Liebe Mausebär-Bine,
du sprichst mir aus dem Herzen!
Ja, ich probiere vieles aus. Aktiv zu werden, scheint die einzige Alternative zu sein, wenn ich nicht ständig heulend zu Hause sitzen will.
Ich brauche den Kontakt zu anderen Menschen, will nicht vereinsamen.
Heute war ich mit der Mutter meines Schwiegersohns in spé in einem Gartenlokal frühstücken und danach ein bisschen durch die Natur bummeln.
Sie ist durch Scheidung auch alleinstehend, das trifft sich gut.
Wir haben heute eine kleine Ferienwohnung auf Sylt gebucht, wollen da gemeinsam Silvester verbringen.
Damit entlaste ich meine Kinder, die sich sonst Sorgen machen würden, wenn ich zum Jahreswechsel allein zu Hause hocke.
Ich hoffe nur, dass uns Corona nicht einen Strich durch die Rechnung macht.
Für Außenstehende sieht es so aus, als ob ich mein Leben im Moment gut im Griff habe.
Keiner sieht, dass ich zu Hause oft weinend und jammernd einen Trampelpfad durchs Wohnzimmer trete, die Hände ringe und mich frage, wie ich das Leben ohne meinen Jens bewältigen soll. Die Trauer macht mich dann total unruhig, ich kann mich kaum mal 5 Min. hinsetzen, dann fange ich wieder an zu laufen.
Am wohlsten fühle ich mich, wenn ich unterwegs bin, mich ablenken kann.
Ich glaube, es wird noch lange dauern, bis ich mein Zuhause ohne meinen Jens gut ertragen kann.
Glaubst du, wovor ich im Moment furchtbare Angst habe?
Ich muss ja Ende Juni die Bahnfahrt nach Sylt buchen, damit ich noch einen guten Preis bekomme. Solche Sachen hat immer mein Mann gemacht, günstige Flüge und Bahnfahrten für den Urlaub rausgesucht und gebucht, dafür habe ich mich um das Drumherum gekümmert, Literatur, Stadtpläne, Sehenswürdigkeiten, Eintrittskarten, Stadtführungen/Wanderungen geplant...
Ich kriege jetzt schon Herzrasen, wenn ich an die Buchung denke, eigentlich blöd, ich weiß, aber es ist so.
Sachen, die ich noch nie gemacht habe, stressen mich zur Zeit total.
Auch tun sich vor meinem geistigen Auge Katastrophenszenarien auf, der Zug fällt aus, das Umsteigen klappt nicht, ich stehe alleine und hilflos im Nirgendwo...
Dazu muss man sagen, ich werde alleine an- und abreisen, weil ich nicht so viel Urlaub habe.
Eigentlich weiß ich, dass sich alles irgendwie lösen lässt und trotzdem...
Liebe Mausebär-Bine, ich wünsche dir von Herzen ruhige, besinnliche Pfingstfeiertage. Und ich hoffe, dass du Unterstützung von lieben Menschen hast!
Liebe Gundel,
ich finde es richtig schlimm, dass dein ersehnter Besuch nicht kommen kann. Deine Kinder können ja nichts dafür, aber in dieser Trauer wirft einen so eine Planänderung völlig aus der Bahn. Wir brauchen doch so dringend Verlässlichkeit, wenn schon unser Leben auseinander gebrochen ist.
Wir haben uns ja schon ausgetauscht, ich bin froh, wenn du dir Unterstützung für diese Tage suchst!
Wirklich schade, dass wir so weit auseinander wohnen, sonst hätten wir uns Face to Face beistehen können, vielleicht eine schöne Wanderung unternommen.
Du wirst es überstehen! Ich habe dich in meinem Herzen!