Liebe Manuela,
der uferlose Fluss....und wie ich den kenne. Derzeit kämpf ich um einen Rettungsring und find ihn nicht. Ich hoffte so sehr, dass diese Woche ruhiger wird. Gestern dann die erste "Flexibilitätsprüfung". Anruf der Chefin: Kannst mir bitte morgen für 2 - 3 Stunden am Empfang aushelfen? Na klar hab ich ja gesagt, man möchte doch nicht gleich anfangs unbeliebt werden. Dadurch war mein 2 Tagesplan wieder übern Haufen geworfen. Ich hab dann also zugesagt, mich den ganzen Tag geärgert, dass wieder alles umgeschmissen ist und bin heute hingefahren. Bei der Heimfahrt habe ich dann meine ehemaligen Kollegen besucht, was auch schön war. Somit bin ich nicht umsonst losgefahren. Ich weiß noch nicht, ob ich dort wirklich bleiben werde. Diese Schichtarbeit Tag- Nacht- Wochenende --- ich weiß nicht, ob ich wirkich damit umgehen kann. Ich habe parallel wieder im Jobroom vom Arbeitsamt vorbeigeschaut und eine interessante Stelle gefunden. Da musste ich gleich anrufen. Ein völlig geknickter Chef eines 4 Mannbetriebes sucht jemanden für 20 Stunden. Kannst dir die Arbeitszeit einteilen wie du willst, denn seine Frau läuft ihm davon. Das hat für mich interessant geklungen, weil ich auf der Suche nach einem Job bei einem kleinen Unternehmen war/bin..... Er wird mich anrufen. Mal sehen, vielliecht gibts bald den nächsten Wechsel.
Ich bin so erschöpft, so ausgelaugt. Ich will doch nur in mein Eckerl.... mit meiner Decke übern Kopf. Die 2 Therapiestunde hatte ich auch gestern. Derzeit weiß ich noch nicht, wie es dort weiter geht, denn außer dass ich ihr mein Leben erzähle, war noch nichts. ABER: Es waren ja erst 2 Stunden, da muss sie sich natürlich ein Bild von mir machen. Dass diese Frau mir meinen Lebenswillen zurück geben kann, wage ich massiv zu bezweifen. Vielleicht aber auch deshalb, weil ich mit ihr nicht ganz "warm" werde. Ich war vorher im psychosozialen Dienst bei einer Psychiaterin in Betreuung, bei der ich mich von Beginn an wohl gefühlt habe. Diese hat mir aber gesagt, dass ich eine richtige Therapie brauche, und sie mir diese nicht so bieten kann. Die Therapeutin ist zwar sehr freundlich aber das Fünkchen ist noch nicht übergesprungen.
Du hast vollkommen recht, dass unsere lieben Vorangegangenen nicht wollen, dass wir so furchtbar traurig sind. Sie wollen uns glücklich sehen. Aber wo soll ich denn glücklich sein? Mein Glück ist doch schon vorangegangen. Ich hoffe, er schafft uns im Jenseits ein Häuschen, wo er dann auf uns wartet, uns empfängt, damit wir alle bis in alle Ewigkeit zusammen bleiben können. Ich würd es mir so wünschen. Ich red mir halt ein, dass er zur "Basisschaffung" voran ging, um den Nestbau drüben zu betreiben. Ich will ja, dass er stolz auf mich ist, dass es ihm drüben gut geht. Wenn ich hier zu sehr leide, halte ich ihn möglicher weise vom Weiterkommen ab, das wünsch ich mir nicht, aber ich vermisse ihn so sehr, dass ich ausflippen könnte. Er fehlt mir jeden Augenblick und im Moment, wo ich mich so hilflos fühle, ganz besonders. Es ist doch ein beträchtlicher Teil von mir mit ihm mitgestorben vor heute genau 90 Wochen.
Ich nehme gerne deine Hand an--- ich reiche dir auch meine um dich zu unterstützen, um gemeinsam mit dem traurigen Leben umgehen zu können. Liebe Manuela, du bist so voller Liebe und Trost, -- wie du mir mal sagtest: Obwohl du selber schlimmes durchmachst---- für andere voll Sorge und Zuversicht spendend.....
Es ist für mich schön, wenn ich dich/euch mit Worten berühren kann, versuchen kann Trost zu spenden --- aber all diese Tröstversuche an sich selbst anzuwenden---- das kann ich einfach nicht.
Ich wünsche dir - mir - uns allen, dass wir irgend wann mal mit unserer Trauer umgehen können.
Ganz liebe Grüße und viele :30:
Michi