" von mir dass ich elend trauere) nicht aber bei meiner Mutter, sie war großzügig und großherzig und lieb, und so wie du deine Mama schilderst ist sie das genau so. Sie liebt dich über alles und klar, sie versteht dass du traurig bist, und glaube mir sie wäre so gerne bei dir - aber sie will nicht dass du SO SEHR leidest. Ich erlaube mir jetzt das so zu schreiben, als würde das deine Mama sagen - weil ich es mir so denke und ich dann spüren kann wo die Grenze liegt zwischen Trauer, die man braucht, die voll ok ist, aber die Grenze zur Selbstzerstörung, Selbstzerfleischung. Kannst du damit etwas anfangen? Also untröstlich, tieftraurig, unfassbar traurig sind alles Begriffe die genau so gefühlt ihre "Berechtigung" und Wahrheit haben. Aber es ist eine Trauer auch im Sinne des Gedankens sich dem Leben in Zukunft, mit der Zeit, zuzuwenden. Es darf keine Trauer sein die dich zu fertig macht, aus der Sicht einer Mutter gesprochen.


    Wenn du eines Tages selbst Mama bist...dann weißt du das....dass sich eine Mama nichts anderes für ihr geliebtes Kind wünscht...darf ich so weit mich hinauslehnen so persönlich zu dir zu schreiben?
    Ich habe ein Kind geboren und das war eine gewaltige Geburt, ...und mir half der Gedanke dass Trauer wie eine Geburt ist, man steht es irgendwie durch und es dauert so lange wie es dauert, und auch wenn man nicht weiß wie und woher, man kann die Kraft aufbringen und man bringt sie auf. Das sage ich dir jetzt weil ich glaube man muss nicht schon Mama sein um damit etwas anfangen zu können.


    Es ist ein natürlicher Prozess, ein Prozess der die Fassbarkeit des Verstandes übersteigt, die Vorstellungskraft, die Grenzen sprengt aber es ist ein natürlicher Prozess und darum kann man ihn aushalten.
    Ja, Nadine, du bist sehr tapfer und diese erste Zeit ist einfach nur beinhart - es wird jeden Tag eine spur leichter, bestimmt...


    Was deine Arbeit anbelangt...rückblickend bin ich froh dass ich abgelenkt war, so gar durch arschigkeiten. Aber das Schweigen der Anderen zum Tod, das irgendwie anderswo sein durch den Todesfall der geliebten Mutter, das kenne ich. Darum finde ich auch das Forum hier so gut, oder Trauergruppen...für mich war es das Forum hier das mir zur Sprache geholfen hat weil meine Gefühle endlich Raum hatten, ich durfte alles sagen ohne jmd. zu kompromittieren oder dessen nicht aushalten können meiner Gefühle auch noch selbst aushalten zu müssen.


    So, und jetzt drück ich dich einfach - erlaubst du es mir?
    und sende dir viel Kraft, :24:
    Malena

    Die Wahrheit triumphiert nie, nur ihre Gegner sterben aus (Max Planck)


    rilke.de/briefe/160703.htm


    VORÜBUNG FÜR EIN WUNDER


    Vor dem leeren Baugrund
    mit geschlossenen Augen warten
    bis das alte Haus
    wieder dasteht und offen ist

    Die stillstehende Uhr
    so lange ansehen
    bis der Sekundenzeiger
    sich wieder bewegt

    An dich denken
    bis die Liebe
    zu dir
    wieder glücklich sein darf

    Das Wiedererwecken
    von Toten
    ist dann
    ganz einfach

    (Erich Fried)

  • Hallo Iiebe Malena,


    ich danke dir! Umarmungen sind immer gut. :)


    Ja, man fragt sich immer, ob das alles so normal ist. Diese Leere, diese Unfassbarkeit, dieses Wissen, dass sie nicht mehr da ist. Und auch ich frage mich, wo ist die Grenze. Wie soll ich das nur aushalten, aber ich halte es aus. Irgendwie geht es und man beginnt jeden Tag neu.


    Ich weiß auch, dass meine Mama nicht will, dass ich leide oder dass ich nur noch trauere. Tief in mir weiß ich das auch, aber es auch so zu Leben fällt schwer. Es ist auch alles noch sehr frisch. Ich weiß. Ich will zu viel auf einmal. Ich glaube jeder will, dass es leichter wird, dass der Schmerz aufhört. Es soll aufhören und man wird ungeduldig. Und wenn ich dann im Internet lese, dass dieser Prozess zum Teil Jahre lang andauern kann, dann macht mir das Angst. Wirklich. Denn ich frage mich, ob ich mich die nächsten Jahre nur noch so fühlen werde. Keine Freude, keine Energie. Das wäre schrecklich. Aber zur Zeit macht mich einfach nichts glücklich und auch das ist vermutlich normal.


    Diese Sehnsucht ist schlimm. Und dann diese Bemerkungen von Menschen, die solch einen Verlust noch nie erfahren haben. Eine Kollegin meinte zur "mehr als ein halbes Jahr Trauer wäre krankhaft". Ich war ehrlich sprachlos. Wie kann man denn so etwas nur sagen? Jeder ist doch da anders, aber ich bin auch nicht so ein harter Mensch. Ich bin eher sensibel und nah am Wasser gebaut und feinfühliger. Vielleicht schockiert es mich deswegen umso mehr. Oder diese Sprüche: Das Leben geht weiter. Lerne damit zu leben... Natürlich geht das Leben weiter, das ist mir bewusst und ich weiß auch, dass ich irgendwie damit umgehen muss, aber kann man das denn so knallhart sagen? Es gibt doch kein Patentrezept.
    Ich frage mich die ganze Zeit, woher ich diese Akzeptanz nehmen soll. Wahrscheinlich ist auch das ein Prozess. Die Akzeptanz, dass meine Mutter nicht mehr da ist. Dass sie auch nicht wiederkommen wird. Das kann mein Verstand noch nicht begreifen und ich habe Angst, dass das nie passieren wird. Das macht mir Sorgen.


    Malena, ich hoffe, du bleibst diesem Forum (und damit auch mir, wenn ich so egoistisch sein darf) noch sehr lange erhalten, denn deine Worte tragen auch ein klitzekleines bisschen dazu bei, dass es nicht ganz so sehr schmerzt.


    Es ist so schwer all das zu verstehen und immer wieder diese Frage nach dem Warum. Warum so früh, warum hat niemand etwas gemerkt. Dieses Plötzliche. Damit weiß ich nicht umzugehen.


    Meine Freundin war gestern da und wir saßen da, beide am weinen und sie hat mich immer wieder gefragt: Nadine, wie schaffst du das nur. Wie konntest du all das nur bis jetzt durchstehen und noch immer atmen und da sein?
    Ich weiß es auch nicht. Ich konnte ihr diese Frage nicht beantworten. Man macht es einfach.


    In den letzten Tagen muss ich ganz oft an die letzten Stunden meiner Mutter denken. Sie lag ja bereits im künstlichen Koma und ich träume sehr viel davon momentan. Sie hört mich dann einfach nicht und ich versuche sie zu wecken oder eine Reaktion hervorzurufen. Aber es klappt einfach nicht. Und dann träume ich wieder, da lebt sie. Es sind einfach irgendwelche alltäglichen Situationen und sie ist dann einfach da und es ist nicht als wäre sie tot. Das Thema kommt in meinem Träumen gar nicht zur Sprache. Aber so richtig erinnern kann ich mich dann an die Träume auch nicht.
    Ich lasse die letzten Stunden immer wieder Revue passieren. Ich weiß nicht, ob das hilft, all das zu realisieren. Ich habe sie auch noch einmal gesehen, da war sie dann aufgebahrt. Ohne Schläuche und so. Sie hatte die Kleidung an, die ich ihr ausgesucht hatte, und doch hatte ich nicht das Gefühl, dass sie friedlich aussah oder so. Ich weiß auch nicht.


    Ich hab einfach Angst steckenzubleiben und mein Leben nicht leben zu können, aufgrund dieser Sehnsucht und des Vermissens.


    Heute Abend werde ich mir etwas Gutes tun. Ich werde etwas mit Freundinnen unternehmen. Bei uns in der Nähe gibt es jeden Monat Workshops, wo man zusammen etwas schönes gestaltet oder bastelt. Meistens aus Holz oder anderen Naturmaterialien und darauf freue ich mich sehr. Das tat bislang immer gut und ich hoffe sehr, dass mir das auch heute gut tun wird.


    Danke, dass ihr immer ein offenes Ohr (oder offenes Auge?) für mich habt.


    Liebe Grüße
    Nadine

  • Liebe Nadine,
    auch wenn von mehreren Jahren der Trauer gesprochen wird, was wohl wahr ist, bleibt sie nicht so, wie du sie gerade spürst. Die Trauer verändert sich langsam und stetig.
    Ich habe nicht den Eindruck, dass du stecken bleibst, auch wenn es sich für dich vielleicht so anfühlt. Du weinst mit deiner Freundin, gehst zu einem Workshop, weil du möchtest, dass es dir wohl tut. Du sorgst für dich.


    Die Wellen werden unterschiedlich sein.


    Ich schicke dir einen dicken Faden - so einen wie ich ihn mir auch manchmal wünsche - dieser Faden heißt Geduld.
    Alles Liebe
    Astrid.

  • Danke liebe Astrid, diesen Faden kann man wohl in allen Lebenslagen gut gebrauchen. Geduld war leider noch nie meine Stärke.


    Der Workshop war gut und tat auch gut, aber nicht so wie sonst. Aber auch das darf ich wohl nicht erwarten. Ein bisschen Ablenkung war aber schön.
    Auch dort sind mir wieder Menschen "zum ersten Mal" seit Mama eingeschlafen ist, begegnet und es ist immer so komisch. Man muss es immer wieder erklären, weil alles so plötzlich kam. Keiner kann es verstehen. Nicht mal ich.


    Wisst ihr, was ich Momentan kaum aushalte? Stille. Kennt das jemand? Normalerweise war es so, dass ich zum Beispiel von der Arbeit kam und manchmal einfach nur die Stille zuhause genossen habe. Diese Ruhe. Runterkommen vom Alltag. Momentan ist das für mich unerträglich. Sogar beim Einschlafen brauche ich ein Hörbuch.


    Gestern Abend hatte ich nach der Arbeit noch einen MRT-Termin im Krankenhaus. Ich lag in dieser Röhre und dort ist es zwar nicht still, aber man hat auch keine Ablenkung und dann musste ich immer wieder darüber nachdenken, wieso die Ärzte nicht gemerkt haben, wie schlecht es meiner Mutter ging. Wieso haben sie die Blutvergiftung nicht erkannt? Ich hatte neulich (ich wollte es eigentlich nicht tun) den letzten Whats-App-Verlauf von Mama und mir gelesen. Es tut eigentlich fürchterlich weh, all das zu lesen, aber ich versuche zu verstehen, wieso die Ärzte das alles nicht bemerkt haben. Am 09. Januar schrieb sie mir, dass sie vom Arzt ein Antibiotikum bekommen habe. Aber das war ja scheinbar nicht stark genug. Danach wurde ihr Blut abgenommen. Aber kein Antibiotikum mehr gegeben, obwohl die Blasenentzündung nicht besser wurde. Eigentlich weiß ich, dass all diese Spekulationen nichts mehr bringen. Aber ich verstehe es einfach nicht. Sie könnte doch noch leben? Wie kann das nur sein?


    Wisst ihr, wie ich aus diesem Teufelskreis rauskomme? Ist es richtig, sich darüber Gedanken zu machen? Ich kann es leider nicht abstellen. Ich denke mir die ganze Zeit, sie könnte noch leben, wenn die Ärzte ein wenig sorgfältiger, gründlicher gewesen wären. Und dann schmerzt das alles noch viel mehr. Wie soll man das nur begreifen? Ist hier auch wieder Geduld gefragt?
    Habt ihr vielleicht Tipps für mich? Es quält mich so.


    Herzliche Grüße
    Nadine <3

  • Liebe Nadine,


    wie schön dass du meine Worte hilfreich findest, einen Moment dachte ich schon ich schreibe vielleicht zu intensiv oder überbordend, weil deine Worte ja auch bei mir viel auslösen <3 Wenn dir das gut tut und du magst kann ich dir gerne versprechen dir "noch länger erhalten" zu bleiben, ich gehe nicht weg, wir können gerne hier in Kontakt sein, oder auch sonst - ich finde es schön wenn wir uns gegenseitig beistehen. :24:


    Ich finde du hältst dich unglaublich tapfer. Hast du dich schon wegen des Autos entschieden?
    Diesen Forularemarathon, ach, ich erinnere mich daran, und auch der Erklärungsmarathon, diese unzähligen ersten Male Erlebnisse, aber irgendwo so ermüdend, so verstörend es ist, es ist auch heilsam, es ist irgendwo jedes Mal ein Stückchen weiter zur Normalität. Du machst das so toll! Und du bewältigst deinen Alltag sehr gut...ja, die Arbeitskollegen, viele Menschen haben Angst vor dem Tod, und ertragen es nicht darüber zu sprechen, blenden ihn aus, so mein Eindruck. Da habe ich es dann auch gelassen mit ihnen zu diskutieren und war froh Menschen zu treffen, die das wollen und können und - aushalten.


    Im Gegensatz zur oben genannten These habe ich ja, seitdem ich das Buch "das Schicksal ist ein mieser Verräter" gelesen habe die Haltung dass man nicht aufhört, Tochter zu sein, Kind seiner Mutter zu sein, und die Mutter auch nicht aufhört Mutter zu sein nur weil sie gestorben ist. Das mag schrullig klingen, ist aber für mich ganz logisch <3 In meinem Empfinden ist auch die Ansicht dass die Beziehung nach dem Tod lebendig bleibt, und da ist, nur verändert ist, stimmig.


    Ja, ich verstehe dass dich nach dem plötzlichen Tod deiner Mutter diese letzte Phase im Krankenhaus beschäftigt, und auch - quält. Mein Vorschlag wäre - vielleicht mit der Freundin deiner Mutter - oder einem stabilen Menschen, dem du vertraust und der dir beisteht, ein Gespräch mit dem behandelnden Arzt/Ärztin zu suchen. Du hast ein Recht darauf, und oft verstehst man von außen nicht was alles geschehen ist.
    Sollten sie aus irgend einem Grund ungut sein zu dir, kannst du dich auch an den Patientenanwalt wenden, aber meist sind die Behandler doch auch selbst sehr bemüht, es ist auch für sie hart und schlimm wenn sie einen Patienten oder eine Patientin verlieren, und die Behandlung selbst erfolgt nach Leitlinien und ist Ergebnis gründlicher Überlegungen - insofern würde ich mir die Erklärung und Antwort auf deine Fragen dort suchen. Du müsstest dann eine Erklärung bekommen und es ist denke ich etwas dass du brauchst, sonst werden dich die offenen Fragen weiter quälen.


    Als meine Großtante starb gaben sie ihr immer wieder Morphium, was ok war, aber ich saß da viele Stunden und irgendwann wurde ich richtig paranoid und dachte, sie wollen sie jetzt niederspritzen. Sie war im Sterben und hatte furchtbare Schmerzen, und sie selbst wollte nicht sterben, das habe ich gespürt. In Gesprächen danach konnte ich diese Idee auflösen, und das hat mir sehr geholfen die Situation, die mich auch traumarisiert hat, aufzulösen. Ein Todesfall kann ein Trauma sein, und mir haben dann auch ein paar Einheiten bei einer sehr klugen und lieben Therapeutin geholfen.


    dass die Konversation selbst weh tut kenne ich. Gerade kürzlich las ich eine Geburtstagskarte die mir meine Mutter geschrieben hat, die letzte. Ihre Schrift war schon zittrig, das habe ich gar nicht so gemerkt...das Bild am Billett ist ein Chagall...lieben wir beide so...ich habe die Karte in meinen Spind gehängt und als ich sie las drückte ich sie an mein Herz und musste weinen. Ja, jede unmittelbare Konfrontation tut weh aber, ich kann es dir nur aus meiner Perspektive sagen, es ist kein Vergleich zu vor einem Jahr. Vor einem Jahr war mein Herz ein einziges Schlachtfeld, kein Stein auf dem Anderen. Jetzt wächst Gras, und Blumen, es tut weh aber es zerreisst mich nicht, ich kann mich wieder auf Situationen und Beziehungen einlassen, lachen, auch tanzen und mal sorglos sein. Ich hab sogar meinem Kind eine Party geschmissen obwohl ich nicht der Typ dafür bin. Das also als Gewissheit für dich dass dieser, dich nun überwältigende Schmerz, nicht ewig begleiten wird. Aber es ist ein wesentlicher Teil der Trauer finde ich - wie Andrea sagt - der Schmerz ist ein Teil der Liebe...ich finde den Gedanken sehr schön.


    Wie geht es dir heute? Wie siehst das Grab deiner Mutter aus?
    Ich habe nun endlich nach einem Jahr den Grabstein fertig.


    Ja, Nadine, alles Liebe - du bist eine starke Frau - deine Mama ist bestimmt stolz auf dich und ganz fest bei dir - <3
    sei gut zu dir
    herzlich, mit Umarmung :24:
    Malena <3

    Die Wahrheit triumphiert nie, nur ihre Gegner sterben aus (Max Planck)


    rilke.de/briefe/160703.htm


    VORÜBUNG FÜR EIN WUNDER


    Vor dem leeren Baugrund
    mit geschlossenen Augen warten
    bis das alte Haus
    wieder dasteht und offen ist

    Die stillstehende Uhr
    so lange ansehen
    bis der Sekundenzeiger
    sich wieder bewegt

    An dich denken
    bis die Liebe
    zu dir
    wieder glücklich sein darf

    Das Wiedererwecken
    von Toten
    ist dann
    ganz einfach

    (Erich Fried)

  • Liebe Nadine,
    um aus dem Gedankenrad zu kommen ist ein Gespräch mit dem behandelnden Arzt sicher hilfreich. Auch wenn du das Gesagte vielleicht noch nicht glauben kannst, wenn du ein Gesprächsprotokoll bekommst und es immer wieder liest oder ein Person, die dich begleitet (Finde ich sehr sinnvoll) dabei ist und mithört, dann kann durch immer wieder wiederholen ein "jetzt glaub ich es" eintreten.


    Die Frage hätte ... ist immer da. Egal welche Krankheit, egal was für ein Unfall oder was auch immer. Besonders stark ist die Frage bei Suizid. Und doch begleitet die Frage nach dem was wäre wenn, alle Trauernden. Das Ziel ist es, irgendwann annehmen zu können, dass es ist wie es ist. Kein leichtes Ziel.
    Tagebuch führen, malen, basteln, Gartenarbeit, kochen, bügeln,... alles was die Hände beschäftigt und du frei im Kopf bist, kann deine Gedanken außerdem weiterbringen.


    einen angenehmen Abend.
    Lg. Astrid.

  • Liebe Malena,


    nein, du schreibst nicht zu intensiv. Es tut gut. Also kann es nicht verkehrt sein. Es hilft mir sehr. <3


    Nein, ich habe die Entscheidung bezüglich des Autos erst einmal ein bisschen verschoben. Wir warten jetzt noch mal ein paar Wochen ab. Irgendwann müssen wir uns zwar entscheiden, aber ich fühle mich momentan nicht in der Lage, diese Entscheidung zu treffen, aus Angst, eben die falsche Entscheidung zu treffen.


    Es stimmt vielleicht, dass man immer Tochter/Kind und immer Mutter/Vater bleibt. Aber ich als Kind, habe das Gefühl, eine wichtige Stütze in meinem Leben ist weggebrochen. Meine Eltern waren immer da. Egal was war. Bei Liebeskummer, Ärger, bei freudigen Ereignissen. Einfach immer. Sie sind/waren für mich immer unsterblich und der Tod war immer ganz weit weg. Und plötzlich ist alles ganz anders.
    Ich habe einfach das Gefühl, mir fehlt ein Stück Sicherheit. Das heißt nicht, dass ich mich unsicher fühle, also in meinem Wesen, aber ein Stück Rückhalt fehlt. Und ich merke einfach auch jeden Tag mehr, wie viel Rückhalt meine Mama mir eigentlich gegeben hat. Wie oft sie für mich da war, auch wenn es nur um alltägliche und eigentlich auch unwichtige Dinge ging. Ich konnte sie immer anrufen. Sie war sofort zur Stelle. Wenn ich mich wegen meiner Arbeit geärgert habe, konnte ich mir bei ihr Luft machen und sie hat eigentlich immer die richtigen Worte gefunden. Oder sie hat einfach mit mir mit gemotzt. Wisst ihr? Das tat einfach auch so gut. Also einfach unterstützt zu werden oder sie war meiner Meinung. Das fehlt einfach so sehr. Auch dieses "bemuttert" werden. Ich hatte es da sehr gut. Und es ist für mich eine riesige Umstellung. All das fehlt so sehr.


    Mein Vater ist mir auch eine große Hilfe, aber er kann natürlich nicht meine Mama ersetzen und es gibt einfach Dinge, die nur die Mutter versteht. Und mein Vater hört auch nicht immer so richtig zu. Ich erzähle ihm Dinge aus dem Alltag und plötzlich redet er dazwischen und fängt von einem ganz anderen Thema an. Das macht mich dann immer so wütend. Obwohl ich weiß, dass er das gar nicht absichtlich macht. Es ist eben einfach so. Aber bei Mama war das eben anders... Ich muss mich daran gewöhnen. Ich habe auch Freundinnen, mit denen ich diese Dinge besprechen kann. Und wisst ihr was? ich habe festgestellt, dass ich wirklich tolle Freunde habe. Sie lassen mich nicht fallen. Auch wenn ich mich nicht melde, bleiben sie hartnäckig. Nicht alle, aber doch einige. Fragen immer wieder nach, wollen etwas unternehmen oder vorbeikommen und das tut so gut, denn ich kann mich nicht immer melden. Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll, aber ich kann nicht. Und dann ist es gut, dass sie einfach kommen oder was abmachen.


    Ich werde demnächst mit der Freundin meiner Mutter sprechen wegen des Arztbesuches. Beim letzten Arzttermin war sie sogar mit im Raum. Vielleicht kann sie mir da auch noch mal etwas erzählen. Die letzten Tage fühlte ich mich allerdings nicht so richtig bereit, mich dem zu stellen.
    7 Wochen ist sie nun schon nicht mehr da.


    Ja, ich hoffe sehr, dass sich der Schmerz verändert. Sich wandelt und mir nicht mehr zu sehr ins Herz schneidet. Ich habe das Gefühl, es ist momentan einfach alles anstrengend. Sogar die einfachsten Dinge. Auch im Büro unterlaufen mir momentan leider immer wieder so kleine Flüchtigkeitsfehler, weil ich oft mit meinen Gedanken bei Mama bin. Ich hätte es gern anders. Dass ich mich im Büro nur auf die Arbeit konzentriere... Aber es will noch nicht so recht klappen. Mein Chef ist natürlich nicht so begeistert, aber ich kann es momentan leider nicht ändern.


    Dafür habe ich bei meinem Nebenjob sehr verständnisvolle Chefinnen. Sie sind da ganz anders. Fangen mich auf. Haben Verständnis oder drücken mich einfach, wenn es notwendig ist.


    Zum Grab meiner Mama: :
    Meine liebe Oma starb Silvester 2014 und mein Opa hatte damals ein Rasengrab ausgewählt. Also eines, wo man nichts bepflanzen kann. Im Winter darf man dort etwas hinstellen, aber ab April nicht mehr, da dort dann Rasen gemäht wird und so. Und wir haben meine Mutter sozusagen im Schoße ihrer Mutter beerdigt. Die Urne wurde auf Omas Sarg "aufgesetzt", so nennt man das wohl und sie bekommt irgendwann noch einen Stein. Damit haben wir uns noch nicht beschäftigt. Manchmal bringe ich ein paar Blumen hin. Noch darf ich ja. Aber ich fühle mich ihr dort nicht so Nahe. Es ist komisch. Vielleicht kommt das, wenn ich auch keinen Stein sehe. Ihren Namen. Ich weiß nicht. Ich denke, das wird die Zeit zeigen.


    Ich verfolge seit längerem schon einen Blog und dort habe ich eine tolle Idee aufgeschnappt, die ich für mich umsetzen werde.


    Die Bloggerin dort hat auch ihre Mutter verloren und hat eine Art "Gedenk-Kiste" angelegt. Dort bewahrt sie Dinge ihrer Mutter oder Dinge, die an ihre Mutter erinnern auf. Bilder, ein Stück Seife, etc. Das finde ich toll. Sie macht es auch, damit ihre Kinder sich an die Oma erinnern können. Die Kiste wird dann ab und an hervorgeholt, darin gestöbert, Geschichten werden erzählt, so gerät sie nicht in Vergessenheit bei den Enkelkindern. Ich finde das sehr schön. Und ich möchte das auch machen. Für mich vor allem, aber auch für meine zukünftigen Kinder später. Sie werden ihre Oma ja leider nicht mehr kennenlernen, aber ich möchte ihnen mitgeben, dass sie eine tolle Oma gehabt hätten oder haben. Sie ist ja nur an einem anderen Ort.


    Die letzten Tage ging es mir eigentlich ok. Gestern Abend hatte ich einen kleinen Weinkrampf beim Autofahren. Das passiert mir öfter. Wieso eigentlich gerade beim Autofahren?


    Liebe Astrid, ich danke auch dir sehr für deinen Zuspruch und deine Anregungen. Es tut gut und es hilft.
    Ich versuche mich momentan sehr viel mit kreativen Dingen zu beschäftigen, mit Holz zu werkeln, malen, basteln. Es tut gut. Nur der Haushalt will nicht so recht ablenken. Dabei wäre das momentan eigentlich mal angebracht. Aber alles auf einmal geht eben nicht.


    Heute scheint die Sonne. Ich werde die nächsten Tage ins Gartencenter fahren und ein paar Blumen besorgen und dann endlich mal anfangen, die Terrasse ein bisschen frühlingshaft zu gestalten. Ich merke, dass ich das gerade sehr brauche. Ein bisschen Farbe.


    Herzliche Grüße
    Nadine <3

  • Liebe Nadine,
    LEIDER läuft der Haushalt nicht weg - glaub mir, ich habs schon oft versucht. Der vermehrt sich nur ganz bösartig (nein nicht die Größe meines Haushaltes, sondern das Chaos!) Also keine Sorge, er wird noch da sein, wenn du dich seiner annimmst. Das mit dem Haushalt war als Vergleich gedacht, welche Sisyphosarbeit er ist. Haushalt und Trauer haben gemeinsam, dass sie nicht erledigt werden können.


    Das Werken mit Holz - einem lebendigen Material - und das Sehen, was entsteht, stelle ich mir sehr hilfreich vor. Auch wenn es noch nicht so erlösend wie früher ist.
    Die Gedenkkiste finde ich sehr schön - vielleicht wird sie für dich zur Schatzkiste.
    Darf man auf einem Rasengrab Gänseblümchen oder Kleeblumen setzen? Können abgemäht werden, kommen aber immer wieder ;) Wäre vielleicht eine Möglichkeit Blumen auf dem Grab zu haben?


    Was hast du für einen Nebenjob? Was machst du denn noch so? Du scheinst als hättest du trotz all dem noch sehr viel Energie. Das freut mich - ansonsten: übernimm dich nicht.
    Lg. und viele Sonnenstrahlen zum Tanken
    Astrid.

  • Liebe Nadine, <3


    ich hatte eine gruselig stürmische Woche, jetzt bin ich zerzaust aber doch etwas erholter hier um dir einen lieben Gruß zu schicken. Danke für deine Worte, und wie gut dass ich nicht zu intensiv schreibe - sondern das für dich passt.


    Ach, warum man im Auto weint, keine Ahnung.
    Bei mir ist es so dass ich ja auch das Auto meiner Mutter "geerbt" habe, es wäre mir lieber gewesen dass nicht aber immer wenn ich dadrin sitze denke ich es ist ein wenig wie in einem Uterus...und ich fühle mich geborgen - auch wenn das schräg klingt. Die Säuglinge schlafen ja auch genau deswegen im Auto ein, weil die Geräusche an die der Organe erinnern, und das sanfte rütteln...


    Ja und dann, im Auto ist man auch alleine und auf sich zurück geworfen...manchmal läuft auch Musik die passt, am Weg zur Arbeit denke ich oft an meine Mutter weil ich hoffe, und mir wünsche dass sie mir Kraft gibt...und wenn ich zurück fahre erzähle ich ihr in Gedanken vom geschafften Tag...und dann gehen oft die Gefühle wie Wasser dass sich seinen Weg durch Fels sucht eben auch über und kommen als Tränen heraus.


    So weit meine Theorie, was denkst du?


    Ja, das Bemuttert werden, das fehlt sehr. Man kann wenn man Glück hat es von Freundinnen, von Freundinnen der Mutter oder so finden. Ich habe auch eine andere, tiefere Beziehung zu meinem Vater seid dem Tod meiner Mutter, und bei dir scheint es ähnlich zu sein? Wie gut dass ihr euch habt!


    Ich lese aus deinen Worten auch viel Kraft und Lebenswillen, Pragmatismus und ja, ich denke die Kraft kommt aus der Liebe die dir deine Mama geschenkt hat...diese Gedenkkiste finde ich sehr schön, ich werde mich davon inspirieren lassen - danke !


    Sehr gerne würde ich Bilder deiner künstlerischen Arbeiten mit Naturmaterialien - Land Art? - sehen. Vll. magst du einmal was hereinstellen? Wäre super :)


    Sehr schön finde ich auch wie deine Mutter im Schoß ihrer Mutter liegt. Dass die geliebten Menschen, die Mutter, die Mama nicht beim Grab ist das Gefühl kenne ich. Das Grab ist für mich ein Gedenkort, den ich schön gestalte und von dem ich weiß dass sie gerne dort ihre sterblichen Überreste haben wollte, eben auch im Schoß ihrer Eltern. Ich mag den Baum dort, und den Efeu, aber manchmal nervt mich der Friedhof auch und ich würde am liebsten alle Urnen hierher in den Garten holen, aber dafür ist der Baum der dort wächst zu schön...ich habe auch erst gerade den Namen in den Stein meisseln lassen und werde das bald erst zum ersten Mal sehen...und jedes Mal wenn ich beim Grab bin hat das auch etwas beruhigendes, es ist wie ein symbolischer Akt, ein Ritual das mir einen Frieden gibt. Aber tragen tu ich meine Mutti im Herzen, und du ja deine auch...


    kannst du ihre Stimme im Herzen spüren?


    So, jetzt wünsche ich dir einfach mal ein wunderschönes, friedvolles Wochenende
    mit dir allein oder lieben Menschen und schönen Momenten


    mit herzlichem Gruß,
    Malena <3

    Die Wahrheit triumphiert nie, nur ihre Gegner sterben aus (Max Planck)


    rilke.de/briefe/160703.htm


    VORÜBUNG FÜR EIN WUNDER


    Vor dem leeren Baugrund
    mit geschlossenen Augen warten
    bis das alte Haus
    wieder dasteht und offen ist

    Die stillstehende Uhr
    so lange ansehen
    bis der Sekundenzeiger
    sich wieder bewegt

    An dich denken
    bis die Liebe
    zu dir
    wieder glücklich sein darf

    Das Wiedererwecken
    von Toten
    ist dann
    ganz einfach

    (Erich Fried)