Mein Jürgen ist auch tot, seit dem 07. Oktober letzten Jahres. Das ist auch für mich keine Zeit. Ich selbst bin auch ganz allein für mich, hab auch niemand, mit dem ich drüber sprechen kann. Bin ja bei Götz, unserm Freund untergebracht, seine Schwester, haben wir heut erfahren, ist ja im Krankenhaus, sie hat Krebs. Schwer für ihn, mit seiner fast Blindheit und seiner selbst Krebsdiagnose, jetzt muss ich schaun, wie ich da weiterhelfen kann, halt mit einkaufen und hinfahren nach Tübingen. Es ist ein Elend hier in dieser Welt, überall. Ich selbst bin grad wirklich am Abgrund, hab kaum Kraft, Götz zu helfen, seiner Schwester und und und. Reagier auf ihn leider sehr narrisch, böse, was ich wirklich nicht möcht, aber ich habs grad nicht mehr im Griff. Meine Güte, Mein Jürgen ist gestorben, ich kann nicht an sein Grab, den Engel für ihn haben sie am Grab weggnommen, Götz ist fast blind, jetzt auch noch seine Schwester krebskrank und hilfsbedürftig, mein Auto kaputt, hatte wieder Sehstörungen, muss zum Augenarzt, meine Mutter depressiv (eigentlich ist es wirklich etwas besonderes, daß ich noch bei meiner Mutter bin, denn sie hat mein Haus, das ich mal haben sollte, verschenkt, weil ich mit meinem Jürgen zusammen gezogen bin, als ich das damals am Telefon erfuhr, hats mir einen Stich gegeben, aber trotzdem bleib ich bei ihr, mein Bruder macht es anders: er hat jeglichen Kontakt zu meiner Mutter abgebrochen wegen Geld, nicht mal jetzt zu ihrem 82. Geburtstag gratuliert) Ich kann so was nicht, denn sie bleibt meine Mutter, auch wenn ich durch sie keine Versorgung mehr fürs Alter hab, denn dieses Haus war meine Altersversorgung, und jetzt komm ich halt ins soziale Heim irgendwann. Hab auch über 40 Jahre gearbeitet, aber die letzten Jahre fehlen mir, da selbständig, und danach freigestellt wegen Rund um die Uhr-Pflege bei meinem Jürgen. Aber ok, ich werd meine Mutter nicht allein lassen.
Wegen Weihnachten, nein, ich muss nichts ausblenden, kann mich sogar erfreuen über diese Weihnachtsbäume, aber ich blend alles aus, was mit Musik zu tun hat, das tut mir zu weh!
Ja, unser Yanouk, unser Uwe, der stand immer hinter mir, das war schön, und er fehlt mir!
Ich hab immer weniger Kraft, kann auch kaum noch Essen machen für Götz, der sich immer mehr zurückzieht bei mir, weil ich so krass als reagier, weil ich mich immer angegriffen fühl,. Dabei hat er so ein großes Päckchen zu tragen. Aber ich doch auch: Jürgen tot, kann nicht ans Grab, kein Zuhause, kein Geld, niemand zu reden, keine Arbeit, gesundheitliche Störungen, und so weiter. Ich schaff es nicht mal, mich zu duschen, meine Haare zuwaschen, es ist für mich eine absolute Anstrengung, am Tag, wenn ich mal aufsteh, die Zähne zu putzen und ich sag mir immer: jetzt nur noch die Haare zu kämmen, dann hast es wieder geschafft!
Ja, das ist mein beschissenes Leben ohne meinen Jürgen und Euch gehts ja auch nicht viel besser. Diese endlose Sehnsucht nach ihm zehrt mich auf, immer mehr, weil nur noch negatives kommt. Trotzdem kommt noch Freude in mir auf, wenn ich meine Tochter seh und ihre Hündin, die sich so freut, wenn sie mich sieht. Das tut gut, aber es reicht nimmer.
Ich liebe meinen Jürgen so sehr und hoff, daß ich niemals diese Situationen von ihm vergessen werd, z.b. wenn ich ihn im Rollstuhl einen Kuss gegeben hab und er lächelte und sagte: Ach, mein Butzele...oder wenn ich vor dem DM-Markt ihm von der Kasse her zugewunken hab,m weil er mal wieder so unruhig wurde, als er mich sah: dann war er zufrieden. Oder wenn wir zusammen die Pfandflaschen iweggeworfen haben, er mir Flasche für Flasche gegeben hat, mit so einem Gesichtsausdruck, den ich so liebe, aber am allerschönsten war es: Nach seinem Mittagschlaf auf seiner Bettchauch ging ich zu ihm und setzte mich neben ihm und sagte nur: Ach, Jürgi, dann schmiegte ich mich auf seinem Schoß, und er hat seinen Arm über mich gelegt, dieses Gefühl war wie zwei verlorene Kinder, die nicht mehr weiter wussten. Ich liebe Dich, mein Herz, meine Seele.
Ange