Am Ende meiner Kräfte

  • Mein Mann ist am 29.9.2017 an Krebs gestorben. Die Diagnose kam im Nov 16, einen Tag zuvor wurde unser heiss geliebter Kater von einem Traktor überfahren. Er war das letzte lebende Überbleibsel meiner Mami, die 2015 an Krebs verstarb.

    Das hatte für uns schon ein schlechtes Omen, als wir am nächsten Tag die Praxis des gefühlskalten Urologen, Tränenüberströmt betraten. Und dann die Diagnose, Blasen und Prostatakrebs. Mehr muss ich an dieser Stelle nicht dazu berichten.

    Eine harte Zeit brach für uns an. Warum das nun auch noch? Mein 1. Mann starb an Heiligabend 1999, die erste Frau meines Mannes starb auch an Krebs. Wir waren so glücklich miteinander, alles war perfekt, ich war genau das was er brauchte und ich hatte endlich genau den Menschen und Seelenbruder an meiner Seite den ich wollte.

    Wie es dann weiterging berichte ich vielleicht an anderer Stelle, wie es ausgegangen ist , ist ja nun bekannt.


    Ich war gerade 6 Wochen in Indien, da ging es mir etwas besser, aber wieder zu Hause, wir leben in einem kleinen Dorf in der Nähe Berlin, haben einen alten Hof den wir eigenhändig über Jahre saniert und ausgebaut haben und alles erinnert mich an Ihn und unsere harte aber auch schöne Zeit der Bautätigkeit. Das große Haus erschlägt mich oft und nimmt mir die Luft zum atmen. Es ist so viel Arbeit und ich schaffe kaum die kleinsten Dinge. Habe soviel Ärger um mich rum und sitze nun schon wieder seit Tagen um die geforderten Unterlagen für den Anwalt zusammen zu suchen. Eine Aufgabe die ich früher in 1 h erledigt hätte. Alles dauert ewig, nichts bewegt sich, bzw nur im Schneckentempo. Ich schaffe immer nur eine Sache am Tag, entweder mache ich die Unterlagen oder ich probiere mir eine vernünftige Mahlzeit zu zu bereiten.

    Morgen muss ich nun schon wieder nach Berlin fahren, selbst die Autofahrt schaffe ich kaum und niemand hat Verständnis für mich. Ich die Macherin, die ewig starke, mutige schillernde Persönlichkeit. Keiner sieht das ich nicht mehr kann, weil ich immer noch nicht zusammengebrochen bin und nicht krank werde.

    Mein Schmerz ist so groß das ich mich ständig so fühle als würde mein Herz in 1000 Teile springen, ich bin so wahnsinnig traurig und schlafen ist auch nicht richtig drin.


    Meine paar Freunde leben in Berlin und kommen nie zu mir, sie rufen auch nicht von sich aus an, wenn ich mich aufraffe und mich melde hören sie eine Weile zu. Ich bin so einsam und alleine, habe keine Familie und keine Kinder und eigentlich wenn ich es recht betrachte auch so gut wie keine Freunde. Niemand Hilft mir. Ich schaffe das alles nicht mehr alleine. Was soll ich nur tun, wie geht ihr damit um

  • Liebe Feuervogel!


    Es tut mir so leid, dass das Schicksal so zugeschlagen hat bei dir. Ich will dir mein aufrichtiges Mitgefühl ausdrücken.

    Du bist, wie ich gelesen habe, jetzt also schon zum zweiten Male in der Situation, dass du einen Partner verloren hast!


    Da ist es mehr als verständlich, dass du dich so fühlst, wie du dich fühlst.

    Das Fortfahren, das kenne ich, tut zwar gut, aber man kommt ja doch wieder nach Hause. Und dann sieht man, was alles zu tun ist und hat kaum Kraft! Ich kann das so gut nachempfinden, denn ich musste ein Jahr lang zu meiner Arbeit dazu noch das Geschäft meines Mannes "führen" (mit Hilfe). Es ist einfach sehr viel auf einmal!


    Was mir aber so gut getan hat, das muss ich immer wieder betonen, ist, das Schreiben hier! Ich hoffe du fühlst dich hier wohl. Hier kannst du alles ansprechen, du fühlst dich dann nicht so alleine, ja man ist nicht alleine.

    Schreibe, wenn immer du es brauchst, du wirst sehen, Vieles ordnet sich dann im Kopf viel besser, man bekommt von anderen Verständnis und auch immer wieder hilfreiche Inputs.

    Am Wochenende ist es nur hier oft etwas ruhiger, also sei nicht traurig, wenn heute vielleicht noch nicht so viel kommt.


    Ich wünsche dir, dass du hier einen Ort für deine Trauer findest, der dir gut tut.

    Ich wünsche dir, dass du ein wenig Erleichterung erfahren kannst.

    Ich wünsche dir, dass du dich hier gut aufgehoben fühlst!

    Sei hier herzlich willkommen!


    Ganz liebe Grüße!
    Hedi

  • Liebe Feuervogel,

    mein aufrichtiges Beileid!

    Deine Zeilen haben mich sehr berührt! Bei meinem Lebensgefährten wurde im August 17 Prostatakrebs mit Metastasen in vielen Knochen & anderen Organen festgestellt.

    Mit starken Schmermitteln geht es ihm dzt. ganz "gut", aber es ist klar, wohin die Reise geht.

    Auch ich fühle mich oft sehr einsam mit allem. Dagegen und gegen andere schwierige Gefühle anzukämpfen, das fühlt sich oft an wie Rudern gegen den Strom.

    Ich kann vieles, was Du schreibst, so gut nachvollziehen!!!!!!!

    Ich gehen zu einer Therapeutin und zur Beratung in die Krebshilfe (regelmässig). Beides tut mir sehr gut.

    Ich traue mich fast gar nicht, Dir einen Tipp zu geben, weil Du mit Verlusten ja schon so viel Erfahrung hast. Aber trotzdem die Frage: gibt es die Möglichkeit, Dir Unterstützung zu suchen? Eine Selbsthilgegruppe, Trauergruppe, Beratung bei der Krebshilfe, Hospizbewegung? Dann natürlich ganz klassisch eine Therapeutin?

    Ich wüsste nicht, wie ich es ohne diese Form von Unterstützung schaffen könnte.

    Auch von mir ein herzliches Willkommen hier!!!!!!!! <3

  • Liebe Feuervogel,

    Auch ich sende dir mein alleraufrichtiges Mitgefühl!

    Deine Geschichte macht mich sehr betroffen.

    Wir hier im Forum haben das alles, was du schreibst entweder fast genauso oder ähnlich erlebt, bzw sind noch mittendrin.

    Diese abgrundtiefe Trauer, als wenn es einem das Herz herausreißt,

    Die Enttäuschung von " Freunden ", die ein riesiges Problem mit Trauer und Tod haben,

    Diese totale Überforderung, Einsamkeit,

    Geldsorgen, und, und, und ....


    UMBRUCH, DEN WIR ABSOLUT NICHT WOLLTEN! !!!!!


    Ich rate dir: Schreib dir alles von der Seele und such dir eine Trauergruppe, in der du dich erstmal verstanden fühlst.

    Ganz herzliche Grüße, Lilo

  • Liebe Feuervogel,

    auch von mir herzlich willkommen hier bei uns.


    Das Umfeld macht die Trauer oft nicht leichter. Und doch frage ich mich, wenn du schreibst "Die Macherin, die schillernde Person", so haben sie dich erlebt. Und dann bist du das plötzlich nicht mehr (verständlicher Weise). Kann es sein, dass sie das einfach übersehen? Dass sie gar keine Ahnung haben, was du brauchst oder willst von ihnen?


    Könnte vielleicht eine "Bedienungsanleitung" (entschuldige das blöde Wort, es fällt mir grad kein besseres dafür ein) helfen? Ein Brief, ein Mail, ein .... an deine Freunde, in dem du schreibst, wie es dir geht, was du brauchen könntest und was du dir wünschen würdest? Da könntest du dann auch rein schreiben, dass du gerne hättest, dass man dich hin und wieder anruft, dich besucht, dir einen Fahrdienst anbietet, eine Mahlzeit vorbei bringt.

    Ich weiß von vielen Menschen, dass es ihnen leichter fällt auf Trauernde zu zugehen, wenn sie ein bisschen eine Ahnung bekommen, was ihnen ein bisschen wohl tun könnte. Menschen haben die Scheu vor Trauernden, weil sie sich vor dem Schmerz fürchten, den du gerade erlebst. Menschen haben Scheu vor Trauernden, weil sie Angst haben, dass das auch in ihrem Leben passieren könnte. Menschen haben Scheu vor Trauernden.


    Das ist jetzt einfach eine spontane Idee und ich bin mir gar nicht sicher, ob das zu dir passt, weil ich dich ja noch gar nicht kenne.


    Ich wünsche dir für heute einen Engel - nach Andrea Schwarz:

    Glaubst du an Engel?

    Ja, ich bin schon einigen begegnet.

    Flügel hatten sie allerdings keine.


    Und so wünsche ich dir, dass heute einer dieser Engel zu dir kommen möge.


    Lg. Astrid