Liebe Starman,
vielen Dank für Deine guten Wünsche!
Ich hatte als Kind manchmal den Verdacht, egoistsich zu sein. Weil dieses Aufopferungsvolle, das von meiner damals schon recht alten Lehrerin in der Schule auch als Ideal dargestellt wurde, so gar nicht meins ist.
Ich nehme meine Aufgaben schon wahr, aber nicht so intensiv, dass ich darunter zusammen breche.
Ich bin grundsätzlich kein besonders sonniges Gemüt. Neige zum Grübeln, zur Ängstlichkeit, zur Sorge, zum Depressiven. Das weiß ich inzwischen recht gut - und deshalb ist mir auch klar, dass ich da ganz bewusst gegensteuern muss. Wenn es wenig Helles in meinem Leben gibt, dann konkrete Massnahmen setzen.
Es geht nicht immer. Momentan geht es.
Ich denke in diesen Tagen immer wieder darüber nach, wie sehr ich mich verändert habe, seit wir im August 2017 die Diagnose von Rudis Krebserkrankung bekommen haben. Es hat sich so viel getan!
Ich habe viele neue Menschen kennen gelernt. Ich habe viele Hilfsangebote gefunden (und angenommen!).
Auch wenn es irgendwie nach einem Klischee klingt: ich habe das Gefühl, ich lebe jetzt viel bewusster. Unternehme mehr, plane meine Zeit mehr (weil ich Angst habe, dass mir sonst allein daheim die Decke auf den Kopf fällt). In Sachen Konzerte, Theater, Kultur habe ich noch nie so viel gemacht wie jetzt.
Das alles tut mir gut. Ich entdecke Neues.
Zum Glück bin ich (und war ich immer schon) ein sehr neugieriger Mensch, der leicht zu begeistern ist und viele Interessen hat. Das ist ein Segen!
Es geht also, im Moment, ganz gut.
Rudi wurde heute aus dem Krankenhaus entlassen. Er freut sich sehr, wieder ein freier Mensch zu sein. Der wieder schmackhaftes Essen bekommt und nicht mehr in einem 4-Bett-Zimmer gefangen ist.
Alles Liebe