mein stiefvater und meine mama

  • Liebe Katrien,


    es muß ja nicht unbedingt ein Sandsack sein - zur Not tut es ja auch ein Kopfkissen ;)
    Hauptsache man kann Spannung abbauen und etwas Agression "ablegen".


    Dein Bruder - er wird eure Mama sicher genau so vermissen wie du und deine Schwester, aber - er ist halt ein Mann. Die meisten Männer sind Meister im "wegsperren" ihrer Trauer, sie können es halt nicht so zeigen.


    Wegen der "gescheiten" Antworten möchte ich mich ganz Linda anschließen. Es geht doch darum, seine Gefühle "aussprechen" (niederschreiben) zu können, und zwar nicht nur für sich alleine. Mir hilft es immer zu wissen, "da draußen" sind Menschen, die mich verstehen. Und dieses Gefühl des "sich verstanden wissens" hilft dann ein Schrittchen weiter - zumindest fühle ich mich dann nicht mehr so "alleine und verlassen".


    Übrigens - dein Satz:
    Das Leben geht weiter, anders aber es schreitet fort und irgendwann wird es wieder gut sein... anders aber gut.
    der gefällt mir - das ist eine Aussage, die wir nie aus den Augen verlieren sollten.


    Dir alles Liebe,
    Jutta

    Der Tod eines geliebten Menschen ist wie
    das Zurückgeben einer Kostbarkeit,
    die uns Gott geliehen hat.

  • Heute bin ich total aufgewühlt und durch den Wind. Fühlte mich schon lange nicht mehr so leer, so verlassen, so verwirrt und so alleine.
    Gestern hatte ich das Gespräch mit meine frühere Psychologin und ich bin mir nicht sicher ob das Gespräch mir gut getan hat. Es war ungefähr 5 Jahre her dass ich bei Ihr in Therapie war, allerdings bin ich da über 5 Jahren jede Woche hingegangen und das war anscheinend auch notwendig. Gut so... in die letzte 5 Jahre ist es mir eigentlich gut ergangen bis die Tragödie letztes Jahres seinen Ursprung nam. Also gestern haben wir dann 1,5 Stunde miteinander geredet und es hat soviel alte Sachen bei mir aufgewühlt. Schrecklich! Ich fühlte mich so richtig schlecht, wahrscheinlich weil wir sehr tief und intim geredet haben. In der damaligen Therapie ist meine Beziehung mit meiner Mutter sehr zentriert gewesen und es war einen harten Weg eine für mich passende Beziehung mit meiner Mutter aufzubauen. Die zeigte sich so: telefonieren ca. alle 14 Tage und 1 mal jährlich fuhren wir nach Belgien - so schaut die Beziehung zur Zeit auch mit meinem Vater aus. Die Psychologin bermerkte dann dass ich jetzt versuchen soll wieder eine ähnliche "Beziehung" zu meiner - nun tote - Mutter herzustellen. Es sei nicht gesund dass ich nun wirklich jeder Minute - oder fast ständig meine Mama im Kopf habe. Sie bemerkte dass die jetzige Situation eine zu große Diskrepanz bildet mit wie die Realität gewesen ist. Ich stimme ihr da zwar zu allerdings kann ich zurzeit einfach nicht anders denken. Es ist nicht gesund ständig mit seine Gedanken bei den Toten zu sein, weil ich damit meine eigene Lebendigkeit töte. Ob das nun eine Depression ist oder nicht hat sie mir nicht direkt beantwortet.
    Sie erinnerte mich au daran dass ich damals, sie nannte es, "krank geworden bin" durch bestimmte Handlungen meiner Mutter die mich sehr negativ geprägt haben. Das ist ja die Realität und das ist Tatsache, allerdings merke ich wie mir diese Aussage fast wütend machte weil ich zurzeit meiner Mutter verherrliche und dann will ich eigentlich kein böses Wort hören weil mir die Vergangenheit einfach zu viel schmerzt. Sie hat irgendwie schon "Angst" dass mein selbsdestruktive Ader wieder aktiv wird und würde sich dann schon um mich sorgen.
    Und nun sitze ich da, die Vergangenheit ist so present wie noch nie zuvor und ich bin mir nun gar nicht mehr so sicher dass ich es jemals schaffen wird die ganz zu verarbeiten.
    Ich merke jetzt erst dass ich mir im letzten Jahr ein Bild gemacht hab von meiner Mama welches eigentlich für mich immer ein Wunschbild war - obwohl sie sich die letzten Jahren sehr bemüht hat um die Vergangenheit nichtig zu machen - meine Mama war in der Realität für mich anders als wie ich sie mir jetzt in meine Vorstellung geschöpft habe - und das tut verdammt weh.
    Mit der Psychologin bin ich so verblieben dass ich mir bei Bedarf wieder melden kann. Ich weiss nicht ob ich das machen werde, mir kommt vor alsob alles nun noch schlimmer ist wie vorher und am liebsten möchte ich einfach zusammen mit mein lieber Mann verschwinden und nie wieder denken, fühlen müssen. Wenn man mir heute fragen würde wie es mir geht, würde ich antworten beschissen und bekackt (sorry für dieser Wortwahl, aber was zutreffenderes fällt mir im Moment nicht ein)
    Ich hatte gehofft nach dem Gespräch etwas zu spüren wie Erleichterung aber ich merke einfach dass ich wieder mal mit der harten Realität konfrontiert worden bin und ich denke mal dass mir da kein Mensch helfen kann.
    Kathrin

    Alles wird gut. Es gibt viel Trauriges auf der Welt und viel Schönes. Manchmal scheint das Traurige mehr Gewalt zu haben, als man ertragen kann, doch dann stärkt sich indessen das Schöne und berührt wieder unsere Seele. (Hugo von Hofmannsthal)

  • Liebe Katrien!


    Darf ich dich sachte umarmen?? :24: :30:


    Das klingt gar nicht gut, aufgewühlt, leer, verlassen, verwirrt und so alleine. Haben sich die "Wogen" ein bißchen geglättet auf heute? Bist ein bißchen ruhiger geworden? Konnte dich dein lieber Mann ein wenig "auffangen"?


    Ich kenn mich da zu wenig aus. Die Psychologin ist ja die Fachfrau. Aber irgendwie scheint das nicht richtig zu sein, dich so aufgewühlt und verwirrt aus der Sitzung zu entlassen. "Unsere" Fachfrau ist zur Zeit auf Urlaub. Christine wüsste sicher eine richtigen Rat. Welchen Rat hat die Psychologin dir gegeben, das zu ändern, nicht immer an deine Mutter zu denken? Sollst du dich mehr ablenken?
    Ich denke, nach einem Tod liegt es bei vielen nahe, unsere Verstorbenen zu "verherrlichen". Man denkt einfach lieber an die guten Sachen und Erlebnisse zurück. Deine Beziehung zu deiner Mama scheint nicht immer ganz unkompleziert gewesen zu sein.
    Liebe Katrien, du darfst die Hoffnung nicht aufgeben, dass du alles Mal verarbeiten kannst!!!! Das wirst du ganz bestimmt!!
    Einerseits ist es ja gut, dass diese Psychologin dich schon gut kennt. Fühlst du dich bei ihr gut aufgehoben? Vielleicht sind die Gespräche mit ihr zu wenig?? Vielleicht bräuchtest du noch zusätzlich Hilfe? So wie Maki. Ihr wurden verschiedene Therapien angeboten.
    Nun ist mir auch nichts Gescheites eingefallen, aber ich wollte dir unbedingt antworten.


    Wünsche dir alles erdenklich Gute


    Linda

  • Liebe Katrien !
    Kann Dich sehr gut verstehen,dass Du aufgewühlt und verunsichert bist,aber ich glaube das die Psychologin "keine " schlechte ist,bei meinem Sohn ist es jetzt zweieinhalb Jahre her und einige Aussagen von ihr kann ich ganz gut verstehen.
    Ich glaube es kommt immer auf die Zeitspanne in der Trauerphase an in der man sich befindet.
    Als mein Psychologe damals sagte"Wir müssen alle,mit unseren Toten leben",hätte ich aus der Haut fahren können,ich fühlte mich unverstanden und kalt behandelt.
    Heute sehe ich es so ,er hat ja nichts schlechtes gesagt nur zur falschen Zeit,es stimmt ja,es ist so wie es ist.
    Natürlich wirst Du wütend,wegen Mama,das was Du aussprichst bei Deiner Psychologin,das darfst DU sagen,aber Dein Unterbewusstsein sagt Dir, SIE darf es nicht.
    Das Wunschbild glaube ich,habe wir alle von unseren Toten,wir haben SIE nicht mehr und darum werden SIE verherrlicht. Ist glaube ich normal.
    Ich sehe die Fehler und Schwächen meines Sohnes und mache aber die Augen zu,weil ich es mir nicht zugestehe,sei es aus schlechtem Gewissen,aus Ehrfurcht,aus Angst vor mir selbst,aus Angst vor Gott,keine Ahnung!
    Deine Mama war Deine Mama,und in Gesprächen wird alles an die Oberfläche gespült,mir geht es oft tagelang schlecht,weil man oft Dinge über den Verstorbenen sagt,die man lieber für sich behalten hätte.
    Aber Deine Mama hat sich bemüht in den letzten Jahren,versuche in Zwiesprache mit ihr,alles zu ordnen.Hört sich blöd an,aber mir gelingt es immer besser,weil ich glaube ich kenne dann die Antworten besser.
    Habe Dir jetzt nur von Herzen geschrieben,hoffe Dich nicht zu kränken,sei umarmt.alles Liebe Chrisu :24:

  • Linda , Chrisu nachdem lesen Eure Antworten fließen hier tatsächlich wieder die Tränen. Ihr habt so ehrlich geantwortet, Euch Zeit genommen meine Zeilen zu lesen und dann sehr aufrecht geantwortet, dafür bin ich Euch dankbar.


    Ja ich bin noch immer aufgewühlt, durcheinander und leer. Es fühlt sich so an wie damals in der Depression (vielleicht bin ich wirklich depressiv, obwohl mein Mann das nicht glaubt und er annimmt dass meine Gefühle normal sind in ein Trauerprozess). Dieses Aufgewühltsein kenne ich schon von früher. wo ich in der Therapie sehr tiefgehende Gespräche hatte. Ich vermute mal dass ich da einen Zugang bekommen habe zu mein wahres Gefühl, welches nicht schön ist und wo ich das Gefühl habe, es zurzeit nicht aushalten zu können. Ich WILL NICHT dahin schauen wo es weh tut, ich WILL NICHT konfrontiert werden mit meinem Schmerz es macht mich "krank", es lähmt mich und es tötet mich.
    Es gibt ja Menschen die mir sagen, nur der Blick nach vorne zählt. Schaue nicht soviel in der Vergangenheit, weil die kannst ja eh nicht mehr ändern. Es ist wie es ist. Und das Leben geht weiter (und ja manche von diesen Leuten haben auch schon sehr wichtige Personen verloren).
    Chrisu, ich glaube du triffst den Nagel auf dem Kopf. Ich weiss, dass meine Mama schwerwiegende Fehlern begangen hat, aber ich will nicht dass, sie (die Psychologin) das äussert. Sie hat die Tatsachen einfach dargestellt, was gewesen ist und so und ich bin innerlich so wütend geworden weil sie so schlechtes über meine Mama erzählt hat. Obwohl es leider wirklich die Wahrheit entspricht, aber sie hat außer acht gelassen dass meine Mama wirklich versucht hat die Wogen zu glätten.
    Ich WILL meine Mama verherrlichen, ich WILL ein schönes Bild von ihr haben und bestimmte Erinnerungen tun nur weh. Warum mir das antun?
    Und ich kann mir nicht eingestehen, dass ich vielleicht Hilfe brauche. Auch wenn ich es bei Anderen nicht als Schwäche sehe, sehe ich es bei mir als ein Scheitern an, ein Versagen. Es ist alsob ich wieder dahingehen muss wo ich schon mal war.
    Und allgemein kostet mir dieses Hilfe holen zuviel Kraft. Ich will nicht im Warteraum sitzen beim Psychiater, ich will nicht ihn die Geschichte schilderen, ich will keine Nebenwirkungen (ich reagiere so empfindlich auf Medikation) von Psychopharmaka und ein neuer Arzt will ich auch nicht, aber zum Früheren will ich auch nicht mehr hin. Ich höre mich an wie ein kleines, trotziges Kind. Aber vielleicht kann jemand verstehen, dass all diese Schritte mir meine letzte Kraft rauben würden.
    Vielleicht schaffe ich es doch wieder aus diesem Tal... alleine.

    Alles wird gut. Es gibt viel Trauriges auf der Welt und viel Schönes. Manchmal scheint das Traurige mehr Gewalt zu haben, als man ertragen kann, doch dann stärkt sich indessen das Schöne und berührt wieder unsere Seele. (Hugo von Hofmannsthal)

  • Liebe Katrien !
    Du musst ja nichts aufarbeiten,DU alleine weisst wie alles war,und ich glaube es spricht nichts dagegen,Dein Wunschbild aufrechtzu erhalten.
    Deine Mutter hatte Ihre fehler eingesehen,darum hat sie sich auch bemüht,vielleicht wäre sie glücklich wenn Du ein Wunschbild von Ihr hättest.?
    Tu dir nicht mehr selbst weh,Deine letzten Zeilen entsprechen auch meiner Einstellung,es kostet viel Kraft einen Therapeuten aufzusuchen.(Ausserdem neige ich dazu,den Ratschlag des Therapeuten nicht zu akzeptieren,erzähle sowieso nicht alles,ärgere mich über Antworten usw.)
    Ich glaube Du hast die Kraft aber,selbst zu bestimmen was für Dich das Richtige ist.!!!
    Du bist nicht trotzig.Du spürst DAS was Dir guttut und was Dir schadet.
    Sei lieb umarmt,Chrisu :24:

  • Liebe Katrien.
    Ich schließe mich den Antworten von Chrisu total an.
    Meine Mama hat bestimmt auch Fehler gemacht, aber das ANDERE darüber sprechen oder urteilen, das breche mir das Herz.
    Ich kam sehr gut mit Mama aus, was meine Schwestern z.B. hatten, ist mir egal.
    Katien, höre auf Dein Bauchgefühl. Lass Dir das nicht schlecht reden.

    Eine Stimme die so vertraut war, schweigt.


    Ein Mensch, der immer da war, ist nicht mehr


    Was bleibt, sind dankbare Erinnerungen,


    die niemand nehmen kann.




    Susanne

  • Hallo Susanne,
    mir geht es nicht so gut. Nachdem ich mit der Psychologin geredet habe, ist meiner ganze Fassade in sich zusammen gefallen. Ich glaube nun schon selbst dass ich depressiv bin und habe mir - nachdem mir eine Kollegin einen Riesenschubser gemacht hat - einen Termin geholt bei eine Psychiaterin. Nächste Woche kann ich da hin. Es fällt mir unheimlich schwer mir einzugestehen, dass ich das Ganze doch nicht so gut verkraftet habe wie ich eigentlich meinte. Wieder in Berührung zu kommen mit der Psychiatrie löst soviel negatives aus in mir - alleine schon nachdem Anruf (um den Termin auszumachen) war mir kotzübel und alleine bei der Gedanke daran dass ich nächste Woche in dieser Praxis "muss" bekomme ich Herzflattern. Ich bin überrascht wie stark ich körperlich reagiere. Sonst fühle ich mich ausgelaugt, müde und leer. Tränen sind nicht mehr vorhanden... nur Leere.
    Ich versuche aber trotzdem gegen diese Gefühle anzukämpfen und versuche schon irgendwas sinnvolles, schönes in meiner Freizeit zu unternehmen... aber es kostet mir viel Kraft.
    Danke die Nachfrage,
    Kathrin

    Alles wird gut. Es gibt viel Trauriges auf der Welt und viel Schönes. Manchmal scheint das Traurige mehr Gewalt zu haben, als man ertragen kann, doch dann stärkt sich indessen das Schöne und berührt wieder unsere Seele. (Hugo von Hofmannsthal)

  • Liebe Katrien,


    nun komm ich endlich dazu deine Beiträge zu lesen und auch zu antworten. Ich hatte wirklich den Eindruck, dass du und deine Mutter eine sehr enge und freundschaftliche Beziehung hattet, von den Problemen, die es gab, hast du uns nichts erzählt. Es ist normal, dass Trauernde ihre Verstorbenen in der Anfangszeit der Trauer idealisieren und verherrlichen, es ist aber auch wichtig, dass sie es mit der Zeit schaffen, sie wieder differenziert zu sehen, mit all ihren guten und schlechten Seiten (die wir Menschen ALLE nun einmal haben, auch du und ich). Wenn dieser differnzierte Blick auf unsere Verstorbenen nicht gelingt, laufen wir Gefahr, dass wir in der Trauerarbeit stecken bleiben, weil wir uns nicht lösen können, weil wir zu sehr an diesem Idealbild kleben bleiben. Du denkst ja wirklich ständig an deine Mutter, das ist zunächst auch normal im Trauerprozess, aber wenn man natürlich zusätzlich an einem Idealbild festhalten will, das mit der Wirklichkeit so nicht übereinstimmt, dann arbeitet man ja ständig dran, die negativen Erinnerungen abzuwehren und zu verleugnen. Das kostet Kraft und fixiert die Gedanken gleichzeitig, weil du ständig dran bist über die "bröckelnden Stellen drüberzupinseln". Und weil die immer wieder nachbröckeln, kommst du nicht los.
    Gleichzeitig wird dann auch das Bild von der Umwelt sehr "schwarz-weiß": Die verstorbene Mutter muss ja "die GUTE" sein, also wird jemand anderer (z.B. die Psychologin) "die BÖSE".


    Wenn es dir mit der Verherrlichung deiner Mutter so gut gegangen wäre, dann wärst du nicht hierhergekommen. D.h. du weißt ja eigentlich, dass es dir nicht gut geht, du weißt ja, dass du Probleme hast, du weißt ja, dass eure Beziehung nicht so rosig war, ... aber du WILLST es andererseits auch nicht akzeptieren.


    Ich bin jetzt einmal gespannt, was der Psychiater meint und dann sehen wir weiter. Dennoch: Lass das Bild ruhig bröckeln. Setz dich daneben hin, schau zu, wie es bröckelt - sie bleibt ja trotzdem deine Mutter und habe keine Angst, du wirst dann auch sehen, dass das Bild stimmig wird, auch wenn es kein rosarotes sein wird. (Nebenbei rosarote Bilder sind furchtbar, wenn es nach meinem Geschmack geht! ;) )
    :24: Christine

  • Christine,
    laß Katrien doch ein bissel Zeit, sich mit deinen Aussagen auseinanderzusetzen! ;) Die sind nicht so "leicht verdaulich"


    Liebe Katrien,


    ich glaube, ich kann dich verstehen.
    Sich mit dem Schmerz zu konfrontieren, verdrängte Gefühle zu "akzeptieren", tut weh. Und es tut rundherum ja genug weh, also warum sollte man sich noch "selbst" wehtun!
    Und sich selbst einzugestehen, daß man doch nicht so "gut" ist, wie man dachte und daß man Hilfe braucht - ist erst recht schwer (weiß ich aus eigener Erfahrung)


    Trotzdem glaube ich, daß es nicht gut tut, auf Dauer an der Wahrheit "vorbeizusehen". Ich meine auch, in deinem Innersten kennst du ja die Wahrheit, und du "vergeudest" viel Kraft um sie zu "übersehen".Du mußt dich ja nicht Hals über Kopf hineinstürzen, vielleicht kannst du das ja Schrittchen für Schrittchen "erledigen"?
    Christines Bild vom "bröckelnden Bild" gefällt mir. Für mich klingt es positiv, sich "danebenzusetzen und zuzusehen". es "bröckeln zu lassen" Um zu guter Letzt ein Bild zu haben, das in sich stimmig ist. Ein Bild das ALLE Farben enthält. Nicht nur schwarz-weiß, und auch nicht "nur rosarot"(die mag ich übrigens auch nicht ;) ), sondern eben das ganze Spektrum, das das Leben IST.


    Ich schicke dir ein Kraftpackerl, eine Portion Vertrauen darauf, daß du es schaffst, und die nötige Geduld, um es durchzustehen.
    Alles Liebe
    Jutta

    Der Tod eines geliebten Menschen ist wie
    das Zurückgeben einer Kostbarkeit,
    die uns Gott geliehen hat.

  • Liebe Katrien !


    Ich schliesse mich Christine an,und glaub mir Sie weiss wovon Sie redet ! Ich verstehe Dich vol lund ganz weil ich auch so ein "PSYCHIATERPROBLEM " habe.


    Das glaube ich liegt aber an unserer starken Persönlichkeit,ich meine damit,kaum erklärt der Psychiater einen anderen Blickwinkel,als den,den wir sehen wollen ist er in unseren Augen schlichtweg "EIN UNFÄHIGER TROTTEL" und das wars,der nächste Termin,bei einem fähigen lässt auf sich warten,weil es gibt ja keinen fähigen.
    Wir BEIDE haben einfach ein AUTORITÄTSPROBLEM".
    Kaum kommt jemand mit einem "LAVENDEL" daher kann er ihn sich auch schon wieder behalten,weil wir wissen es eh selber, :D
    Kau
    m nachvollziehbar für Leute die Rat suchen,aber ich glaube Du bist so ähnlich wie ich,ich stelle die Diagnose noch,bevor der Arzt überhaupt weiss,das ich heute in seine Praxis komme.
    Ich gehe schon lange nirgends mehr hin,aber alleine geht es auch nicht so gut,es kommt auf die Chemie an,hab mal wo gelesen,kann sein dass der zehnte Therapeut nicht der Richtige ist.
    Liebe Katrien,es gibt zwei Möglichkeiten,wir lassen die Vegangenheit,so wie sie ist,oder wir wagen den Schritt,hinter die Kulisse,eben nur eine Kulisse,und lassen dahinter sein,was immer dahinter ist und war !
    Mit besten freundschaftlichen Grüssen Chrisu :24:

  • Christine ,Jutta und Chrisu herzlichen Dank für Eure Antworten.


    Ich überlege jetzt schon eine Weile was und wie ich hier nun antworten möchte. Erstens Christine nein, Du bist nicht die Böse. Also das habe ich schon mal geklärt.
    Es ist eher so wie Jutta schrieb, dass ich mit Eurem Geschriebene doch ein bisschen mehr Zeit brauche, weil die Antworten sehr ehrlich sind und mir sehr ans Herz gehen.
    Ich möchte hier auch mal klar stellen, dass ich nicht bewusst die schwierige Beziehung mit meiner Mutter nicht erwähnt habe. Ich habe tatsächlich im letzten Jahr die Beziehung glorifiziert und bin aber erst durch die Psychologin darauf merksam geworden. Allerdings ist es auch so, dass die letzten Jahre ziemlich reibungslos verlaufen sind. Wir haben uns ausgesprochen und für meine Mama war die Situation schneller annehmbar als für mich, aber auch für mich war die Beziehung zum Schluss ok.
    Ich wollte immer die perfekte Tochter sein. Habe, meiner Meinung nach, sehr um die Liebe meiner Mutter kämpfen müssen. Bin ich doch ein "Sandwichkind - also die Mittlere" und meine Schwester war schon als Kind schwerst krank. Also war meine Mama immer für sie da. Und dann kam mein Bruder, war er doch der Jüngste - also brauchte er die Mama mehr als ich. Und ich bin irgendwie so nebenbei mitgelaufen. Mit 13 haben meine Eltern sich getrennt. Meine Mutter ist mit meinem Stiefvater eine Beziehung eingegangen. Mein Stiefvater war damals meinem Onkel, der Schwager meines Vaters (also der Mann meines Vaters Schwester). Und bis der Trennung wuchsen wir mit dem Bild auf dass er (mein Stiefvater) schlecht ist. Weil er Alkoholiker war (ist er bis sein Lebensende gewesen) und er seine Familie vernachlässigte. Uns wurde nicht die Wahl gestellt bei wem wir leben wollten, wir mussten mit mit der Mama. Mit 13 und in so einer Situation rebellierte ich - nur verbal. Meiner Mutter hatte Angst, dass ich ihre Beziehung kaputt machen wurde und nach ein Wochenendbesuch bei meinem Vater, verbot sie mir noch bei ihr zu leben. Ich hab am gleichen Abend meine Sachen packen müssen und bin dann zu meinem Vater. Sie hat mir damals nie erklärt warum, wieso. Nur die Worte: Bei uns wirst Du nicht mehr leben. Ich war damals 15. Mit meinem Vater hab ich mich wunderbar verstanden.
    Ich habe erst Jahren später, nachdem ich schon in Österreich lebte wieder mal bei meiner Mutter übernachtet.
    Meine Psychologin meinte, dass ich wegen ihr "krank" geworden bin. Das kann ich nicht so beurteilen. Fakt ist, dass meine Persönlichkeitsentwicklung durch dieser Entscheidung sehr ins wanken kam und sich dadurch sicher in andere Bahnen entwickelt hat.
    Und nun sind sie nicht mehr da, meine Mam und mein Stiefvater. Die 2 die mein Leben so geprägt haben. Ich habe so um die Liebe meine Mutter gekämpft und muss nun wahrhaben dass ich die nie in dem Maß, wie ich es mir erwünscht habe, bekommen kann.
    Sie war nur 1 mal ein Wochenende bei mir in Österreich auf Besuch. Das war zur Hochzeit. Es ist nicht so, dass ich erst seit kürzem hier bin. Bin hier schon seit 1996. Sie hat nie unsere tolle Wohung gesehen und wird nie sehen wo ich lebe. Ich hätte ihr so gern teilhaben lassen. Es hatte nicht sein sollen.
    Und es tut so weh dahin zu schauen, wahrzuhaben, dass es mal nicht so ist, wie man es gern gehabt hättte. Aber da muss ich durch. Und ich hasse es, dass meiner Vergangenheit wieder so present ist. Ich hasse es dass, ich hier herum jammere, während ich eigentlich so ein schönes, tolles Leben habe. Aber es gibt Tage da sehe ich nicht viel von der Schönheit meines Lebens.


    Mir dem Psychiater ist es so, dass es für mich schwer sei meine Schwächen mir einzugestehen. Es ist nicht so, dass ich meine Diagnose lieber selber stelle. Ich finde es nur unheimlich schwierig die ganze Geschichte erneut zu erzählen. Es ist für mich schwierig abzuwägen was relevant ist und was nicht. Aber ich hab ja noch Zeit bis Donnerstag und dann sehen wir weiter.

    Alles wird gut. Es gibt viel Trauriges auf der Welt und viel Schönes. Manchmal scheint das Traurige mehr Gewalt zu haben, als man ertragen kann, doch dann stärkt sich indessen das Schöne und berührt wieder unsere Seele. (Hugo von Hofmannsthal)

  • Liebe Katrien,


    danke für deine Aufrichtigkeit und dein Vertrauen in uns alle! Beim Psychiater musst du das "alles" nicht nochmal erzählen. Im Gunde genügt es, kurz deine Vorgeschichte zu umreißen: Ganz kurz: Was deine Erkrankung war und welche Medikamente und Therapien du damals hattest und, dass es dir seit dem Tod deiner Mutter und deines Stiefvaters wieder schlecht geht. Dann wird er dich zu deinen aktuellen Symptomen befragen, dir ein Medikament verschreiben und einen weiteren Termin ausmachen, um die Wirkung zu überprüfen.
    LG
    Christine

  • Seit einiger Zeit hab ich keine Tränen mehr. Seit einiger Zeit stelle ich mir vor, dass das alles gar nicht geschehen ist. Im Grunde ist die Situation wie immer. Ich bin hier und hab meine Leute halt schon länger nicht gesehen. Ist ja normal, also warum mich damit beschäftigen. Ist doch leichter die Wahrheit nicht ins Auge zu sehen. Es tut weniger weh. Natürlich ist das ein Traumdenken, ein sich was vormachen und die Seifenblase wird sicher schneller platzen als mir lieb ist. Nur hinschauen tut zu weh und kostet unheimlich viel Kraft.
    Ich würde so gerne die Uhr zurückdrehen und ab dem 17.06.09 wieder weitermachen nur mit ein anderes Szenario.
    Auch finde ich es schwierig die Situation, meine Gefühle und Gedanken irgendwie strukturiert wiederzugeben. Eigentlich ist es wichtig dass ich bis Donnerstag mir überlegt habe wie ich meine Situation am besten schildere und welche Faktoren relevant sind, welche nicht. Ich will die Psychiatrin ein richtiges Bild schilderen, nicht untertreiben, nicht übertreiben, einfach sagen was Sache ist und dann mal hören was sie dazu zu sagen hat. Übrigens der Termin ist um 07:00 in der Früh, ich glaube, ich hatte noch nie so ein frühe Arzttermin. Mal schauen was aus dem Ganzen wird.
    Kathrin

    Alles wird gut. Es gibt viel Trauriges auf der Welt und viel Schönes. Manchmal scheint das Traurige mehr Gewalt zu haben, als man ertragen kann, doch dann stärkt sich indessen das Schöne und berührt wieder unsere Seele. (Hugo von Hofmannsthal)

  • Liebe Katrien,


    ich hoffe, du schläfst schon tief und fest, so daß du für morgen ausgeruht bist.
    Und wünsche dir, daß es dir heute Nacht im Traum gelingt, die richtige "Struktur" für deine Gedanken zu finden.


    Alles Liebe
    Jutta


    PS: ich selbst wäre um 7 Uhr früh wahrscheinlich nicht in der Lage, etwas vernünftiges von mir zu geben. Aber du wirst das schaffen! :24:

    Der Tod eines geliebten Menschen ist wie
    das Zurückgeben einer Kostbarkeit,
    die uns Gott geliehen hat.

  • Geschlafen hab ich gar nichts heute Nacht. Ich war so aufgewühlt und einfach zu müde einschlafen zu können. Dementsprechend war der Tag heute anstrengend. Viel Arbeit, viele Patienten, Angehörigengespräche usw.
    Um 07:00 war ich bei der Psychiaterin. Sie scheint mir kompetent zu sein. Es war ein ruhiges Gespräch. Sie möchte dass ich übers WE 2 Nächte ein Schlafmedikament einnehme um mich mal ein wenig zu erholen. Dann soll ich eine Nacht was homeopatisches einnehmen und dann ein Antidepressivum. Alles die Reihe nach.
    Nächsten Donnerstag hab ich erneut einen Termin.
    Nachdem ich mir jetzt eingestanden habe, dass ich es alleine nicht schaffe, habe ich das Gefühl, dass alles in mich zusammenbricht. Es ist alsob ich einen Freibrief erhalten habe, dass es mir schlecht gehen darf. Ich möchte mich so gerne hinlegen, schlafen und nie wieder aufwachen (oder erst nächstes Jahr aufwachen beim Sommeranfang).
    Kathrin

    Alles wird gut. Es gibt viel Trauriges auf der Welt und viel Schönes. Manchmal scheint das Traurige mehr Gewalt zu haben, als man ertragen kann, doch dann stärkt sich indessen das Schöne und berührt wieder unsere Seele. (Hugo von Hofmannsthal)