Was macht ihr gegen das Alleinsein

  • Hallo liebe Trauernden,


    Sicher geht es einigen so wie mir die nach ihrem schweren Verlust alleine sind. Freunde leben entweder sehr weit weg oder haben sich zurückgezogen.

    Wir waren die letzten Jahre mehr unter uns und haben uns damit sehr wohl gefühlt. Die anderen leben halt ihr Leben weiter, klar. Ich stelle an mir fest, dass dieses Alleinsein das Grübeln ertieft, die Trauer einen noch mehr überwältigt. Keine Kommunikation, kein vertrautes Miteinander. Kein nichts mehr.

    Macht ihr was dagegen und wenn, was ?

    Liebe Grüße Billi 🌻

  • Lieber Billi, liebe alle,


    mein Verlust ist ja noch recht frisch, und so richtig begriffen habe ich das Ganze immer noch nicht. Im Moment kann ich mir deshalb noch ein wenig einbilden, dass sich mein Alleinsein wie Kranksein anfühlt. Ich liege auf dem Sofa, gucke Fernsehen und warte darauf, dass alles wieder gut wird. Nur dass halt gar nichts mehr gut wird ... Und der richtige Horror des Alleinseins beginnt dann ja wahrscheinlich sowieso erst, wenn alle Formalitäten erledigt sind und irgendeine Art von Alltag eingekehrt ist. Deshalb wäre ich schon jetzt dankbar für jeden Tipp gegen dieses schlimme Gefühl des Alleinseins und der Verlorenheit.


    Herzliche Grüße

    Tine

  • Liebe Tine,


    es tut mir so leid für dich. Es ist tatsächlich so au h bei mir. Am Anfang diesen ganzen Bürokratismus erledigen, jetzt schon seit Wochen mit dem Umzug beschäftigt. Aber gegen das Alleinsein habe ich bisher noch kein Rezept gefunden und habe große Angst davor, wenn der Umzug vorbei und die Wohnung eingerichtet ist. Dann gibt es keine wirkliche Aufgabe mehr, was wird dann ?

    Liebe Grüße Billi 🌻

  • Liebe Tine

    einfach jede Gelegenheit nutzen um mit Menschen ins Gespräch zu kommen die in einer ähnlichen Situation wie Du sind oder zumindest bei denen zu erwarten ist, daß sie ein Mindestmaß an Empathie besitzen.

    Dazu vielleicht nach Angeboten von Trauergruppen und/oder -cafés in Deiner näheren Umgebung Ausschau halten.

    Jedes Gespräch mit Menschen die wie Du fühlen hilft, auch wenn es nur einen begrenzten Zeitraum dauert.

    Das anzugehen kostet manchmal unglaublich viel Energie, aber in aller Regel "lohnt" es sich.

    Ich wünschte ich würde immer die Kraft dazu finden.

    Aber alles ist besser als allein zuhause zu sein und nur zu grübeln.

    Herzliche Grüße Ralph

    Trauer. Ein Gefühl als ob Dir jemand bei vollem Bewusstsein das Herz aus der Brust reißt und eine lebensunfähige Hülle zurücklässt.

  • Liebe Tine,


    es tut mir so leid für dich. Es ist tatsächlich so au h bei mir. Am Anfang diesen ganzen Bürokratismus erledigen, jetzt schon seit Wochen mit dem Umzug beschäftigt. Aber gegen das Alleinsein habe ich bisher noch kein Rezept gefunden und habe große Angst davor, wenn der Umzug vorbei und die Wohnung eingerichtet ist. Dann gibt es keine wirkliche Aufgabe mehr, was wird dann ?

    Liebe Grüße Billi 🌻

    Lieber Billi,


    ich verstehe Dich so gut. Ich darf im Moment auch nur von Tag zu Tag denken. Wenn ich mir vorstelle, wie einsam die kommenden Wochen, Monate und Jahre werden, drehe ich durch.


    Herzliche Grüße und komm gut durch den Tag

    Tine

  • Lieber Ralph,


    das mit dem Reden ist tatsächlich so eine Sache. In den Tagen, nachdem es passiert ist, hatte ich das Bedürfnis, jeden Gedanken mitzuteilen und wollte einfach jedem alles erzählen, was passiert ist, wie es mir geht, welche Vorwürfe ich mir mache usw. Was eigentlich ungewöhnlich für mich ist, aber in so einer Extremsituation war einfach alles anders. Aber jetzt merke ich, wie ich so langsam wieder dicht mache und eigentlich nur noch mit den beiden Freundinnen, die Ähnliches erlebt habe, darüber spreche, und ansonsten nur noch, wenn jemand danach fragt. Und je nach gezeigtem Interesse erzähle ich dann mal mehr, mal weniger.

    Die Energie, zu einer Trauergruppe zu gehen, konnte ich leider noch nicht aufbringen. Vielleicht weil ich das Gefühl habe, dadurch wird alles irgendwie realer ... Aber wahrscheinlich sollte ich das wirklich mal in Angriff nehmen. Obwohl meine Hausärztin mir so ein wenig davon abgeraten hat, sie meinte, dadurch würde sich alles so in die Länge ziehen. Aber der Schmerz und die Trauer werden mich ja auch eine sehr lange Zeit begleiten ...

    Hast Du denn eine gute/hilfreiche Trauergruppe gefunden?


    Herzliche Grüße

    Tine

  • Gute Morgen Tine,

    ich war nie jemand der sich fremden Menschen gern öffnet und sich mitteilt.

    Deshalb war ich anfangs auch sehr skeptisch als mir meine Therapeutin vorschlug, eine Trauergruppe zu besuchen.

    Es hat mich sehr viel Überwindung gekostet und ich selbst wäre auch nie auf die Idee gekommen.

    Die Leiterin des Hospizdienstes hatte mich vorab zu einem Einzelgespräch eingeladen.

    Die Treffen in der Gruppe sind sehr emotional und ich konnte das erste Mal seit dem Tod meiner Frau wirklich mit jemanden darüber sprechen.

    Alle haben zugehört und alle haben es verstanden.

    Wir saßen abends vier Stunden zusammen und haben gemeinsam geredet und geweint.

    Ich bereue meine Entscheidung nicht die Trauergruppe zu besuchen und ich bin mir sicher Du würdest es auch nicht.

    Herzliche Grüße Ralph

    Trauer. Ein Gefühl als ob Dir jemand bei vollem Bewusstsein das Herz aus der Brust reißt und eine lebensunfähige Hülle zurücklässt.

  • Lieber Ralph


    ja, an eine Trauergruppe oder ein Trauercafé hatte ich auch schon gedacht, obwohl ich eigentlich nicht so der Typ für Gruppen-Aktivitäten bin. Aber sich mit Menschen auszutauschen, die das Gleiche erlebt haben und einen nicht ständig nur ablenken wollen, hilft bestimmt sehr. Meine Hausärztin allerdings hat mir eher Trauerseminare oder -wochenenden empfohlen. Sie meinte, durch regelmäßige Treffen würde sich alles nur in die Länge ziehen. Eine etwas merkwürdige Ansicht, oder? Wenn Trauer nicht eine langfristige Sache ist, was dann?!


    Herzliche Grüße

    Tine

  • Liebe Tine,

    die Trauer braucht nun mal ihre Zeit. Glaubt Deine Hausärztin man kann die in einem Seminar einfach so abarbeiten?

    Bei der letzten Sitzung mit meiner Psychotherapeutin fragte ich sie, ob sie glaubt das ich schon Fortschritte gemacht habe.

    Sie bejahte meine Frage zwar, fügte aber hinzu, daß ich noch ganz am Anfang meiner Trauer stehe.

    Nach 9 Monaten!

    Ich kann Dir nur empfehlen eine Trauergruppe zu besuchen. Du triffst dort Menschen die genau wie wir Trauer und Schmerz durchleben.

    Ich hoffe es gibt entsprechende Angebote in Deiner Nähe.

    Herzliche Grüßen Ralph

    Trauer. Ein Gefühl als ob Dir jemand bei vollem Bewusstsein das Herz aus der Brust reißt und eine lebensunfähige Hülle zurücklässt.

  • Lieber Billi,


    ich glaube es ist nicht so einfach Tipps zu geben. Ich glaube viele fühlen sich alleine und wissen nicht so richtig was man tun kann

    um das Alleinsein erträglicher zu machen. Ich habe oft so eine trauernde Lustlosigkeit.

    Manchmal unternehme ich etwas mit unserem Bekanntenkreis aus dem Ort. Nicht immer habe ich Lust dazu und fühle mich dazu

    in der Lage. Urlaube finde ich ganz furchtbar.

    Jedoch glaube ich das ich es lernen muss etwas alleine zu unternehmen und mich vielleicht dann doch irgendwann damit wohl zu fühlen.

    Was ich hier und da schon einmal geschafft habe ist alleine etwas essen zu gehen in ein Restaurant. Da kann ich jedem den Tip geben, holt euch

    ein Buch oder eine Zeitung mit, hilft ungemein gegen dieses man sitzt so alleine am Tisch und weiß nicht wo man hin schauen soll.

    Mir hat das sehr gut geholfen.


    alles Liebe

    Anja

  • Liebe Anja,


    gut ausgedrückt, trauernde Lustlosigkeit, das kenn ich. Und ja, es ist schwer Tipps zu geben weil man nicht weiß wie man mit diesem Alleinsein klar kommt. Ich habe mich auch schon in ein Restaurant gesetzt. Irgendwie müssen wir uns Dinge aufzwingen die wir nicht wollen aber müssen. Es gibt bestimmt an vielen Orten Menschen die allein in ihrer Trauer sind. Außer Trauercafes oder auch Trauergruppen die alle paar Wochen mal stattfinden gibt es nichts. Daher frage ich mich warum es eigentlich keine Initiativen in der Nähe für genau diese Leute gibt. Einfach mal zwanglos zusammenrufen auf ein Pläuderchen, in ein Cafe oder essen gehen. Jeder wie er halt mag.

    Liebe Grüße Billi 🌻

  • Hallo ihr Lieben,

    grade erst gelesen.

    Ich komme immer nicht hinterher, aber ich möchte immer alles lesen von Euch.

    Das sich alles in die Länge zieht finde ich eine seltsame Aussage.

    Wir haben kein gebrochenes Bein dass heilen darf. Das hier heilt nie, und deshalb wird es sich „ in die Länge ziehen“ und wir brauchen jeden Tag neue Kraft.

    Gegen das entsetzliche Gefühl der einsamste Mensch auf der Erde zu sein hilft mir arbeiten, meine Kollegen sind nett, auch mein Chef, ablenken! Serien schauen, spazieren. Tiere, ganz wichtig. Mit den Hunden im Tierheim Gassi gehen. Sie sind dankbar.
    Ich tue möglichst nichts was mich wie ein Schlag trifft, was mich zu sehr an meine Mama erinnert. Ihr wisst; backen, in bestimmte Geschäfte gehn usw. Es macht mich kaputt.
    Egal was man tut; die Gedanken sind NIE gelöst.
    Wie eine Verbrennung sitzt dieser Alptraum auf meinem Herzen


    Meine Mama ♥️

  • Lieber Billi, wie geht man mit der Einsamkeit um…., die Frage, die dir hier alle anders beantworten werden und müssen.
    Es ist kein Grund sich zu schämen dass man einsam ist, mir ging es manchmal so, seitdem ich das offen zugeben kann, geht es mir zwar nicht besser mit diesem Zustand, aber ich stehe dazu und spreche das auch bei Freunden und anderswo aus.

    Einsamkeit wird ja gerne verschwiegen und als Schwäche angesehen.

    Es gibt Tage, meistens die Wochenenden, da bin ich sehr deprimiert durch die Einsamkeit, sitze dann in meinem Schneckenhaus. Ich bin immer froh, wenn ich mit Bekannten ein paar Stunden zusammen bin oder eine Wanderung machen kann.

    Ich fahre jetzt auch Freunde besuchen und mache Kontaktpflege.

    Auf den Platz in einer Trauergruppe warte ich noch.


    Ich wohne auf dem Land, da ist es schwierig sich abzulenken.

    Ich würde 80 Km fahren um eine interessante Ausstellung zu sehen, das mache ich vielleicht auch noch.


    ansonsten habe ich immer einen Stapel neuer Bücher da, die mich ablenken und in andere Geschichten mitnehmen, ohne diese Bücher wüsste ich nicht was mit mir geschehen wäre..


    Höre in dich hinein! Erinnere dich an deine früheren Interessen und Stärken, woraus kannst du schöpfen und vielleicht schon wieder anknüpfen.


    Von meinen früheren, vielseitigen Ressourcen blieb bis jetzt nur das Lesen, alles andere geht noch nicht, aber das Lesen rettet mich immer wieder.


    Finde es für dich heraus, es muss von dir selbst kommen, es sei denn, jemand aus deinem Umfeld nimmt dich an die Hand und mit..?


    Gib nicht auf!

    Liebe Grüße

    Elisabeth

  • Ihr Lieben,


    ich versuche auch, mich mit Freunden zu treffen oder mich mit lesen oder fernsehen abzulenken, aber ehrlich gesagt macht mir die Aussicht auf ein Leben, in dem ich mich ständig ablenken muss und gar nicht mehr richtig zur Ruhe komme, ein wenig Angst. Mein altes Leben war von außen betrachtet vielleicht langweilig, aber es war mein Leben, und es war gut. Und jetzt liegt alles in Scherben - und selbst wenn ich es irgendwie/irgendwann reparieren kann, weiß ich nicht, ob mir eine Version mit Rissen und Narben gefallen wird. Es fühlt sich alles so unendlich mühsam an ...


    Herzliche Grüße

    Tine

  • Ich habe das gestern auch so gesagt; dieses nicht mehr „in sich ruhen“ mit sich „selber allein und froh sein“ gibt es nicht mehr.
    innerlich läuft man und läuft und läuft weg von den Gedanken.

    Ein Kampf, jeden Tag. Nein, jede Minute.

    Weine mich wieder kaputt

    Umarme Euch

    Nicole

  • Ihr Lieben,


    Vorher habe ich oft musiziert. Eingetaucht in die Geborgenheit unserer Zweisamkeit hatte ich die Muse dazu. Meine Frau hat dann Brot gebacken oder gelesen. Räumlich getrennt aber immer im Bewusstsein sie ist da. Habe das eine oder andere Liedchen komponiert. Das ging weil ich mich wohlgefühlt hab. Ich hatte angefangen eins für sie zu komponieren. Es wurde nicht fertig, sie hat es nie gehört... Jetzt kann ich das nicht mehr, die Instrumente sind wie ich verstummt. Die Freude daran hat sich in Leid gewandelt. Der Blick für die Natur, fotografieren, Nachrichten und Weltgeschehen. Auch das interessiert mich nicht mehr. Alles wie abgestorben. Ich bin nicht mehr der drr ich war. Ich denke das geht vielen so. Ich bin davon abgekommen Dinge zu tun die ich vorher auch nicht gemacht hätte nur um nicht allein zu sein. Im Endeffekt scheint mir das alles wie eine Flucht aus dem Nichts was uns geblieben ist und bringt eigentlich nicht viel. Das wirklich schöne Leben ist vorbei, unsere Liebsten haben alles verloren und mussten diesen schweren Weg gehen. Wenn man so innig gelebt und geliebt hat haben auch wir alles verloren was uns wichtig war und wirklich leben ließ. Jetzt heißt es auszuharren, jeden Tag irgendwie zu bestehen bis wir abgeholt werden.

    Liebe Grüße Billi 🌻

  • Lieber Billi,


    das was Dir offenbar die Musik war, waren mir immer die Bücher und das Lesen. Meine ganze Wohnung besteht im Prinzip nur aus Bücherregalen, und es hat eigentlich keinen einzigen Tag gegeben, an dem ich nicht wenigstens ein paar Seiten gelesen habe. Und nun kann ich mich kaum richtig auf ein Buch konzentrieren. Und wenn ich lese, dann sind es Bücher, die mich eigentlich gar nicht interessieren. Im Moment gilt: Je seichter, desto besser. Manchmal bekomme ich die Meldung, dass die Bücher, die ich vor vielen Wochen (als meine Welt noch heil war) vorgemerkt hatte, nun in der Bücherei verfügbar wären. Ich schaffe es noch nicht mal, sie runterzuladen, geschweige denn, sie zu lesen. Es macht einfach nichts mehr Freude. Und im Moment kann ich mir auch überhaupt nicht vorstellen, dass ich jemals wieder echte Freude empfinden kann. Im Moment geht es tatsächlich nur darum, irgendetwas zu finden, mit dem man sich betäuben und den Tag rumkriegen kann. Jetzt geht es statt um leben nur noch um überleben.


    Herzliche Grüße

    Tine