Liebe ist scheu. Kennst du das schöne Lied von Joh. Seb. Bach: "Willst du dein Herz mir schenken, so fang es heimlich an"? "ich liebe dich" ist nicht scheu, sondern laut, prahlerisch. Und platt und abgeschmackt dazu. Als wollte ich sagen: Tut mir leid, ich bin so hohl, mir fällt nichts anderes ein. Ich liebe dich, bild' dir was drauf ein. Es gibt so viele andere Sätze, die man sagen kann. Wenn man überhaupt etwas sagen will. Das Beste ist das Ungesagte.
Beiträge von Dieter
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Liebe Hedi,
es gibt auch falsche, schräge, schiefe, verdrehte Gefühle. Es gibt Sätze, die das Gegenteil von dem bedeuten, was sie sagen. Aber bitte: jedem Tierchen sein Pläsierchen.
D. -
Baba ist übrigens nicht bös gemeint
es ist das österr. Äquivalent zu deinem
"tschüss"weiß ich doch, so viel Österreichisch kann ich schon. Das "Kind" ist Sinnbild für Unschuld, Einfachheit, Zartheit, Anmut, Naivität im besten Sinne, auch Weisheit (Kleiner Prinz). Ist übrigens auch ein Archetyp bei C.G.Jung, ohne den in Religion, Kunst und Wissenschaft eigentlich nichts geht. Nachfolger von Sigmund Freud, aber ganz, ganz anders. Ich wollte sagen: Un- oder Schwerverständlichkeit von Kunstwerken lässt sich leicht mit unbewussten Inhalten rechtfertigen, dann ist es "mystisch" und "großartig". Aber das richtige Unbewusste muss es sein, ein allgemeinmenschliches, kein privates. Z.B. die Jungschen Archetypen: die Anima, der Animus, der Alte Weise, die Große Mutter, das Kind, das Mandala usw. Ich finde unsere Dispute nicht schlimm, im Gegenteil. Irgendwo meinen wir dann doch wieder dasselbe. Danke für deine Geduld und gut's Nächtle!
Ba-tschüß!
Dieter -
Liebe Malena,
hat keinen Zweck, wir sind zu weit auseinander.
Meinen Satz: "Ich hasse Kunst" muss ich erläutern. Natürlich hasse ich nicht Kunst. Ich hasse den Kunstbetrieb. Und ich hasse es, erlauchten Namen wie Günther Grass, Max Frisch und Ingebprg Bachmann hinterherzulaufen.
Auch baba.
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Liebe Malena,
du sollst nicht "deine Klappe halten", es ist mir wichtig, was du sagst. Gerade deswegen wollte ich deine Ansicht über unsere Liebe nicht so stehen lassen. Vergleiche doch einmal mein Storm-Gedicht mit deinem Bachmann-Gedicht: damit ist doch schon alles gesagt. Ich präsentiere hier mein Feinstes und Innigstes, und du stülpst deine (mir sehr fremde) Bachmann darüber. Es geht wieder einmal um den Begriff von Kunst. Ich will es einmal ganz hart ausdrücken: ich hasse Kunst. Ein Wiegenlied, ein Blümchen-Bild, eine Bach-Passion (Bach ist nicht Kunst), bitte nicht mehr. Ich übertreibe absichtlich, um es ganz klar zu machen. Einfachheit, Einfachheit, Einfachheit! Das Beste von Goethe ist sein kleines Gedicht "Gefunden". Der Kleine Prinz ist ein KIND! Storm redet von einem KIND (natürlich von einem älteren). Das Kind in der Krippe ist ein KIND. So ihr nicht werdet wie die KINDER... Die Archetypen des C.G.Jung sind auch sehr traumverhangen und trotzdem jedem zugänglich. Hölderlin, Rilke, Trakl: man muss nicht alles rational verstehen. Oft besteht das Verstehen in einem Erfassen der Stimmung, der Sprache, der Neologismen, des Rhythmus, der Satzmelodie. Alles zugegeben. Aber wenn einer nur schreibt, was ihm zufällig in den Sinn kommt und irgendwie bedeutungsvoll klingt, dann höre ich das und bin verstimmt. Das mag aus seinem hochverehrten persönlichen Unbewussten stammen, es stammt aber nicht aus dem kollektiven Unbewussten (Jung), und das ist der springende Unterschied. Aber schön deine Interpretation des Salamanders bei der Bachmann. Trotzdem graust mir vor ihm.
Was du über dein Verhältnis zu deiner Mutter schreibst, hat mich sehr berührt. Das ist so unmittelbar verständlich. Aber hast du wirklich zu ihr gesagt: "Ich liebe dich"? Ich kann diesen Satz nicht hören, ohne innerlich aufzuschreien. Er ist so falsch, so falsch, so falsch! Wer das nicht fühlt, dem kann ich es nicht erklären. Vielleicht kann Nietzsche es.
Tschüß
D. -
Genau das, dieses nicht mehr laut sagen "ich lieb dich" ...
Liebe Malena,
hast du meinen Text nicht genau gelesen?
Das Gedicht von der Bachmann: lieb gemeint. Hättest du nur nicht gesagt: so stelle ich mir eure Liebe vor. So war (ist) unsere Liebe nicht. Sie war einfach, kindlich, klar, verständlich. Mit einer Lyrik, die ich nicht verstehe, kann ich nichts anfangen. Das gilt leider auch zum großen Teil für Rilke. Grundlegend Menschliches kann man auch allgemeinverständlich sagen, MUSS man allgemeinverständlich sagen, sonst ist es nutzlos und nur Selbstbespiegelung. Sorry, ist nicht unfreundlich gemeint.
Gruß D.
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Im Garten (der eigentlich ein Wald ist) an verschiedenen Ecken des Hauses sitzen und lesen und herüber- und hinüberrufen: Geht es dir gut? Ja, dir auch? Mir auch. Zu ihr hinüber gehen und sagen: Jungfer im Grünen! Oder: Veronika, der Lenz ist da! Oder:
Hier an der Bergeshalde
Verstummet ganz der Wind;
Die Zweige hängen nieder,
Darunter sitzt das Kind.Sie sitzt in Thymiane,
Sie sitzt in lauter Duft;
Die blauen Fliegen summen
Und blitzen durch die Luft.Es steht der Wald so schweigend,
Sie schaut so klug darein;
Um ihre braunen Locken
Hinfließt der Sonnenschein.Der Kuckuck lacht von ferne,
Es geht mir durch den Sinn:
Sie hat die goldnen Augen
Der Waldeskönigin.(Theodor Storm)
Nicht alles, aber ein Teil davon. Mein liebstes Gedicht überhaupt. Oder: Ich hab' dich so lieb. Wir sagten nie: Ich liebe dich, das war uns zu kinomäßig. Dann war sie verlegen und sagte leise: ich dich auch. Vergangen, vergangen. Aber Gegenwart gewesen. Der blaue Tisch, an dem sie saß, steht noch immer da, und wer genau hinschaut, der kann sie da noch sitzen sehen. Ich schicke von Zeit zu Zeit ein kleines Winke-Winke da hinüber.
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Liebe Malena,
ja, Katzen sind Zauberwesen, und deine Vorstellung, das "Schnuckelchen" könnte mit dem Katerchen unter einem Hut stecken, hat mich sehr beruhigt. Wie schön, deine Nachrufe zu lesen, ihnen gibt es gar nichts hinzuzufügen.
Liebe Grüße
D.
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Liebe Amitola,
weißt du, ob ihr Kater bis zuletzt bei ihr sein konnte? Wohl kaum - in der Intensivstation? -
Ja, liebe Malena, das musste ja kommen, dass du mir die Hilary mit der Chaconne präsentierst, das lag irgendwie in der Luft. Ich dachte, na, ich hör' mal rein, und saß gleich fest und musste sie zuendehören. Unglaublich, wie Bach da ein Orchester auf ein Instrument zusammenzwingt. Und wie fein und fraulich die Hahn den Stimmungen nachspürt. Gerade hör' ich als Kontrast den Isaak Perlman mit der Chaconne, mächtig, gewaltig, männlich. Beides gleich schön. Danke für deine Aufmerksamkeit! Nun bleiben meine Hemden für heute ungebügelt.
Na, ein ungesehenes und ungehörtes Kunstwerk ist natürlich nur die halbe Miete, der Rezipient gehört dazu, das ist wie Händeklatschen: man braucht beide Hände. Aber mit der Rose ist es etwas Anderes. Sie ist ja Natur und hat auch im Verborgenen ihre Wirklichkeit. Noch schöner natürlich, wenn jemand sie und ihre Seele sieht und liebgewinnt. Das Kunstwerk muss zum Leben erweckt werden, das Lebewesen lebt ja schon aus sich selbst heraus.
Das mit den Krähen tut mir leid, konnt' ich wieder den Schnabel nicht halten! Blog kommt vielleicht irgendwann.
LG
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Liebe Malena,
ah, die Chaconne, leider etwas verhackstückt. Na, Bach hält viel aus. Aber sonst: so viel herrliche Musik! Wo soll ich nur die Zeit hernehmen? Und die Hilary Hahn ist auch dabei - mein Favourite. Welche Diskussion? Was der Van Gogh gemalt hat, sind leider Krähen - Todesboten. Vielleicht hat er auch Schwalben gemalt, zuzutrauen wär's ihm. Trotzdem dir und den anderen dankeschön für eure lieben Zeilen. Ich muss ja nicht unbedingt Resonanz haben, ich dachte nur, ich wäre - rein technisch gesehen - untergegangen. Der Brauch mit dem Blumenpflücken hat mir sehr gefallen. Angelus Silesius - mal wieder zum Niederknien (hätte meine Frau gesagt). Herrschaften, ist dieses Mendelssohn-Konzert schön, ich hör's beim Schreiben, jetzt hör' ich's einfach zuende, frech wie ich bin, die Erbsensuppe muss warten, danke, danke!
LG -
Liebe Angie,
so ist es gut, so muss es sein. Was schert uns die Materie, Seele ist alles.
LG D. -
Ach Nebelchen,
wenigstens du hast es gelesen, auf dem Dashboard war es längst verschwunden. Veronika und ich hatten einen K-Tag und einen H-Tag. Der H-Tag (Hochzeitstag) war im August und uns nicht besonders wichtig. Wichtig war der K-Tag (Kennlerntag), der war im schönsten aller Monate: im Mai. "Kukuruz" musste ich nachschlagen, wie kommen die Gladiolen zum Mais? Sonnenblumen waren die Lieblingsblumen meiner Frau, ich wette, du weißt das noch. Danke für den riesengroßen Strauß! Was für eine schöne Fahr-Route du hast! Die Weizenfelder, durch die der Wind rauscht, erlebten wir vor allem auf den Deichen der Insel Pellworm: links die wogenden Weizenfelder, rechts die Wogen der Nordsee. Was für Zeiten! Der Duft des Weizens und die Schwalben, die mit uns spielten! Wir fuhren mit dem Rad auf der Deichkrone entlang, aber die Schwalben waren viel schneller als wir und umkreisten uns, überholten uns, überschlugen sich im Sturm und kamen zurück. Über den Fuchs könnte ich auch noch etwas sagen, aber das bleibt mein Geheimnis und das des kleinen Prinzen. Danke dir und deinem schlauen Handy!
LG Dieter
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Du und ich - unser Roman ist noch nicht zuende. Ich lasse dich nicht nach 54 Jahren so einfach gehen. Wir sind doch ein Team, sagte ich immer zu dir, als du so ganz am Boden warst in deiner Verzweiflung. Wir bleiben ein Team. Ich denke und fühle immer noch wie du, ich gebrauche deine Wörter, ich lächele mit deinem Lächeln. Wind und Wolken sind dein Geist und deine Seele und durchdringen mich. Die Taube raunt dein Lied, die Abendluft ist weich wie deine Hände. Unser Roman ist noch nicht zuende, wir bleiben ein Team. Bis der da oben sagt: gut gemacht, Eins minus, ab ins Paradies!
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Liebe Moni,
danke, danke, ich nehm's für den Löwen, der ja auch bald fällig ist. Schöner, lustiger Spruch, über den ich mich schon oft gefreut habe.
Schönen Samstag!
Dieter -
Liebe Malena,
googel doch bitte mal nach "Trauma". Schwalben habe ich leider nicht zu bieten, dafür ist es hier zu bergig. Dafür aber Libellen und Schmetterlinge. Mit den Erinnerungen ist es schwierig: ich kann sie nur bröckchenweise an mich heranlassen, das macht mein Leben ziemlich dröge. Mein "bezaubernder Sommernachtsabend" wird wieder im zehnmaligen Durchzappen des Fernsehers bestehen, bis ich zu mir sage, was mache ich hier eigentlich? und hinaus zu den Glühwürmchen gehe. Nicht immer habe ich so viel Verstand, und die Glühwürmchen werden auch schon weniger. Ich habe ein ganzes Regal voll mit Dias aus vergangenen Zeiten, ich habe noch nicht einmal hineingeschaut, ich trau' mich nicht, ist vielleicht auch irgendwie sinnlos. Aber wir reden immer nur von mir. Wie geht es DIR eigentlich, ich meine so stimmungsmäßig?
LG D.
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Liebe Malena,
jetzt muss ich mein strahlendstes Lächeln wieder einpacken. Man kann einen Satz noch so sorgfältig formulieren, wer ihn missverstehen will, der wird ihn missverstehen. Ich sprach von der weiblichen Eigenart, Dinge (tote und lebende, materielle und geistige) zu vermenschlichen. Das kann den Dingen angemessen sein oder nicht, das kann liebenswert sein oder nicht. Das war ein Erklärungsversuch, keine Unterstellung. Wenn du genau hinhörst, hörst du vielleicht auch meine Hochachtung vor dieser Denkart heraus. Meine Frau war auch so - es war eine ihrer schönsten Eigenschaften. Nenne das nicht herablassend, das ist es nicht. -
Wenn jemand an irgendeiner Stelle überempfindlich ist, dann war da mal eine Verletzung, ein Trauma. Das ist allgemein so. Wenn du das als "übergriffig" empfindest, tut es mir leid. Vielleicht war da mein inneres Schnabeltier wieder mal zu eifrig. In dubio pro reo? Jetzt suche ich vergeblich nach DEINEN Übergriffen, da war doch was... - fällt mir nicht mehr ein, mein Gedächtnis wird immer schlechter...
D.
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Ja siehst du, liebe Monika, so widersprüchlich ist der Mensch. Den Ausspruch von P. kannte ich noch nicht - wunderbar, wunderbar!
LG D. -
Liebe Malena,
ich hab's geschafft. Ich habe jetzt mal deine Schreiben ganz gelesen, und was glaubst du? Du hast ja hundertmal Recht! Natürlich können Biographien das Verständnis des Werkes vertiefen. Ich sage ja nichts gegen Biographien und sonstigen Kontext. Ich habe ja auch meine Biographien, die ich immer wieder lese. Sie vertiefen das Verständnis, aber sie untergraben es nicht. Am Anfang steht das Werk, dann kommt (vielleicht) die Biographie. Wenn ich Bachs Biographie in- und auswendig kenne (soweit das möglich ist), habe ich vom Wesen seiner Musik noch gar nichts verstanden. Ob mich ein Werk anspricht oder nicht, das weiß ich nach ein oder zwei Seiten, und daran ändert auch die Biographie meist nichts mehr. Wenn z.B. dem Waggerl vielleicht mal die Feder ausrutscht, dann sage ich zu mir: hoppla, und streiche den Satz in meinem Kopf und habe den Rest umso lieber. Bei dir sehe ich irgendein Trauma, das dich vieles durch eine ideologische Brille sehen lässt. Wir können nicht alles wegwerfen, nur weil es in oder kurz vor der NS-Zeit entstanden ist (die Quantentheorie hast du ja selber genannt). Dein NS-Nerv ist überempfindlich. Das ist verständlich, aber macht einseitig. Nicht alle Äpfel sind missgestaltete Birnen oder umgekehrt. Äpfel sind Äpfel, und Birnen sind Birnen. Ein schöner, wärmender, tröstender Text ist und bleibt ein schöner, wärmender, tröstender Text. Wenn man ideologische Brillen ablegt.
Aber du hast mich nicht verletzt. Eher hat mich der Denkfehler gestört, der Äpfel und Birnen gleichsetzt. Mir ist da noch der alte Pythagoras eingefallen, das war auch so ein schlimmer Finger, der Leute umbringen ließ, nur weil sie nicht seiner Meinung waren. Sagt man, genau weiß man es nicht. Aber sein Lehrsatz ist eisern und besteht für alle Zeiten, und dafür lieben ihn die Leute (außer vielleicht die Schüler).
Für deinen Angelus-Silesius-Spruch bekommst du mein strahlendstes Lächeln!
Auch dir ein schönes Wochenende.
D. -
Nachdem ich ein halbwegs gelungenes Mittagessen hatte und leicht friedlich gestimmt bin, wollte ich meiner Bemerkung über weibliche Denkungsart eigentlich hinzufügen: "was ja auch angemessen und liebenswert sein kann", aber jetzt schlucke ich das mit dem Nachtisch zusammen runter. Mit "Gender" will ich nichts zu tun haben, das riecht nach Politik und interessiert mich nicht. Deine anderen Sätze muss ich bröckchenweise genießen, das wird eine Weile dauern. Aber doch schon so viel: Mein Goethe-Beispiel ist absichtlich als Bagatelle gewählt, weil der Autor hinter seinem Werk eine Bagatelle IST, sogar wenn es um weltanschauliche Verirrungen geht.. Dass Literatursoziologen das anders sehen, ist mir schon klar. Ich will ja auch kein Kunstwerk bewerten. Ich will es erleben, ich will es lieben oder hassen und will das mitteilen. Aber ich will gewiss nicht dauernd an den Urheber erinnert werden. Das gleiche Hickhack hat es mit Knut Hamsun gegeben, einem der größten und packendsten Erzähler überhaupt, der Maßstäbe gesetzt hat. Aber sollen wir das wirklich alles aufwärmen? Die Bibliotheken sind voll davon!