Ich habe die Vorsorgevollmacht einem unserer Freunde und seiner Frau gegeben, die sind Mitte Vierzig, sehr bodenständig und vernünftig.
Mein Testament habe ich notariell hinterlegt, wer mein Erbe ist, weiß nur ich, ich kann frei bestimmen, denn es gibt keine lebenden anspruchsberechtigten Verwandten mehr.
Außerdem nutze ich für die Finanzen einen Steuerberater, der kostet zwar etwas, bringt mir aber die Sicherheit nichts falsch zu machen.
Ich habe nach Hannes Tod alles alleine geregelt, das hat mir einen gewissen Halt verliehen.
Ich habe ein Talent in einer Krise ziemlich emotionslos zu funktionieren, das war mir auch diesmal sehr dienlich.
Mein Vorteil war sicherlich auch dass wir eine Beziehung auf Augenhöhe geführt haben, in der beide Partner über alles Bescheid wussten und sich auch mit allen wesentlichen Details des Zusammenlebens ausgekannt haben.
Meine Psychologin hat mir erzählt, dass man manchen Klienten, leider meistens Frauen tatsächlich bei ganz profanen DIngen, wie das Tätigen von Bankgeschäften, oder das Betanken eines Autos unterstützen muss, ich mag mir gar nicht vorstellen, wie furchtbar das ist, wenn das Alltagsleben eine unüberwindbare Hürde darstellt.
Ich kann auch die Erlebnisse von manchen Frauen nicht bestätigen, dass man ohne Mann über den Tisch gezogen wird.
Ich wurde nach Hannes Tod mit sehr viel Respekt behandelt und ich hatte auch mit den Behörden kaum Schwierigkeiten.
Hannes war in unserer Heimat sehr geachtet und unsere geschäftlichen Beziehungen waren fast freundschaftlicher Natur und ich habe während meiner Berufslaufbahn bei einer Behörde gearbeitet, kann daher mit Vorschriften und Gesetzen und den dahinterstehenden Personen gut umgehen.
Mir ist sehr bewusst, welch gesegnetes Dasein mir beschieden ist und ich bemühe mich nach Kräften, an dem was ich besitze auch andere teilhaben zu lassen.
Inzwischen dämmert mir auch langsam, dass ich nichts mehr tun muss, wenn ich nicht will, oder besser gesagt, dass ich eigentlich meine Tage ncht untätig verlebe, dass mir aber immer vorkommt, ich tu nichts, weil das was ich tue für mich nicht als Arbeit zählt.
Das was mir fehlt ist tatsächlich ein Anker im Leben, jemand oder etwas, wonach ich mich richten kann (muss) und das nicht mehr zu haben ist für mich nur sehr schwer zu verkraften.
Das ist besonders deshalb schwer zu verstehen, weil ich mir selber und der Umwelt zweieinhalb Jahre bewiesen habe, dass ich alleine sehr gut zurechtkomme und definitv keinen Partner in materieller Hinsicht brauche.
Das was ich so oft schon gehört habe, dass man für sich selber Verantwortung übernehmen soll, dass man sich nicht von anderen Menschen abhängig machen soll und besser keine Beziehung aus versorgungstechnischen Gründen eingehen soll, ist wohl richtig, aber für mich von keinerlei Relevanz.
All das und noch viel mehr tue ich bereits und ich bin stolz auf mich und auf das was ich alleine geschafft habe.
All das bleibt aber unberührt von der Tatsache, dass für mich selbstbestimmtes Leben alleine zwar funktoniert, aber nicht lebenswert ist, wenn der SInn darin fehlt und die Gefühle im Herzen praktisch zugemauert sind.
Ja ich bin tatsächlich der Meinung Leben ohne Liebe macht keinen Sinn, auch wenn rein äußerlich alles zu stimmen scheint.
Das was viele Menschen, die die Forderung erheben, man solle sich nicht gehen lassen, sondern es sei geradezu Pflicht nach vorne zu schauen, Mitgefühl mit anderen zu entwickeln und sich sinnvolle Beschäftigung zu suchen, wenn nicht sowieso gerade eine vorhanden ist, nicht beachten ist der Umstand, dass man sich mit dem Verstand zu allerhand zwingen kann und dass es zwar manchmal nützlich ist den inneren Schweinehund zu überwinden, dass man aber niemals die echten Gefühle zwingen kann zu kommen oder zu gehen.
Die sind einfach da und wollen ausgelebt werden, ohne zu interpretieren und zu verdrängen.
Wenn da nur Trauer, Schmerz, Leere und Sehnsucht ist, kann man nicht verlangen, das Leben als schön und lebenwert zu empfinden.
Jeder Versuch es trotzdem zu tun, so ala positives Denken, verkehrt die Bemühungen ins Gegenteil, weil man Schuldgefühle entwickelt, wenn man es nciht schafft am Morgen aufzustehen und sich am neuen Tag zu freuen
und dann versucht man die Trauer zu verdrängen und alles wird noch viel schlimmer.
Besser ist es die Gefühle anzunehmen wie sie gerade kommen, sie zu äußern und zu durchleben und irgendwann verwandeln sie sich und das Herz öffnet sich und unvermutet empfindet man einen freudigen Moment, ein echtes Lachen steigt tief aus dem Inneren auf und das ist der erste Schritt zur Heilung.
Die Tücke dabei, die Falle, in die ich immer wieder getappt bin, war es zu glauben, man hätte in diesem Moment die Trauer überwunden, wo sie einem doch nur eine kurze Pause gegönnt hat.
Ich kann aber nach zweieinhalb Jahren sagen, dass die Pausen lämger werden, bevor man wieder ins tiefe Trauerloch fällt.
Und dass das Tal der Tränen mich nicht mehr so erschreckt wie zu Beginn miner Trauerzeit.
Es ist tatsächlich so, dass man sich an ein Leben mit der Trauer gewöhnt.