Erinnert ihr euch , dass ich über unseren Pfarrer nun Kontakt habe zu einer anderen Trauernden, ungefähr in meinem Alter? Wir haben gestern über eine Stunde telefoniert. Ihr Mann ist seit 3,5 Monaten tot.
Es ist ein Anfang. Sie wohnt im Nachbarort, nächsten Mittwoch besucht sie mich, und wir essen zusammen. Nichts tolles. Einfach Reste die ich aus der Schule mitbringen werde, die machen wir zusammen wieder warm. Mehr geht nicht, da sind wir uns einig. Ich habe heute auf den Speiseplan von nächster Woche geschaut: es wird am Mittwoch Rinderbraten, Klöße und Rotkohl geben.
Ich bin ja dringend auf der Suche nach Leuten, denen es genau so geht wie mir. Vor Allem für die Freizeitgestaltung. Die Wochenenden.
Im Moment kümmern sich ja viele Freunde um mich, ich werde eingeladen, mitgenommen irgendwo hin... aber ich weiß ja, dass das alles "nur" mir zuliebe geschieht, also, ich bin da sehr sehr dankbar und nehme alles an, aber ich muss ja auf Dauer zusehen, dass ich Leute finde, die genau so froh sind mich zu haben wie umgekehrt.
Deshalb habe ich mich auch zum Trauerfrühstück im anderen Nachbarort angemeldet. Das findet an zwei Sonntagen im Monat statt. Ich habe mit einer sehr netten Trauerbegleiterin telefoniert um mich für dieses Frühstück anzumelden. Ich glaube, erst wollte sie mich ganz vorsichtig auf später vertrösten, dass mein Fall noch zu frisch sei. Ich konnte ihr glaubhaft versichern dass ich halt genau weiß was ich brauche, eben Leute in derselben Situation, möglichst altersähnlich, zur Freizeitgestaltung, denen auch klar ist dass man noch ein Leben vor sich hat das gestaltet werden muss. Da meinte sie, dass es doch sehr gut passt und hat mich auf ihre Frühstücksliste geschrieben. Genau solche Leute kommen da, die meisten so Mitte 50. Na dann.
Ich weiß nicht ob ich alles richtig mache. Ja nein ja nein Ja nein ja nein Ja nein ja nein
Manchmal denke ich, ich will zu schnell zu viel.
Ihr seht mich nicht weinen.
Ihr denkt bestimmt dass ich alles im Griff habe, so wie ich hier schreibe.
Es wirkt vielleicht alles so durchdacht, reflektiert...
Das Schreiben hilft mir, das Durcheinander im Kopf zu sortieren.
Ich bin hässlich geworden.
Eingefallen und blass.
Tränensäcke.
Der Spiegel erschrickt, wenn er mich sieht.
Niemand, mit dem man gerne Zeit verbringt.
Nachher kommt Bärbel, wir puzzeln zusammen.
Meine Schwester hat gestern mein Bettzeug gewaschen, sie fand es roch komisch.
Heute früh habe ich meine Heizungswartung machen lassen und im Gästebad wurde die schimmelige Silikonfuge erneuert, damit meine Tochter samt Mann und Kindern dort duschen können, wenn sie am Sonntag zur Abschiedsfeier kommen und hier übernachten.
Komischer Aktivismus in den ich immer verfalle wenn es mir schlecht geht.
Komisch, wozu ich die Kraft finde und wozu nicht.