So, jetzt habe ich das Gefühl, was ich zu schreiben habe, passt besser hierher. Weil es ja um die Frage nach dem schlechten gewissen ging, wenn ich gut drauf bin und wer anderer leidet.
Ich denke, das hat schon auch viel mit der Krankheit und dem Sterben meiner Mutter zu tun.
Erstens habe ich eine bestimmte Situation in Erinnerung: Mein Vater (wieder einmal in einer recht destruktiven Funktion) hat einmal richtig geschimpft mit mir, als ich mich über einen Brief gefreut habe. eben genau in der Art: wie kannst du dich freuen, wenn die Mama so krank ist...
Und zweitens ist es ja zwischen Mutter und (einem kleinen bzw. jungen) Kind wirklich so: wenn es einer Person schlecht geht, ist auch die andere ganz geprägt davon.
Genau diese Verbindung aufzulösen ist aus meiner Sicht ja Aufgabe der Pubertät bzw. des Erwachsenwerdens. Und diesen Prozess konnte ich im Hinblick auf meine Mama nicht abschließen, weil sie eben zu früh gestorben ist.
Und ich denke, dass mir dieser Umstand jetzt in die die Quere kommt.
Ich konnte übrigens gestern mit Rudi reden (da war er ganz gut drauf), ihm sagen, dass es mir manchmal schwer fällt, ihm von schönen Erlebnissen zu erzählen, weil ich ihm nicht vorführen möchte, was er sozusagen versäumt hat.
Er hat dann gesagt, für ihn sei das kein Problem. Es hat ziemlich ehrlich geklungen, und er ist ja in der Tat nie ein missgünstiger Mensch gewesen (das ist, um ehrlich zu sein, eher mein Problem - er ist da recht großzügig).
Vielleicht habe ich auch irgendwie ein schlechtes Gewissen, weil ich ihn nicht "retten" kann, so wie ich meine Mama nicht "retten" konnte, trotz all der Liebe, die ich für sie hatte.
Und hier ist es wieder so: ich weiß, dass es nicht meine Aufgabe ist, einen Menschen zu retten. Allenfalls hätte ich diese Aufgabe meiner Tochter gegenüber gehabt: sie vor Unglück so gut es geht zu bewahren.
Jetzt wo ich das so aufschreibe, denke ich, diese Sache mit dem retten treibt andere hier auch um: hätte ich sie nur rechtzeitig zum Arzt gebracht, hätte ich früher nachgefragt, wäre ich doch dabei gewesen und nicht weggegangen etc.
Das geht doch schon sehr in diese Richtung, oder?
Sowohl Rudi als auch meine Mama hätten sich (wenn überhaupt) nur selbst retten können: durch einen rechtzeitigen Arztbesuch.
Es ist nicht mein Job, jemanden zu retten. Ich bin keine Versagerin, wenn ich es nicht schaffe. Es ist nicht mein Job, jemanden zu retten. Wenn es jemanden zu retten gilt, dann bin ich das selber. Insofern ist es gut, wenn ich auf mich schaue, selbstfürsorgend bin, wie Ihr das nennt.