Ich muss sagen, es war das gechillteste Fest meines Lebens.
Abzüglich 1 Stunde Weihnachten im Sterbezimmer und 3 Stunden Weihnachten mit meiner depressiven Mutter. Das war nicht so toll, aber der Rest war super.
- Kein Baum-Monstrum, das (von mir) heim geschleppt werden muss und nach 14 Tagen als Leichnam zum Müll gezerrt wird. Nie, nie nie wieder. Der kleine lebende Baum wird heute abgeputzt, kommt zurück in den Regen und Danke, das war´s!
- Keine echten Kerzen mehr, sondern alles mit LED. Daher auch keine Brandgefahr und keine schlechte Luft im Zimmer. Kein stinkertes Räucherzeug.
- Und keine Krippe! Keine Weihnachtslieder!! Ich bekomme schon beim Namen "Bing Crosby" allergische Flecken und ich habe im Lauf der Zeit gelernt, "O Tannenbaum" schwerst nervig zu finden.
- Keine Kekse, kein ewig-gleiches Weihnachtsessen, weil der Vater nichts isst, was er nicht von klein auf kennt. Kein Zusammenhocken mit der lieben Familie am 24. und 25., mein Bruder hat nicht einmal unsere Mutter angerufen, geschweige denn seinen schwerst kranken Vater. (Da siehste, wie recht ich habe, wenn ich immer sage, dass die richtige Kinderzahl 1 ist.)
Am 20. hatte ich Weihnachtsfeier mit den Fach-KollegInnen, ohne Gluten, ohne Milchprotein, ohne Nüsse, ohne Zucker und mit ganz normalen Aufstrichen und Geselchtem für die weniger Ernährungssensitiven.
Am 21. hatte ich die allgemeine Betriebsfeier, die mir zu alkoholschwanger war. Außerdem war Sonnenwende und ich habe sie zumindest oberflächlich gefeiert, indem ich daheim viiiiiele LED-Kerzerl eingeschaltet habe.
Am 23. hatte ich mit meinen Maturanten ein multikulturelles Weihnachtsessen, wo alles zwischen Qabli palau und Biskuitroulade serviert wurde. (Kein Schwein, kein Alkohol, dafür beliebige Mengen an Gluten und Milchprotein.)
Am 24. frühstückte ich mit 2 Freunden: Eier (wie jede Woche), Brötchen und Makrele.
Heute bin ich dort zum Essen eingeladen. Er hat wieder Kochsendungen geschaut und lief gestern mit einem japanischen Fleischmesser herum. Außerdem hat er was von Spekulatius-Mousse und "totem Bambi" gesagt. Seine ganze Familie und mehrere Freunde sind geladen. Ferner will er den Hasen haben, der zwecks Sezierpraktikum in meinem Tiefkühler liegt. ("Verschwendung!") Habe letztendlich zugestimmt, ok ich zieh dem Viech seinen Pullover aus und du machst es genießbar, planen wir mal den Neujahrstag dafür.
Das geht noch die ganze Woche so weiter... Fühle mich nicht einsam, obwohl sich meine Herkunftsfamilie binnen 12 Monaten aufgelöst hat. Oma tot, Papa im Hospiz, Bruder meldet sich nimmer ... Aber Weihnachten war voll ok. Ich bin überrascht.
Da ist noch der dreijährige Bub, der morgen ein ferngesteuertes Rennauto von mir bekommt. Es ist rot. Und es leuchtet. (Seiner Mutter schrieb ich ein warnendes Mail: Julia, ich an deiner Stelle würde AA-Batterien einlagern, aber ich schwöre dir, das Teil macht keinen Krach.) Dann eine gehbehinderte Freundin, eine stets im Sozialstress befindliche Freundin usw. usw.
- Ich habe mir freiwillig eine Kamera geschenkt und unfreiwillig einen netten Besuch beim Tierarzt. Das reicht!
- Ich bin gestern um 20 Uhr schlafen gegangen und keiner hat mich dran gehindert. Die Woche war stressig, hatte am 22. eine dreistündige Schularbeit und habe am sehr späten Abend des 22. die Ergebnisse per Mail verschickt. War hundemüde und wollte mir Weihnachten bei Hoppenstedts im Bett anschauen. * Sanft entschlummer...*
- Absolut kein Alkohol! Kein einziger Tropfen im ganzen Advent! Super!!!!
Ich bin ja Single und will das auch bleiben. (Zumindest so weit, dass ich zwei eigene Schlafzimmer, Toiletten, Finanzen und Freundeskreise auch in einer absolut schwer verliebten Bussi-Beziehung für notwendig erachte....) Mit Einsamkeit hat das nichts zu tun. Ich könnte mir auch sehr gut vorstellen, einmal Weihnachten in einer Bergütte zu verbringen, wirklich allein. Wenn meine alte Hündin nimmer lebt, für die brauch ich den Tierarzt in Rufweite. Oder Weihnachten auf Reisen zu verbringen... Gibt doch sooo viele Möglichkeiten.