Liebe Petra, liebe Gabi,
in der Trauergruppe
zwangsverpflichtet werden am Ende des Treffs als Abschluss an Spielen oder einem Quiz zur Stadtgeschichte teilzunehmen
das klingt abenteuerlich grotesk. Ich suchte und suche auch noch nach einer geeigneten Trauergruppe, doch bisher bin ich nicht fündig geworden.
Wenn alles nicht so traurig wäre, könnte man aus diesem ganzen Irrsinn der Trauernden so passiert wirklich ein Kabarett schreiben ...
Nach dem ich das erste Entsetzen, dass ich von den meisten Menschen unseres (ich nehme an ehemaligen) Freundes- und Bekanntenkreises seit des Begräbnisses im September nichts mehr hörte (NICHTS meint wirklich NICHTS!) erreichte meine traurige Fassungslosigkeit zu Silvester/ Neujahr über dieses Nichts ihren Höhepunkt (Zumal sehr viele von ihnen gewöhnt waren ihr Silvester bei uns im Haus zu feiern). Nach diesem Schrecken zu den Feiertagen hatte ich mich gerade in meiner - wenn auch unfreiwilligen - abgeklärten Abgeschiedenheit nun eingerichtet. (Dank Euch!)
ABER: Ich scheine eine Art "Neujahrsvorsatz" zu sein! Es setzt ein regelrechter Trauer Tourismus gerade bei mir ein.
Seit Anfang der Woche kommen Besuchs- und sonstige Aktivitätsanfragenanfragen an.
Vor meinem geistigen Auge sehe ich bei den Personen eine "gute Vorsatz Liste" für das neue Jahr auf den Tischen liegen:
1. Fitnessstudio/ mehr Bewegung
2. gesünder Essen
3. (optional) weniger rauchen
4. weniger Alkohl
5. Mutter öfter anrufen
6. weniger Geld für Fetzen ausgeben
…
74. Verabredung mit Tereschkowa (zumindest via Mail anbieten)
Vielleicht sollte ich einfach zunächst nicht antworten und abwarten ob sich dieser Aktivismus wie alle anderen „guten“ Vorsätze wahrscheinlich Anfang Februar wieder legt?
...
Die Grenze zwischen Galgenhumor, Sarkasmus und Zynismus ist schwer zu ziehen, aber endscheidend.
Ich weiß, dass ich ungerecht bin und diese Unsicherheit der anderen ein gesellschaftliches Problem ist für das ich Verständnis haben sollte!
Rein theoretisch habe ich das auch!
Aber ich kann mir wirklich nicht vorstellen, wie diese Treffen aussehen sollten.
Personen (ohne Trauererfahrung), die bisher nicht wenigstens ab und zu mit mir geredet haben kann ich nicht innerhalb eines Treffens zumindest im Ansatz an einen Punkt bringen von dem aus ein anspruchsvolles Gespräch über Gedanken, Empfindungen etc. möglich wäre.
(Ich nehme an sie kalkulieren die übliche "lunch" (!) Dauer von ca. 60-90 Minuten im Kalender ein.)
Ablenkungsgespräche kann man mit mir nicht führen - dann kommen sofort das, was ich "diese Bilder" nenne.
Aber alleine um diesen Umstand zu erklären, müsste ich sozusagen bereits Zeit (von Vertrauen ganz zu schweigen) haben um zumindest einen Teil der Geschichte zu erzählen. Das geht sich in 60 bis 90 Minuten nicht aus.
Das stellt für mich tatsächlich ein Problem dar, denn natürlich möchte ich weder jemanden kränken noch verletzen, die oder der sich
überwunden (!) und sich traut (!) mir zu schreiben. Nun feile ich an einer diplomatischen "Kofi-Annan-Antwort", eine Art Standardtext bei dem ich einzelne Bauteile individualisieren kann, die mir Zeit und Spielraum verschafft. Denn noch kann ich nicht entscheiden wie/ob/ wer vielleicht noch einmal in meiner Restlebenszeit ein Rolle spielen soll oder von wem ich derart enttäuscht bin, dass ich es nicht schaffe wieder Kontakt aufzunehmen.
(Gabi, heute wohnen wir ein wenig bei Petra? Uwe, wo bist Du?????)
Danke fürs Lesen,
Herzlich,
Tereschkowa
PS: Mäuschen darf in der schwierigen Situation ein wenig Kummerspeck ansetzen. Oder?
Allerdings sind zwei Kilo Übergewicht bei Katzen nicht ohne ....