Liebe Katarina,
wie Du ja nun durch dieses Forum oft genug gelesen hast, kennt das Schicksal kein Alter und wenn Du mich fragst ist die Einrichtung einer Vorsorge nie zu früh.
Als mein Mann und ich Das beim Notar einrichten ließen waren wir beide fit, kern gesund und hatten gerade ein neues Leben mit neuem Haus und voller toller Zukunftspläne hier in Berlin angefangen. Ja, zu der Zeit war mein Mann noch berufstätig und stehts in der ganzen weiten Welt unterwegs. Besonders mein Mann genoß eine bombige Gesundheit. Ja, er war bis dahin noch nie in seinem Leben jeh in einem Krankenhaus gewesen und ehrlich gesagt hatten wir auch eine Weile mit der Vorsorgevollmacht gehadert. Vermutlich wie sehr sehr viele Menschen die es sich einfach nicht vorstellen können jeh ernsthaft krank, gebrechlich oder gar alt und klapprig zu sein. Eigendlich waren wir ja nur zum Notar gegangen um unsere beider Testamente zu regeln da nun ja eine frisch gekaufte Immobilie im Raum stand und er einen Beruf hatte wo er möglicherweise 'mal keine gute Landung haben könnte. Bestimmt nicht weil wir uns auf irgend eine makabre Weise mit dem Sterben und dem Tod befaßt hatten.
Erst einige Jahre später entpuppten sich die Vorsorgevollmacht und die Generalvollmacht über den Tod hinaus als ein echter riesiger Segen, denn mein Mann sprach kein Wort deutsch und nach seiner Diagnose dauerte es nicht lange bis er entweder sich komplett weigerte sein Schicksal zu verinnerlichen bis ihm Alles vollkommen über den Kopf gewachsen war. Ich sage bewußt Segen denn egal mit wem ich es zu tuen bekam war stehts die erste Frage ob ich eine Vorsorgevollmacht hätte - obwohl ich ja die Ehefrau war. Ja, und erst nachdem ich das Dokument vorgelegt hatte wurde Tacheles geredet. Egal ob ich ihn zu verschiedenen Ärzten begleitete, wir Aufnahmebesuch von seiner Palliativärztin bekamen oder als ich ihn am Ende ins Krankenhaus begleitete wo eine Notoperation entschieden wurde. Wann immer ich Formulare ausfüllen oder unterschrei-
ben mußte hatte ich diese Unterlage vorzuzeigen.
Ja, ich gebe zu das die Erstellung von solchen Dokumenten lästig ist weil sie Einen ja auch dazu zwingt sein Umfeld und sich selber sehr hart unter die Lupe zu nehmen. Weil sie Einen dazu zwingt darüber nachzudenken wie man versorgt werden möchte und was man sich für den eigenen Tod wünscht. Themen mit denen sich Keiner freiwillig gerne befaßt. Aber wie gesagt, ich bin mir sicher das mein Mann mir enorm dank-
bar war das ich ihn damals dazu überredet hatte die Vorsorgevollmacht einrichten zu lassen. Das er erleichtert war zu wissen das ich ihm auf allen Gebieten und in allen Bereichen seiner Pflege zur Seite stehen konnte. Egal ob etwas gedolmetscht werden mußte oder ich stehts da war um ihm die Hand zu halten und Mut zuzusprechen. Gerade in Situationen wo die Zeit gefehlt hätte irgend welche Genehmigungen zu beantragen.
Und abschließend ... ich bin mir sicher das auch mein Mann mich nie mit seiner Krankheit belasten wollte und so manches Mal unter großen Schuldgefühlen litt das ich dadurch überhaupt keine Freiheit mehr hatte. Aber andererseits denke ich auch das Belastung dann doch kein Thema mehr ist sobald echte Not an Mann ist und es nur noch darum geht auf beiden Seiten die Situation so gut wie möglich zu meistern. Viele betrach-
ten die Errichtung einer Vorsorgevollmacht und einer Generalvollmacht als etwas Negatives, Deprimierendes und als etwas was keine Eile hat, aber wenn ich heute zurück blicke sehe ich darin auch etwas sehr Lebensbejahendes. Damit meine ich das man sich wirklich gedanken macht über die eigene Lebensqualität wenn das Schicksal oder gar das Alter zugeschlagen haben. Lebensbejahend ... indem man sich sehr bewußt vorstellt was man sich dann noch unter Lebensqualität bis zum letzten Atemzug vorstellt.
In diesem Sinne, Dir einen schönen restlichen Abend und einen dicken Drücker dazu von
Deiner ewig schreibwütigen Hanna