Hallo, ich bin neu hier!
Vor zwei Wochen ist meine große Schwester gestorben, bzw. der genau Todeszeitpunkt ist unbekannt. Am 7.7. wurde sie aufgefunden, 2 Tage vor ihrem 56. Geburtstag. ich war zu der Zeit im Urlaub, habe es am 8.7. von meinen Eltern erfahren.
Ich mache mir schwere Vorwürfe, dass ich nicht mehr für sie da war, immer nur selbstsüchtig an mich gedacht habe und sie nicht unterstützt habe oder motiviert habe oder einfach mal sie besucht habe.
Sie hatte so ein sche* Leben und mir ging es so gut, in allen Dingen. Mit sche* Leben meine ich viele Probleme und kein Glück. Scheidung, alleinerziehend, chronisch krank (Diabetes), mit einem Alkoholiker zusammen, der dann verstorben ist, allein mit den Schulden dastehend, Arbeitsplatz durch betriebsbedingte Kündigung verloren, dann nur noch ALG2.
Seit Oktober 2017 war sie immer viel krank, Durchfall, Augeninnendruckerhöhung, Glaukom und entgleister Zucker, Gewichtsverlust. Aber ich habe mich nicht gekümmert, ich wusste nicht, dass es so ernst ist, sie hat kaum was erzählt, aber das ist keine Entschuldigung, trotzdem hätte ich was machen können. Hätte das verhindern können!!! Ich hätte mich vorher schon kümmern müssen. Aber das habe ich nicht, ich wollte ihr nicht immer Geld geben und sie gibt es dann für Zigaretten aus oder für Nippes. Vor ein paar Jahren hat sie immer wegen Geld gejammert, aber nie versucht, mal wieder eine Arbeit zu bekommen. Hat sich von freunden zurückgezogen. Lebte in ihrer Traumwelt als Geliebte von einem Sänger. Aber ich hätte sie auch ohne Geld unterstützen können, einfach mal was mit ihr unternehmen, damit sie was anderes sieht. Wir haben sie kaum mit Geld unterstützt, weil sie nie damit umgehen konnte, nie das richtige gekauft hat, aber auch nie mal ein Blümchen für meine Mutter zum Geburtstag mitgebracht hat.
Natürlich war sie auch schwer depressiv, das wäre wohl fast jeder in so einer Situation, allein, chronisch krank, arm. Da weiß man nicht mehr, wie sich das anfühlt, neue Bettwäsche zu haben oder ein schönes neues T-Shirt anzuziehen, frisches Gemüse zu essen oder mal einen Kaffee im Cafe zu trinken, oder eine Umarmung. Selbstverständliche Dinge für die meisten!! Das wird mir erst jetzt bewusst....(und bin dankbar, dass es mir noch so gut geht!)
Sie hat gebeten, zum Geburtstag Lebensmittel geschenkt zu bekommen!!!
Sie ist allein im Badezimmer gestorben und hat vermutlich dort einige Tage gelegen, bevor meine Eltern sie fanden (bzw. die Polizei, so dass meine Eltern sie nicht gesehen haben).
Und ich hätte sie so gern noch umarmt, jetzt konnte ich sie nur noch als Tote sehen und mich von ihr verabschieden und über die Haare streichen...Sie war so klein und dünn...
Hätte sie doch wenigstens noch einen schönen Geburtstag gehabt!! Meine Eltern wollten einen Ausflug mit ihr machen und wir hätten dann nach meinem Urlaub in der Familie gefeiert.
Sorry, langer Text, aber wenn ich nicht abgelenkt bin und allein bin (und das bin ich leider meistens), dann kommen diese furchtbaren Gefühle auf, Mischung aus Verlust, Schuld, Selbstvorwürfe, Mitleid mit ihr, hätte-ich-doch-besser-dies-und-das-getan....Und ich fühle mich so mies und habe ein schlechtes Gewissen, wenn ich was esse oder frische Wäsche anziehe.
Ich bin selbst auch nicht gerade der glücklichste Mensch, habe so einige Probleme zu bewältigen und mit Depressionen zu kämpfen. An dem Tag, als ich es erfahren habe, waren wir den ganzen tag am Meer baden und ich habe mich seit langem nicht mehr so unbeschwert gefühlt und sogar richtig gelacht!! Die letzten 1,5 Jahre waren bei mir viel durch Tränen geprägt, Probleme, Zukunftsängste und sonstiges. Aber an dem Tag konnte ich wirklich mal ein paar Stunden im Wasser einfach nur die Wellen spüren und leichter werden. Und dann am Abend, als wir wieder zu Hause waren, der Schock. Wieder eine Bestrafung für ein paar Stunden Unbeschwertheit....sorry, ich werde jetzt selbstmitleidig, aber so fühlt es sich an, denn jedesmal, wenn ich mal ein paar Tage keine Problem habe und unbeschwerter bin, dann kommen immer Hammerprobleme und Kummer und Sorgen wie eine Bestrafung.
Ich musste das mal loswerden, daher habe ich mich hier angemeldet. Ich hoffe, das ist ok.
Mit meinen Eltern kann ich nicht über sowas reden (die wollen alles (Beerdigung etc.) nur schnell 'hinter sich bringen' - unverständlich für mich) und meine Neffe (ihr Sohn) hat selbst psychische Probleme, ihm helfe ich jetzt mit den Formalitäten, das lenkt ab und hilft ihm. Meinen Freund heule ich schon die ganze zeit was vor, aber er ist wieder viel arbeiten nach dem Urlaub und Freundinnen habe ich eigentlich keine, nur eine. Und im Moment noch nicht einmal Arbeitskollegen, denn ich habe meine Arbeit am 30.6. verloren bzw. der Vertrag wurde mal wieder nicht verlängert. Und zum Therapeuten macht keinen Sinn, da ich in vier Wochen wieder mal ins Ausland gehe(n muss), was mir im Moment auch nicht gerade leicht fällt. Zu viele Abschiede in diesem Jahr....
Sonja (sunbabe hat meine Schwester mich immer früher genannt, als wir Kinder waren)