In seinen Bergen gestorben / Barbara

  • ]Liebe Gudrun!


    Mein Lebenspartner ist am 10. Juni 2011, ebenfalls mit 72 Jahren am Berg an einem Herzinfarkt gestorben. Frisch und fröhlich und gesund habe ich ihn noch am Vorabend gesprochen. Am nächsten Tag ist er schon ganz bald in der Früh aufgebrochen ...und nicht mehr heimgekommen. In all dem Schock und Schmerz der darauffolgenden Stunden und Tage gab es nur einen einzigen positiven Aspekt: er ist so gestorben, wie er es sich gewünscht hätte: am Berg im vollen Glück und ganz plötzlich.


    Seither fühle ich mich, als hätte man mir ein Stück meines Herzens herausgerissen. Ich bin zwar nach außen halbwegs gefasst und "funktioniere", aber innen drinnen ist einfach nur riesengroßer Schmerz.


    Wie geht es dir? Alles Liebe Barbara

  • Hallo Barbara,


    na da haben wir ja fast was gemeinsam...


    Ich muss sagen, im großen und ganzen geht es mir eigentlich gut (außer das ich ne Grippe habe, aber das hat damit ja nix zu tun).


    Es war lange sehr schwer, weil meine Mutter, auf gut deutsch "verdrängt" hat, was passiert ist.
    Und vor zwei Wochen war ich ein paar Tage in Holland bei meiner Schwester, sie war also "allein" daheim (wir wohnen im zweiten Stock, mein Mann und ich).
    Und ich glaube, genau das hat mal passieren müssen, damit sie sieht, was los ist, weil seitdem ist sie ganz anders.


    Klar gibt es immer und immer wieder Momente, wo du dir denkst, kann er nicht einfach zurück kommen?
    So wie diese Woche, der plötzliche Kälteeinbruch. Mama und mein Mann wissen, wie man das Wasser heizt, aber keiner wusste, wie man das Haus heizt, das hat ja immer der Papa gemacht.
    Die Leute reagieren da auch immer so komisch drauf, wenn sie im Geschäft sagen: Bei euch ist es aber schon kalt... Und ich sage: Bei mir daheim ist es auch nicht viel wärmer, weiß ja keiner wie man heizt... Dann grinsen sie immer, bis ich sage: Das hat der Papa immer gemacht. (Aber das ist übrigens geklärt, Mama hat jemand kommen lassen, der es uns erklärt, es ist also warm, keine Sorge ;) )


    Vorgestern... Eine Bekannte hat mir auf Facebook ein Foto geschickt, wo sie zusammen drauf sind, und ich hab mich riiiiesig gefreut =) Was seh ich kurz drauf natürlich - einen Regenbogen. Haha, und ich saß unten bei Mama in der Küche, dreh mich um und sag: Hey sag mal, da sitzt der Papa die ganze Zeit vorm Haus und du sagst es mir nicht oder was!?!
    Erst hat sie mich etwas verwirrt angeschaut, weil sie meine Aussage nicht verstand, bis sie den Regenbogen gesehen hat ;)


    Barbara, wie geht es dir? Dein Text klingt so, als ginge es dir nicht so gut...
    Hast du jemanden zum Reden? Das ist oft ziemlich wichtig, einfach alles nochmal bequatschen, um es irgendwie zu "verstehen", auch wenn man es nie verstehen wird. Ich hab zum Glück meine Schwestern! *knuff*


    LG Gudrun

  • Liebe Barbara,


    herzlich Willkommen bei uns! Habe Dir jetzt mal einen eigenen Thread eröffnet, wenn Du uns mehr erzählen willst! Mein Göte ist auch vor einem Jahr zu einer Bergtour aufgebrochen und nicht mehr zurückgekehrt - der Gedanke, der Dich tröstet, ist mir nur allzu bekannt!


    LG Markus

  • Liebe Gudrun! Lieber Markus!


    Ich melde mich, weil es mir nicht besonders gut geht. Das hat weniger mit Allerheiligen /Allerseelen zu tun, sondern mehr damit, dass ich gerade dabei bin, in die Wohnung meines verstorbenen Lebensgefährten zu übersiedeln und jetzt natürlich endlich seine Sachen ausräumen muss. Und das fällt mir überhaupt nicht leicht.


    Aber zuerst möchte ich euch von einem Erlebnis berichten das wunderschön, aber auch sehr traurig war. Mitte Oktober waren wir am Dolomitensteig bei Hinterstoder, wo mein geliebter Partner Wolfgang im Juni verstorben ist. Er hatte einen Herzinfarkt und ist anschließend noch etwa 20 -30 m abgestürzt.


    Wir mußten die Wanderung schon verschieben, und ich dachte mir, wenn's heuer nicht mehr klappt, dann wird es wohl besser sein, wenn wir erst im Frühling gehen. Doch dann gab es eine gute Wetterprognose. Auf mein Mail hin hatten fast alle Zeit, die mitgehen wollten, seine Geschwister, teilweise mit Familie und seine engsten Freunde. Es war dann doch eine Runde von 12 Leuten.


    Ich wollte diese Wanderung machen, aber ich hatte doch auch etwas Angst davor. Aber es ging mir soweit ganz gut, ich fühlte mich gut aufgehoben in diesem Kreis. Es war traumhaftes Herbstwetter, aber witterungsmäßig war es in diesem Jahr doch so ziemlich die letzte Gelegenheit für diese Tour, denn im Schatten war es teiweise schon eisig, also nicht ganz ungefährlich. Ich bin diese Wanderung schon mehrmals mit Wolfgang gegangen, zum ersten Mal vor mehr als 8 Jahren, als ich schon bis über beide Ohren in Wolfgang verliebt war. Und so war dieser Weg für mich auch voll gemeinsamer Erinnerungen.


    Nach dem steilen Aufstieg und einiger Kraxelei durch schroffes Gelände und vorbei an den charakteristischen Felszinnen bemerkte ich plötzlich, dass die Freunde vor mir stehen geblieben waren. Sofort schossen mir die Tränen herab, denn ich wußte noch ohne Worte, dass dies die Todesstelle war. Wir feierten eine kleine Andacht mit enem "Vater unser", sangen "Von guten Mächten wunderbar geborgen und sein Bergkamerad spielte auf der Mundharmonika, zum Schluss auch noch den Andachtsjodler. Wir legten ein Kranzerl mit Lampionblumen und Kastanien nieder und dann hieß es wieder Abschied nehmen. Am liebsten hätte ich laut in den Bergen nach Wolfgang geschrien. Dieser ganz persönliche Abschied im kleinen Kreis mitten in diesen wunderschönen Bergen hat mir sehr viel bedeutet.


    Bei der Heimfahrt war's dann mit meinen Kräften vorbei. Ich bin regelrecht zusammengebrochen, ich war total erschöpft, körperlich als auch psychisch. Zu Hause schmerzte mein ganzer Körper und mein Herz fühlte sich an wie eine riesige Wunde. Aber ich bin froh, dass ich es gewagt habe und ich werde noch öfter in meinem Leben dort hinaufgehen. Im nächsten Jahr möchte ich mir einen besonderen Wunsch erfüllen. Ich möchte für Wolfgang ein Kreuz oder eine Gedenktafel aufstellen lassen, aber dazu brauche ich noch Zeit.



    Liebe Grüße Barbara :005:

  • Liebe Barbara,
    der Besuch des Sterbeortes ist natürlich immer ein Ereignis, das sehr aufwühlt und das die Trauer aufbrechen lässt. Aber: Es war ein wichtiger Schritt und eine wunderschöne Gedenkfeier! Mit diesem Besuch kommst du auch in der Trauer einen großen Schritt weiter. Die Gedenktafel ist eine sehr schöne Idee, aber lass dir die Zeit, die du dafür brauchst. Du wirst deutlich spüren, wann der richtige Zeitpunkt dafür gekommen ist!
    Alles Liebe
    Christine