Lieber Deti,
es war bei uns ähnlich. Als wir uns kennenlernten, hatte ich meine kleine, sehr günstige Mietwohnung und er wohnte in einer größeren Genossenschaftswohnung (ebenfalls günstig).
Bei ihm einziehen hätte für mich bedeutet, täglich 90 min in die Arbeit pendeln zu müssen.
So haben wir all die Jahre komplett die Wochenenden (Freitag Abend bis Montag früh) und allermeistens zusätzlich den Mittwoch Abend zusammen in seiner Wohnung verbracht, so hatte ich den langen Arbeitsweg nur 2 mal pro Woche.
Seine Wohnung war ja größer und schöner und später hatten wir auch unsere gemeinsamen Katzen in seiner Wohnung. So war es für mich ok daß wir uns zu 99% nur in seiner Wohnung sahen - meine kleine Wohnung war für mich, ähnlich wie Du es beschrieben hast, auch nur die "Nebenwohnung".
Zuhause fühlte ich mich bei ihm.
Wir fanden es dann irgendwann sogar sehr angenehm, nicht zusammen zu wohnen. So haben wir uns immer sehr auf Mittwoch Abend oder auf die Wochenenden aufeinander gefreut - und an den anderen 3 Abenden pro Woche hatte jeder seinen Freiraum für die eigenen Hobbys.
Zusätzlich waren wir beide weniger gestresst weil wir beide kurze Arbeitswege hatten.
Trotz Bitten und Betteln war es dann nach seinem Tod nicht möglich, seine Wohnung übernehmen zu dürfen. Die Genossenschaft ist da sehr streng, nur an Leute auf der Warteliste oder an die Ehefrau des Verstorbenen (wir waren nicht verheiratet).
So blieb nur das erzwungene, schmerzhafte Ausräumen innerhalb von 3 Monaten.
Ich muss jetzt hinterher leider sagen, wir haben eben viel in den Tag reingelebt und für nichts vorgesorgt. Der Tod, das Sterben war für uns noch sooo weit weg und gar kein Thema (er ist 52 geworden, ich bin 47).
Seine Mutter ist 80 und irgendwann einmal hätte er die Hälfte von ihrem Haus geerbt (es gibt noch einen Bruder). Wenn überhaupt, haben wir vielleicht mal den Gedanken gestreift - mal schauen ob er dann das Haus übernimmt oder seinen Anteil ausbezahlt bekommt... vielleicht dann mit dem Erbe eine Eigentumswohnung anzahlen oder was auch immer... vielleicht ist zu dem Zeitpunkt auch die Rente schon in Sichtweite und der Arbeitsweg nicht mehr so wichtig...
Ich hadere jetzt doch manchmal sehr mit der Vergangenheit.
Vielleicht hätten wir doch irgendwann die Beine in die Hand nehmen und uns irgendwo "in der Mitte" zwischen unseren Arbeitsplätzen ein gemeinsames Zuhause aufbauen sollen. Auch wenn es uns beide unterm Strich mehr Zeit für den Arbeitsweg und Geld für die Miete gekostet hätte...
Da hätte ich dann weiter wohnen bleiben können, hätte mich nicht von so Vielem trennen müssen...hätte weiterhin wenigstens unser gemeinsames Zuhause gehabt nachdem er von mir weggerissen wurde...
Das Ausräumen seiner Wohnung tat jetzt einfach nur irre weh. Das gemeinsame Leben dort ist nun einfach komplett ausgelöscht.
Ich lebe jetzt mit unseren 2 Katzen auf 35 Quadratmetern. Zum Glück (!!) kommen die Miezen bestens damit klar, das war/ist erstmal das Wichtigste. Aber natürlich - es ist ein bisschen grenzwertig.
Eng, weil ich so viele seiner Sachen mitgenommen und noch nicht richtig integriert habe. Unpraktisch, weil ich Wohn- und Schlafraum in einem habe. Da muss quasi immer ALLES halbwegs aufgeräumt sein wenn mal Besuch kommt...
Und ich muss zugeben: nachdem es nur meine "Nebenwohnung" war, habe ich mich nicht so um Reparaturen gekümmert bzw. alles mögliche aufgeschoben. Das fällt mir halt leider jetzt vor die Füße.
Ach ja Hinterher weiß man alles besser.
Aber wir waren eben beide glücklich mit unserem Leben mit den getrennten Wohnungen, auch wenn es vielleicht etwas unkonventionell war.
Wir haben einfach nicht daran gedacht daß etwas so Schlimmes passieren könnte
Sorry lieber Deti, jetzt merke ich gerade daß ich in Deinem Herzenshaus so viel über mein eigenes Seelenleben geschrieben habe. Das ist jetzt so aus mir rausgesprudelt. Ich hoffe es ist ok🌸
Liebe Grüße
Nora