Und jetzt???

  • Und jetzt???

    Seit meine Mutter am 21.November gestorben ist, gehen mir immer wieder diese Worte durch den Kopf. Und jetzt???

    Die Tage danach sind wie im Rausch an mir vorüber gegangen und ich habe mehr oder weniger funktioniert. Jetzt liegt die Beerdigung hinter uns und auch ihren Geburtstag, genau 2 Wochen danach, haben wir geschafft. Und jetzt sagt mir mein Kopf, ist es Zeit wieder im Alltag anzukommen, mit der Trauer umgehen zu können, zu akzeptieren, dass es so ist wie es ist.


    Ich kann es aber nicht akzeptieren, dass sie nicht mehr da ist. Nicht akzeptieren und nicht verstehen.

    Meine Mutti wäre letzte Woche 82 Jahre alt geworden und war an Demenz erkrankt. Es tat mir in der Seele weh,zu sehn wie sie immer weniger wurde, körperlich und geistig.Besonders in den letzten Monaten wurde es immer schneller schlimmer und der Mensch, der meine Mutter einmal war, verschwand immer mehr.

    Vor 2 1/2 Wochen ist sie zuhause eingeschlafen, am Morgen nicht mehr aufgewacht. Da die Krankheit schon sehr weit fortgeschritten war, haben wir in der letzten Zeit immer wieder darüber nachgedacht, ein Pflegeheim für sie zu suchen. Das ist ihr erspart geblieben und ich bin dem langjährigen Lebensgefährten meiner Mutter unendlich dankbar, dass er bei der Pflege und Betreuung über sich hinausgewachsen ist und sie zu Hause bleiben durfte.


    Ich weiß, dass es tröstende Worte waren die mir auf der Beerdigung gesagt wurden wie z.B. "es war doch besser so"," nicht traurig sein und weinen, Kopf hoch";

    "sie hatte Glück und durfte zu Hause sterben", "das ist der Lauf des Lebens" und mein Kopf sagt mir, dass das alles stimmt.

    Aber in mir tut alles weh, wenn ich gleichzeitig an Glück und "besser so" und den Tod von meiner Mutti denke. Vielleicht ist es auch noch zu früh, dass vom Herzen her zu verstehen, dass es besser war und sie Glück hatte. Ich versuche zu akzeptieren, dass nun ein neuer Lebensabschnitt begonnen hat, dass ich nach 51 Jahren Kind meiner Mutter zu sein, nun auf dieser Welt von niemanden mehr das Kind bin.


    Ich versuche mich immer wieder abzulenken und mal an was anderes zu denken, doch wenn ich dann wieder an sie denke, ist es wie ein Hammerschlag und kaum zu verstehen. Das erzählen von Erinnerungen tut mir sehr weh und ich kann damit z.Zt. noch gar nicht umgehen.

    Das alles raubt mir soviel Kraft und im Moment habe ich das Gefühl es wird teilweise immer schlimmer statt besser.

    Nach Krankenschein und Sonderurlaub wird morgen wieder mein erster Arbeitstag sein. Ich weiß gerade nicht wie ich dass schaffen soll. Selbst hier zu Hause ist alles so anstrengend und ich frage mich woher ich die Kraft nehmen soll, in meinem ziemlich anstrengenden Job wieder zu funktionieren.


    Jetzt habe ich meine Gedanken hier aufgeschrieben, ganz schön durcheinander und vieles nur angerissen. Aber ich werde es trotzdem hier ins Forum stellen. Mich hier anzumelden und nun auch etwas zu schreiben, sind kleine Schritte, die mir gut tun.

    Ich danke Euch fürs lesen und hoffe Ihr könnt einige meiner Gedanken und Gefühle, so wie ich sie aufgeschrieben habe. verstehen,


    Liebe Grüße

  • Liebe Suesi,


    meine aufrichtiges Beileid zum schweren Verlust deiner Mutti.


    Deine Gedanken und Gefühle kann ich total nachvollziehen, da meine Mama im Alter von 71 Jahren am 07.05.2019 an Lungenkrebs verstorben ist.


    Es sind jetzt sieben Monate und zwei Tage. Es fühlt sich immer noch so unwirklich an und sie fehlt mir immer mehr. So wie du bin ich mit meinen 51 Jahren von niemandem mehr das Kind........ Auch wenn man sich ablenkt, landen die Gedanken immer und immer wieder bei ihr.


    Ich wünsche dir ganz viel Kraft für diese schwere Zeit und sende dir liebe Grüße

    Sveti

  • Liebe Suesi,

    mein aufrichtiges Beileid und ein leises Willkommen hier im Forum.

    Ja, der Kopf weiß so viel, aber das Herz spielt dabei nicht mit. All die Sprüche von den Menschen kommen im Herzen nicht an. Denn das Herz liebt und denkt nicht. Mit all den Sprüchen der Leuten kann das Herz nichts anfangen, es macht nur noch trauriger.

    Bei Dir ist noch alles so frisch, da hat es mich auch sehr geschmerzt von Mutti zu reden. Jetzt, nach all den Jahren, erzähle ich sehr gern von meiner geliebten Mutti.

    Ablenkung, ist gewiß kein Fehler, aber die Trauer fordert ihr Recht, denn sie will gelebt werden, beachtet werden, gesehen werden.

    Jeder Mensch hat seinen ganz persönlichen Trauerweg. Trauerarbeit wird oft unterschätzt. Trauerarbeit ist Schwerstarbeit für Körper, Geist und Seele. Und ich denke, mit Deiner Anmeldung hier im Forum hast Du schon einen großen Schritt nach vorne getan. Hier kannst Du mit Betroffenen schreiben und nach lesen, wie es Andere so bei ihrer Trauer ergeht.

    Du wirst noch viel Kraft brauchen. Du bist noch ganz am Anfang.

    Alles Liebe

    Kornblume

  • Liebe Suesi, alles was du schreibst kann ich so gut nachempfinden... Meine Mutter starb am 25. September - am 17. Oktober wäre sie 84 Jahre alt geworden. Sie war sehr krank - dialysepflichtig - und hat immer wieder sehr gekämpft. sie war zum Glück bis zuletzt bei uns und wir konnten uns gut voneinander verabschieden. Mein Vater ist auch sehr über sich hinausgewachsen in der Pflege meiner Mama - sie konnte nur noch wenig selber machen da die Kraft fehlte....

    Ja, wir haben nun keine Mama mehr und egal wie alt wir sind: Sie fehlen, die Mamas...und das werden sie - bis zu unserem Lebensende. Die Hand einer Mutter kann niemand ersetzen... Der Alltag holte mich schnell ein und das war auch gut. Aber es vergeht kein einziger Tag, an dem ich nicht an sie denke, sie höre, sie spüre, um sie weine... Aber das ist gut so. Es ist eine ganz unwirkliche ituation und der Kopf und das Herz sind nicht immer einer Meinung...

    Ja, wenn Krankheit und Leid das Leben schwer macht und dann der Tod "Erlösung" darstellt, so weiß das der Verstand. Aber das Herz??? Nein, das vermisst einfach nur!

    Ich glaube, du musst dir Zeit lassen...

    Vielleicht kannst du erst halbtags wieder arbeiten, langsam wieder einsteigen. Kannst du mit deinem Arzt sprechen? Ich glaube, es ist nicht gut, wenn wir in der Trauer versinken, aber wenn die Seele noch Zeit braucht, dann gib sie ihr.

    Ich habe das Glück ein tolles Kollegium zu haben und einen Beruf, der mich erfüllt. Auch meine Mama hat immer daran Anteil genommen und sich mit mir gefreut, mit mir geärgert, mit mir gelacht und immer hat sie mir Mut gemacht, wenn es mal nicht so lief wie ich das gerne gehabt hätte...

    So konnte ich wieder gut ins Leben finden - aber der Schmerz ist immer noch da. Aber er wandelt sich. Das wirst auch du erleben.

    Wir müssen unsere Mamas fliegen lassen... Ein anderer Weg hat für sie begonnen und wir müssen lernen, unsere Wege zu gehen... Und denk nicht, du bist alleine!!! Unsere Mamas passen noch immer auf uns auf - nur anders. Wenn wir sie frei lassen, haben sie die Chance uns auf andere Weise unter ihre Fittiche zu nehmen...

    Weine, wenn dir danach ist, lache wenn dir danach ist, sei wütend wenn du das jetzt gerade brauchst. Alle Gefühle dürfen sein!

    Schreibe wann du willst, was du willst - wir sind da...und irgendwer antwortet einem immer, fühlt mit, weint mit...

    Sei umarmt!

  • Vielleicht ist es auch noch zu früh, dass vom Herzen her zu verstehen, dass es besser war und sie Glück hatte.

    Liebe Suesi,

    Auch von mir ein herzliches Willkommen im Forum, trotz der traurigen Umstände ist es schön, dass du dieses Forum gefunden hast. Dein Verlust tut mir sehr leid, und so wie du bereits schreibst, es ist noch so früh. Erst am 21. November musstest du deine geliebte Mutter verabschieden.


    Jeder Trauerprozess verläuft ganz unterschiedlich, gib dir die Zeit die DU brauchst... Schreib uns jederzeit wie du dich fühlst, und lass dich ein Stück begleiten <3

    Isabel

  • Ganz lieben Dank für Eure tröstenden und herzlichen Worte.

    Es tut gut zu lesen, dass es Anderen genauso geht wie mir.


    Immer wieder schreibe ich etwas, und lösche es doch wieder.

    Vielleicht klappt es ja morgen besser, meine Gedanken und Gefühle in Worte zu fassen.

    LG Suesi

  • Ihr Lieben,

    bin gescheitert beim Versuch arbeiten zu gehen. Aber ich glaube es war gut, es zumindest versucht zu haben.

    Der Wille war da, aber mir hat einfach noch die Kraft gefehlt.


    Ja, liebe Kornblume, so fühlt es sich an, wie Schwerstarbeit. Die kurzen Momente der Ruhe und Ablenkung geben mir im Moment einfach noch nicht genug Kraft, wieder den Alltag mit allem drum und dran aufzunehmen und mit meiner Traurigkeit zurechtzukommen. Ich werde jetzt versuchen es zuzulassen und mir die Zeit zu geben, die ich brauche.


    So hast Du es mir gestern auch geschrieben liebe Mirachen, Zeit lassen aber trotzdem nicht in der Trauer versinken.j Die letzten 2 Wochen sind irgendwie im Rausch an mir vorbeigegangen. Ich habe funktioniert, habe mich gekümmert und in ruhigen Momenten nur noch geweint. Meine Familie hat mich unterstützt wo es nur ging, aber letztendlich bin ich in mir mit meiner Traurigkeit allein.


    Am Sonntag ist irgendwas in mir passiert und ich glaube erst da wurde mir erst so richtig bewusst, dass Mutti nie mehr wiederkommt, dass es wirklich endgültig ist. Wir waren schon einige Male bei Ihr zu Hause, da wo sie gelebt hat,wo sie gestorben ist und da wo jetzt Ihr Lebensgefährte alleine wohnt. Am Sonntag fiel es mir sehr schwer in die Wohnung zu gehen, ich konnte kaum ins Wohnzimmer gehen, habe sie in Gedanken überall sitzen sehen und immer auf ihr Rufen aus dem Schlafzimmer gewartet. Umgeben von Ihren Sachen und Photos von Ihr, uns und den Enkelkindern kam die Verzweiflung mit solch einer Wucht, dass ich nur noch weinen konnte. Als wir über Weihnachten gesprochen haben, wurde mir erst so richtig klar, dass ich dass erste Mal ohne meine Mama den heiligen Abend verbringen werde und dass, wie ich es drehe und wende, wie sehr ich es mir auch wünsche, Mutti nicht mehr da sein wird.


    Auch mein kurzer Besuch im Kindergarten, dort arbeite ich als Erzieherin, hat so weh getan. Da habe ich am 21. Nov den Anruf beikommen, dass etwas mit meiner Mutter nicht stimmt und auch die Nachricht, dass sie in der Nacht gestorben ist. Heute Morgen habe ich mich gesehen, wie ich weinend durch die Einrichtung laufe, meine Kollegin versucht mich aufzufangen und auch da wurde mir so wirklich bewusst, es ist wirklich wahr,sie kommt nicht mehr wieder.

    Es tut so unendlich weh wenn sich der Nebel lichtet und die knallharte Wahrheit in meinem Kopf so richtig ankommt, aber ich hoffe, dass ich jetzt auf dem richtigen Weg bin. Wenn ihr versteht was ich meine.


    Ein lieber Gruß an Euch

    Suesi

  • Liebe Suesi, gib dir Zeit! Das ist super dass du es versucht hast... Ich arbeite auch im Kindergarten. Auch mein erster Versuch scheiterte kläglich...aber das war voll in Ordnung... Eine Woche später ging es dann und mir hat der Alltag mit den Kindern, meine Strukturen in der Gruppe usw. echt geholfen! Ich hab die tollste Kindergartengruppe der Welt ;-) Aber man muss es langsam angehen... Ich hab mit meinen Kolleginnen den Alltag geteilt so dass ich eher im "Hintergrund" schaffen konnte: Das Essen vorbereiten, kleine Bastelarbeiten mit einzelnen Kindern usw. und dann immer mehr "wie früher"... So kommt man wieder in die Arbeit und es kann helfen, den Blickwinkel zu wechseln... Und wenn mal Tränen kommen: Ist ok!

    Gerade aber jetzt in der Adventszeit, da ist es zugegeben wieder etwas schwerer... diese innige Zeit, das Erzählen von Maria und Josef, vom Engel und dem Eselein... da muss ich gut innerlich bei MIR sein damit das schön geht für die Kinder.... Ich arbeite in einem Waldorfkindergarten und da ist manches ein bissel anders.

    Aber jeder muss echt seinen Weg finden!

    Versuche es immer wieder und sei einfach offen. Setz dich nicht unter Druck... Das kommt! Wirst sehn...

    Ich drück dich ganz feste - von Kollegin zu Kollegin <3<3