Meine Mutter hatte es nicht leicht in ihrem Leben. Sie war ein Einzelkind.
Nach dem Krieg geboren, musste sie schon früh mithelfen, dass daheim was auf den Tisch kommt. So wurden zB am Feld nebenan Kartoffeln angepflanzt, sie musste als Kind fleissig helfen.
Meine Großeltern waren, so hab ichs gehört, auch ziemlich streng mit ihr.
Ich hab mal von meiner Mutter alte Hefte gefunden, in die sie, wies damals so war, ihre Idole, Filmidole die sie aus Zeitschriften ausgeschnitten hat, eingeklebt hat.
So wie die heutigen Mädchen ihre Rockstars und dergleichen sammeln...
War sie auch mal ein ganz junges Mädchen mit Träumen und auch Vorstellungen und Zukunftsperspektiven.
So wie ich, du, oder jeder andere....
Sie suchte ziemlich früh die Unabhängigkeit von zu Hause, schaffte es aber dennoch nicht so wie sie wollte.
Probierte ihre eigene kleine Familie zu gründen, kam leider ständig an den Falschen...
Ihr erstes Kind bekam sie mit 23, das Kind verstarb im 3. Lebensjahr.
Ihr Lebensgefährte; nicht der Vater des Kindes; war schuld daran.
Die Kleine verstarb an einer Gehirnblutung, aus Gewalteinwirkung entstanden.
Meine Mutter kam von der Arbeit heim, und fand meine Schwester zuckend im Kinderbettchen, ihr Lebensgefährte stand daneben.
Sie brachte sie ins Spital, meine Schwester überlebte nicht.
Der Lebensgefährte stritt bis zum Schluss alles ab, obwohl die Beweise eindeutig waren, und so bekam er gerade mal lächerliche 5 Jahre Haft.
Dafür dass er einem Kind das Leben nahm, und deren Mutter die Lebensqualität.
Danach war meine Mutter nie wieder die Selbe.
Ihre Eltern gaben ihr Mitschuld am Tod meiner Schwester, weil sie lieber mit diesem schon von jeher jähzornigen Mann zusammen war, als weiterhin daheim bei den Eltern wohnen zu bleiben.
Sie hat wohl diese Schuldgefühle ihr Leben lang mit sich rumgeschleppt.
Meine Verwandten sagten mal...sie lachte danach irgendwann wieder, aber in ihren Augen konnte man sehen, dass sie nicht wirklich lachte.
6 Jahre später erst, kam ich.
Zwischendurch hatte meine Mutter 2 Fehlgeburten. Was ich erst nach ihrem Tod herausfand.
Und was ich erzählen kann?
Es gab viel Streit daheim, meine Mutter gegen ihren (neuen) Lebensgefährten.
Sie war sehr oft wütend, traurig, streng, verbittert.
Einmal an Weihnachten, weinte sie...und sagte "so hab ich mir mein Leben früher nicht vorgestellt".
Das werd ich nie vergessen....
Ihr Lebesgefährte starb ebenfalls schon vor Jahren...
Und dann Jahre voll Krankheit, Schmerzen für sie, und am Ende der Tod.
Ich frag mich, wo ist das kleine Mädchen hin, von damals, dessen Heft ich gefunden hab, mit ihren Träumen und Vorstellungen, von Filmstars, und später von einer Familie, Kindern, einen Mann...
Eine Frau geworden, die zu alt aussah für ihr Alter, zu krank für ihr Alter, zu schwach aussah, keine Träume mehr, schon so früh alles verloren, und nur noch Leiden.
Und nun ist sie bereits tod, seit fast einem halben Jahr.
So schnell alles, dass man nicht gucken kann...
Wofür???????
Wo ist das hin?