Lieber Tommi,
Das ist so absolut verständlich, dass man gewisse Dinge einfach nicht (mehr) um sich haben möchte, weil die Symbolik, die damit verbunden ist, einfach zu weh tut.
Ich habe meinen Mann sehr plötzlich verloren; es gibt ja oft die Diskussion, was wohl Schlimmer ist. Spannend, dass diese Diskussion so oft von Nicht-Betroffenen geführt wird, denn die können sich ja weder das ein oder andere wirklich vorstellen, auch, wenn sie es manchmal gerne vorgeben.
Ich ganz persönlich habe bereits nach dem plötzlichen Tod meines Papi gesagt, dass ich das, glaube ich, für mich ganz persönlich als ... tja, was ... besser? ... sagen wir: weniger schlimm empfinde.
Dieser lange Abschied, dieser lange, gemeinsame Kampf, nicht nur gegen die Krankheit, sondern gegen die eigenen Grenzen und alles, was damit zusammenhängt - ich stelle mir das grausam vor und habe den allertiefsten Respekt vor allen hier, die das an der Seite und für und mit ihren Liebsten durchgestanden haben, egal ob Partner, Elternteil, Geschwister, Kind, Freund.
Von daher kann ich nur ahnen, nicht mir vorstellen, wie schwer dir all das jetzt fällt,
Mir fällt dabei auf, dass der Gedanke, der bei dir absolut omnipräsent ist, dass ihr den "Kampf verloren habt".
Ist das wirklich so? Du schreibst, dass deine Uti so gekämpft hat. Und du gibst Beispiele für ihren Willen. Ich bin mir sicher, das dieser Wille auch dir galt. Ihr habt gemeinsam für den anderen und für euch als Einheit gekämpft. Und das sehr lange.
Ja, am Ende stand dieses unaussprechliche Ende - aber habt ihr wirklich verloren? Hat der Krebs gesiegt? Das Leben hat er vielleicht besiegt. Aber es wurde nicht kampflos aufgegeben. Und es wurde dem Tod noch sehr lange ein Strich durch die Rechnung gemacht, wie ich das aus deinen Erzählungen verstehe.
Es hat also zumindest die Liebe gesiegt!
Lass nicht zu, dass die Krankheit diesen Kampf gegen die Liebe gewinnt, indem du dich mehr an den Krebs und den Kampf, als an das Leben erinnerst.
Ich kann verstehen - so wie du es schreibst kann man es wirklich sehr gut verstehen - dass du dich noch keinen positiven und guten Erinnerungen stellen und dich ihnen öffnen kannst.
Aber vielleicht solltest du genau dem eine Chance geben?
Oh, und noch etwas, ein ganz persönlicher Gedanke: "zu sehr auf Uti fixiert" Nein! Tiefe Liebe ist nicht sowas Profanes und negativ Behaftetes wie "fixiert zu sein". Es spricht für dich, dass du sie in deinen Lebensmittelpunkt gerückt hast. Und von daher, wenn sie dein Lebensinhalt war - und ist! - dann ist das so! Na und? Da gibt es kein "zu sehr" und du wirst schon gar nicht zu einem "schweren Fall" dadurch. Du trauerst. Das IST schwer.
Ich denke (wie so oft, stelle ich grad fest), dass Herzschmerz da einen guten Ansatz aufzeigt:
Vielleicht auch über eine Trauergruppe (also Gleichgesinnte)? Aber weißt Du, Du musst das ja nicht jetzt machen, lasse Dir Zeit. Irgendwann bist Du dann vielleicht so weit….
Du bestimmst das Tempo. Aber gib dir auch eine Chance.