Liebe Petra,
ja, meine Chefin ist noch nebenbei Psychologin, aber ich habe immer den Eindruck, dass sie sich den Titel gekauft hat. Anders kann ich mir viele Ihrer Bemerkungen nicht erklären. Auch müsste sie merken, dass ich wirklich kurz davor bin völlig zusammenzubrechen Jedes Mal wenn sie mich fragt, wie es mir geht, könnte ich schon aus der Haut fahren. Sie versteht auch einfach nicht, was das wahre Problem ist. Es ist nicht das wahre Problem, dass mein Engel nicht mehr in dieser Welt ist, meine Schilddrüse ist auch nicht das wahre Problem. Das entscheidende ist einfach, die Situation auf der Arbeit. Mit dem normalen Stress würde ich klarkommen, aber es kommt ja immer mehr dazu. Ich habe das 2015 schon mal erlebt, da habe ich fast ein komplettes Jahr 2 Jobs gleichzeitig machen müssen, weil die eine Kollegin schwanger war und dann von heute auf morgen nicht mehr gekommen ist. Ich selbst war erst seit zweieinhalb Monaten als Vertretung für eine andere Kollegin dort. Weder in den einen noch in den anderen Job wurde ich richtig eingearbeitet. Mein Glück damals war, dass meine jetzige Kollegin ein Praktikum bei uns gemacht hat im Rahmen einer Umschulung.. Damals hat der Chef erst im August überhaupt erst mal angefangen nach einem Ersatz für die zweite Kollegin zu suchen. Meine Kollegin wird ja jetzt auch gehen, und ich habe dem Chef deutlich gesagt, dass ich das was 2015 abgelaufen ist nicht mehr schaffe. Er hat zwar wohl angefangen einen Ersatz zu suchen, aber gleichzeitig sollen wir immer mehr und mehr schaffen. Meine Kollegin hat den Verdacht auf Burnout, nicht nur wegen der Arbeit, aber ich denke, dass das auch bei ihr eine große Rolle spielt. Das Problem ist, dass sie so reden, aber ganz anders handeln. Sie sagen es wäre ja kein Problem, ich müsse ja nur sagen wenn mir etwas zu viel wird, aber am nächsten Tag krieg ich dann wieder eine neue Sonderaufgabe aufgedrückt. Ganz ehrlich, die gute Frau soll lieber mal ihren Mann therapieren, denn er hat ein viel größeres Problem.
Liebe Petra, es tut mir leid, dass es dir im Moment nicht so gut geht. Ja, es ist so hart, dass man jetzt alles alleine machen muss aber hast du schon mal darüber nachgedacht, wie stolz du auf dich sein solltest, dass du das trotzdem alles hinkriegst? Nimm das was du leistest nicht als selbstverständlich hin. Du schaffst das nicht, weil es nicht anders geht, sondern weil du stark und mutig bist und voller Liebe. Du bist ein wunderbarer Mensch und absolut liebenswert, weil Jo dich geliebt hat und es auch noch immer tut. Gegen die Traurigkeit können wir nicht viel tun, nur versuchen uns an kleinen Dingen und an dem was wir noch haben zu erfreuen, damit die Traurigkeit nicht immer so bohrend ist.
Gegen die Einsamkeit hilft auch nichts wirklich, weil es nicht hilft, mit anderen Menschen zusammen zu sein, man ist trotzdem einsam, weil einfach die bisherige Zweisamkeit nicht mehr ist wie sie war. Aber Jo ist noch immer bei dir und ich bin auch ganz oft in Gedanken bei dir. Du bist nicht allein. Ich glaube wir alle hier im Forum fühlen uns oft einsam, aber keiner von uns ist wirklich allein. Ich glaube, das wird besser, wenn wir es schaffen unser Herz für andere Menschen zu öffnen. Und ich meine damit keine Liebesbeziehung, denn ich kann mir nicht vorstellen, jemals wieder eine solche Beziehung zu einem Menschen zu haben. Aber es gibt viele Arten glücklich zu sein und die Liebe zu unseren Liebsten ist in unserer Seele und wird uns nie verlassen.
Ich umarme dich mitfühlend und tröstend und sende dir ganz viel Kraft und Energie.
Andrea