• Liebe Martha!
    Auch mir ergeht es nicht anders.Auch mein Sohn,und auch die Polizisten,sowie mein Mann, haben mich vor knapp einem halben Jahr davon abgehalten,meinen tot aufgefundenen Bruder noch einmal zu sehen.In diesem Fall vielleicht auch besser,da er einige Tage schon verstorben war.Aber mich quälen Fantasien,wie er wohl aussah.
    Bei meiner Tochter hab ich mir das nicht nehmen lassen,obwohl wieder meine beiden Männer fragten"bist du sicher?","mutest du dir nicht zu viel zu?".Auch meine kleine Tochter hat sich ihre Schwester noch einmal angeschaut und Abschied genommen.Es war wichtig für uns.Ich bin froh es so getan zu haben.
    Dein Sohn wollte dich schützen.Sprich ihn später noch einmal darauf an.
    Liebe Grüße
    Karla

    Mein Kind Juliane,
    Mein Bruder Rene,
    Mein lieber Vati,
    Ihr seid mir nur einen Schritt voraus-tief in meinem Herzen lebt ihr weiter :005:

  • Hallo Sommerzeit
    Liebe Martha


    Vorerst auch von mir ein zwar sehr spätes, aber freudiges Bemerken, über Deines Sohnes Einzug in seines Vaters Haus. Er ist bestimmt eine sehr starke Persönlichkeit.


    Mich hier in Deinem Thread zu melden, bewegte mich einfach der Umstand, dass Du Dich von Deinem ehemaligen Mann nicht mehr persönlich verabschieden konntest. Auch nicht Bildlich. Verabschieden, heißt für mich aber auch den letzten Augenblick zu sehen. Im letzten Augenblick noch ein Gespräch führen zu können, eine Berührung zu erlauben. Wie auch immer die Umstände dazu auch sind.


    Ich möchte, da ja schon einiges darüber gesagt wurde, auch mein persönliches Erlebnis beim Verabschieden meiner Christa als Bespiel bringen. Ohne Dich in Deiner eigenen Entscheidung aber zu beunruhigen.


    Meine Christa verstarb ja über Nacht ganz einsam und plötzlich an Herzinfarkt. Um 5Uhr morgens fand ich sie nur noch erkaltet am Boden liegend auf. Christa hatte ein Auge etwas leicht geöffnet, als wollte sie mir noch lieb zublinzeln. Beim offenen Sarg konnte ich mich dann doch auch noch verabschieden. Es war eine sehr lange Zeit, die mir gewährt wurde. Versuchte dabei immer wieder ihre Wangen warm zu halten. Oder durch Streicheln und Gespräche wieder zum Leben zu erwecken. Leider..... Es war dabei, außer dem Hausherren, Bestattungsleuten und Präventation, aber sonst Niemand anwesend. Die nächsten Verwandten von Christa mußten ja erst von Wien nach Tirol anreisen. Und Bekannte aus der Umgebung erst verständigt werden. Christa wurde dann zu einer Obduktion freigegeben.


    Am Abend als Alle zusammen waren, Verwandte und Bekannte, ca. 10 Personen, trafen wir uns beim Beerdigungsinstitut. Dort wurden dann alle dazu nötigen Formalitäten erledigt. Am Ende dieser Zeit, kam auch die Rede von einem letzten Mal ansehen(Verabschieden) von Christa. Ich war sofort dafür. Obwohl einige der Anwesenden dies nicht für gut fanden. Meine eigene Erfahrung von der Früh bestärkte aber die Wichtigkeit(zumindest für mich!!) einer letzten persönlichen Verabschiedung sehr. Es wurde dann Allgemein eingewilligt. Eine zeitlang mussten wir dann vor der Aufbewahrungskühlhalle warten, denn Christa war durch die Obduktion noch nicht "hergerichtet".


    Dann wurden wir eingelassen. Christa sah nicht mehr so aus, als am Morgen, als ich sie noch sehen "durfte". Die dunklen Haare waren noch nass und wirr hängend, Dazu die helle Farbe der Haut. Die Augen jetzt geschlossen. Etwas zusammengebunden Faden noch beim Halse sichtbar(von der Obduktion). Da ging plötzlich ein Aufschrei von einer Christas anwesenden Freundinnen durch den Raum. "Das ist nicht Christa, so schlecht hat sie nie ausgesehen....". Alles stürmte mehr oder weniger wieder hinaus. Ich stand wieder Alleine vor Christa, streichelte ein letztes Mal ihre Wange. Ich sah Christa so wie ich sie immer gesehen hatte. Es war Christa.


    Vor der Halle gab es großes Weinen. Nicht verstehen, und schimpfen ob dem "Überreden" zu einem Anschauen. Man machte mir dazu den Vorwurf.


    Ich glaube, es ist jedem/r ganz Alleine zuzumuten, ob man die Kraft hat, für ein letztes Anschauen, ein letztes persönliches Gespräch. Ich habe es gebraucht. Für mich war es auch ein Muss. Verstehen kann ich aber trotzdem selbst vieles nicht.


    Lieb Gruss


    Walter (... bitte um Verzeihung, wenn ich mit diesem Schreiben zu viel Aufwühle. ...)

  • danke dir für deine Offenheit! Ich weiß aufgrund meiner beruflichen Erfahrungen mit Sterben und Tod , dass es wichtig ist, den Hinterbliebenen das Abschiednehmen zu ermöglichen.. und es sind immer ganz intensive momente.
    Du hast auch nichts aufgewühlt ... die emotionale Distanz zu meinem (-ich schreib der einfachheit halber immer "mann", da ich den begriff "ex" nicht so mag) .. mann war nun mal vorhanden; was nichts daran ändert, dass seine Entscheidung in mir alle möglichen Gefühle geweckt hat.
    Ich habe die letzten Tage auch viel darüber nachgedacht .. und ich glaube, ich würde meinem Sohn am liebsten dieses Bild abnehmen, ihm den Schmerz und die Panik abnehmen ...
    was ich natürlich nicht kann und er schafft das alles auch ganz prima ... nichts desto Trotz habe ich da irgendwas in mir, das ihn immer beschützen und behüten möchte...
    was ich im alltag natürlich nicht tue .. da würde er ganz energisch protestieren ...


    und ich denke schon, dass es für mich realer wäre, hätte ich mich von meinem mann verabschieden können ... so gibt es halt momente, wo es so unwirklich ist ...
    da ich in akutsituationen immer sehr rational reagiere und manage, kommen die reaktionen verspätet und so geht es mir momentan...
    als mein sohn damals in der lawine verschüttet war, ( es ist ihm glücklicherweise gar nichts passiert ) war es ebenso ... ich habe vollkommen "vernünftig" reagiert, monate später aber oft davon geträumt .
    so hat halt jeder seine verarbeitungsstrategie ...
    vermutlich werde ich mit meinem sohn darüber reden, ob ich die polizeilichen ermittlungsfotos sehen darf ...


    euch allen, die mir hier immer so freundlich schreiben, einen guten tag !


    mit herzlichen grüßen
    martha

  • herzlichen Dank für die mutmachenden Zeilen ... du hast auch schon so einiges an Abschieden hinter dir, wenn ich deine Zeilen richtig interpretiere.


    Ich werde mit meinem Sohn darüber reden; ob er es verstehen kann, warum ich mir die Erhebungsfotos anschauen möchte ...... da es mein Exmann ist, brauche ich sein Einverständnis, sonst bekomme ich keine Akteneinsicht.


    Ich wünsche dir ganz viel innere Sonne
    mit herzlichen Grüßen


    Martha

  • Lieber Walter,


    nur kurz, weil ich grad in Eile bin: Es ist sicher gut, dass du dich von Christa noch einmal verabschieden konntest. Aber, dass man sie nach der Obduktion - ohne Versorgung - gezeigt hat, ist einfach nicht in Ordnung! Den Aufschrei der anderen Angehörigen kann ich gut verstehen.


    LG Christine

  • Hallo,
    ...dazu kann ich nur sagen,das ich das auch sehr "befremdlich" finde( das man Christa so zeigte).Meine Tochter sah sehr gut aus,war perfekt geschminkt,und man sah auch nichts von der Obduktion,obwohl sie eine Bluse mit tieferem Ausscnitt(Dekollte) anhatte.
    Karla

    Mein Kind Juliane,
    Mein Bruder Rene,
    Mein lieber Vati,
    Ihr seid mir nur einen Schritt voraus-tief in meinem Herzen lebt ihr weiter :005:

  • Hallo Karla,
    also schminken tun wir grundsätzlich nur, wenn es der ausdrückliche Wunsch der Angehörigen ist. Bei der Versorgung geht es darum, dass Wunden nicht nässen und nach Möglichkeit auch nicht sichtbar sind und dass der ganze Körper und natürlich auch die Haare noch einmal gewaschen werden. Nach einer Obduktion ist das absolut erforderlich!
    AL
    Christine